Amnesty Report Nauru 20. Mai 2017

Nauru 2017

Amnesty Report 2016 / 2017

Das Strafgesetzbuch von 2016 enthielt zwar Bestimmungen zum Schutz der Menschenrechte, seine Vorschriften wurden jedoch nur unzureichend umgesetzt. Die Verweigerung der Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit sowie auf Freizügigkeit und die Einreisebeschränkungen für ausländische Medien bereiteten weiterhin Grund zur Sorge. Mehreren ehemaligen Parlamentsabgeordneten wurden die Reisepässe entzogen. Auf der Grundlage eines mit Australien geschlossenen Abkommens befanden sich weiterhin Hunderte Flüchtlinge und Asylsuchende in einer Einrichtung auf Nauru, während andere außerhalb der Einrichtung untergebracht wurden. Im Mai 2016 wurde die Todesstrafe für alle Straftaten abgeschafft.

SEXUELLE UND REPRODUKTIVE RECHTE

Das im Mai 2016 in Kraft getretene Strafgesetzbuch entkriminalisierte gleichgeschlechtliche sexuelle Beziehungen und von medizinischen Fachkräften vorgenommene Schwangerschaftsabbrüche. Zudem stellte es Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe. Die Behörden nutzten die Bestimmungen des Gesetzes jedoch nicht, um Frauen und Mädchen vor geschlechtsspezifischer Gewalt zu schützen oder ihren Zugang zu sexuellen und reproduktiven Gesundheitsleistungen sowie zu einschlägigen Informationen in diesem Bereich zu gewährleisten. Beides betraf vor allem Frauen und Mädchen in abgelegenen Gebieten und/oder aus marginalisierten Gemeinschaften.

Das Strafgesetzbuch von 2016 stellte den Kauf und Verkauf sexueller Dienstleistungen unter Strafe und versperrte Sexarbeitern und Sexarbeiterinnen damit den Zugang zu sexuellen und reproduktiven Gesundheitsleistungen sowie zu einschlägigen Informationen in diesem Bereich. In der Folge waren sie besonders gefährdet, Opfer von Ausbeutung, Missbrauch, Gewalt und anderen Straftaten zu werden. Die Kriminalisierung von Sexarbeit hatte darüber hinaus negative Auswirkungen auf die Behandlung und Verhinderung von HIV-Erkrankungen.

RECHT AUF FREIZÜGIGKEIT

Im September 2016 räumten neue gesetzliche Bestimmungen dem Außenministerium die Befugnis ein, Reisepässe ohne gerichtliche Überprüfung für ungültig zu erklären. 20 Staatsangehörige aus Nauru gaben an, dass das Ministerium ihre Pässe für ungültig erklärt habe. Unter ihnen befanden sich auch Oppositionsabgeordnete, die von ihren parlamentarischen Ämtern suspendiert wurden, nachdem sie 2015 im Zusammenhang mit einer im Jahr 2014 veranstalteten Pro-Demokratie-Kundgebung angeklagt worden waren. Im September 2016 wurde der ehemalige Staatspräsident Sprent Dabwido daran gehindert, Nauru zu verlassen, um sich im Ausland medizinisch behandeln zu lassen. Die Regierung nahm diese Entscheidung jedoch später zurück. Dem ehemaligen Abgeordneten Roland Kun wurde im Jahr 2015 der Pass abgenommen, nachdem er im Zusammenhang mit Interviews für ausländische Medien und Protesten gegen die Regierung angeklagt worden war. Nachdem er einen neuseeländischen Pass erhalten hatte, floh er im Juli 2016 aus Nauru.

FLÜCHTLINGE UND ASYLSUCHENDE

2016 befanden sich 1200 Flüchtlinge und Asylsuchende auf Nauru. Bis zum 30. November lebten 290 Männer, 49 Frauen und 44 Kinder weiterhin in der von Australien betriebenen Einrichtung zur Bearbeitung von Asylanträgen (Regional Processing Centre – RPC) (siehe Länderbericht Australien). Rund 800 Flüchtlinge waren außerhalb der Einrichtung untergebracht.

Es lagen Beweise für Übergriffe gegen Kinder durch Mitarbeiter von Unternehmen vor, die das RPC im Auftrag der australischen Regierung betrieben, und durch Privatpersonen. Die Gesundheitsversorgung war unzureichend, und viele Kinder besuchten keine Schule. Berichte über Suizidversuche und Selbstverletzungen waren an der Tagesordnung. Der iranische Flüchtling Omid Masoumali starb im April 2016, nachdem er sich selbst angezündet hatte. Die Behörden schützten die Flüchtlinge und Asylsuchenden nicht vor anhaltenden tätlichen und verbalen Angriffen durch die örtliche Bevölkerung und vor willkürlichen Festnahmen und Inhaftierungen. Die Bedingungen in der Einrichtung kamen Folter gleich und verursachten bei den Betroffenen großes psychisches Leid.

Im August 2016 veröffentlichte die britische Zeitung The Guardian über 2000 interne Dokumente (bekannt als Nauru Files), bei denen es sich um Berichte von Mitarbeitern des RPC handelte. Die Berichte dokumentierten verschiedene Vorfälle wie tätliche und sexuelle Übergriffe gegen Flüchtlinge und Asylsuchende, darunter auch Minderjährige, sowie Hungerstreiks, Selbstverletzungen und medizinische Notfälle.

Im November 2016 gab die australische Regierung bekannt, dass einige der in Nauru und auf der zu Papua-Neuguinea gehörenden Insel Manus festgehaltenen Flüchtlinge in den USA aufgenommen werden sollen (siehe Länderbericht Papua-Neuguinea).

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