Amnesty Report Schweiz 20. Mai 2017

Schweiz 2017

Amnesty Report 2016 / 2017

Mit einer Änderung des Asylgesetzes wurde eine kostenlose Rechtsberatung für Asylsuchende eingeführt. Damit waren aber nicht alle Bedenken hinsichtlich der Wahrung der Rechte von Migranten und Flüchtlingen ausgeräumt. Die Schweizer Behörden schickten Tausende von Asylsuchenden nach Italien zurück. Im September 2016 wurde das neue Nachrichtendienstgesetz in einem Referendum bestätigt.

RECHTE VON FLÜCHTLINGEN UND MIGRANTEN

Im Juni 2016 trat das im September 2015 vom Parlament beschlossene neue Asylgesetz zum Teil in Kraft, nachdem es in einem Referendum auch von der Stimmbevölkerung angenommen worden war. Das Gesetz beinhaltet einige positive Maßnahmen wie kostenlose Rechtsberatung für Asylsuchende ab 2019, und es verpflichtet die Behörden dazu, den Bedürfnissen besonders schutzbedürftiger Asylsuchender Rechnung zu tragen.

In der zweiten Jahreshälfte meldeten zivilgesellschaftliche Organisationen die Rückschiebung (Wegweisung) von mehreren Tausend Asylsuchenden nach Italien, darunter mehrere Hundert unbegleitete Minderjährige, von denen einige nahe Angehörige in der Schweiz hatten.

Im Juli 2016 befand das Bundesverwaltungsgericht, dass das Staatssekretariat für Migration den Fall einer nigerianischen Asylsuchenden, die nach eigenen Angaben mit Hilfe von Schleppern in die Schweiz gelangt war, nicht effektiv untersucht habe.

Nach wie vor wurde den in Aufnahmezentren untergebrachten minderjährigen Asylsuchenden der Zugang zu Bildungseinrichtungen verweigert. Am 1. Oktober trat ein neues Gesetz in Kraft, das die Kantonalbehörden dazu verpflichtet, ihr Recht auf Bildung zu gewährleisten. Die Bedenken in Bezug auf die Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Asylsuchenden in den meisten Bundeszentren bestanden weiter.

POLIZEI UND SICHERHEITSKRÄFTE

Im Juli 2016 äußerte die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter ihre Besorgnis darüber, dass die Polizei in einigen Kantonen bei der Abschiebung von Migranten unverhältnismäßige Gewalt angewandt hatte.

Auch die Versuche, Asylsuchende mit schwerwiegenden psychischen Erkrankungen abzuschieben, riefen Besorgnis hervor. Im Juni 2016 versuchten die Behörden von Neuenburg erfolglos, einen kurdischen Asylsuchenden, der bereits einen Selbstmordversuch unternommen hatte, nach Bulgarien abzuschieben. Im September versuchten zwei Syrerinnen, die in der Schweiz Asyl beantragt hatten und in eine psychiatrische Klinik in Schaffhausen eingewiesen worden waren, sich das Leben zu nehmen, nachdem die Polizei sie aus der Klinik abgeholt hatte, um sie abzuschieben. Die Staatsanwaltschaft Zürich nahm kurz darauf Ermittlungen zu dem Fall auf.

DISKRIMINIERUNG

Im Mai 2016 stimmte der Nationalrat, die große Kammer des Parlaments, einem Gesetzentwurf zu, der gleichgeschlechtlichen Paaren die Adoption von Stiefkindern gestattet.

Im Juli trat im Kanton Tessin das Verbot der Gesichtsverhüllung in Kraft, und im September stimmte der Nationalrat einem Gesetzentwurf zu, mit dem dieses Verbot auf die ganze Schweiz ausgeweitet werden soll. Ende 2016 war der Gesetzentwurf noch in der kleinen Kammer, dem Ständerat, anhängig.

Im November wies das Bezirksgericht Zürich das Verfahren im Fall von Mohamed Wa Baile ab, einem Schweizer Staatsbürger kenianischer Herkunft. Er hatte sich im Februar 2015 bei einer Polizeikontrolle am Hauptbahnhof Zürich geweigert, seinen Ausweis zu zeigen, weil er der Ansicht war, dass die Polizisten ihn nur wegen seiner Hautfarbe kontrollieren wollten.

Am 2. Dezember 2016 legte die Regierung dem Parlament einen Gesetzentwurf vor, der die Ratifizierung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt autorisiert.

ANTITERRORMAßNAHMEN UND SICHERHEIT

Im Mai 2016 leitete das Staatssekretariat für Migration bei einem 19-Jährigen mit zwei Staatsangehörigkeiten das Verfahren zur Aberkennung der Schweizer Staatsangehörigkeit ein, weil sich der junge Mann angeblich der bewaffneten Gruppe Islamischer Staat (IS) angeschlossen hatte. Eine Straftat wurde ihm nicht vorgeworfen.

Im September 2016 wurde das neue Nachrichtendienstgesetz, das im September 2015 von der Bundesversammlung verabschiedet worden war, in einem Referendum bestätigt. Damit erhielt der Nachrichtendienst des Bundes weitreichende Überwachungsbefugnisse hinsichtlich persönlicher Daten zu vage definierten Zwecken wie der Abwehr terroristischer Bedrohungen.

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