Amnesty Report Slowakei 28. Mai 2013

Slowakei 2013

 

Amtliche Bezeichnung: Slowakische Republik Staatsoberhaupt: Ivan Gasparovic Regierungschef: Robert Fico (löste im April Iveta Radicová im Amt ab)

Angehörige der Gemeinschaft der Roma waren weiterhin Diskriminierungen ausgesetzt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied, dass man die Menschenrechte eines Roma-Mädchens verletzt habe, als man es in einem Krankenhaus zwangssterilisierte. Aus dem ganzen Land trafen Berichte über rechtswidrige Zwangsräumungen von Roma-Siedlungen ein.

Hintergrund

Im September 2012 wurde das Amt des Stellvertretenden Ministerpräsidenten für Menschenrechte und nationale Minderheiten abgeschafft. Die Verantwortung für den Schutz der Menschenrechte und die Verhinderung von Diskriminierung wurde stattdessen dem Ministerium für auswärtige und europäische Beziehungen und dem Innenministerium übertragen.

Diskriminierung – Roma

Die Regierung machte 2012 kaum Fortschritte bei der Beendigung der systematischen Benachteiligung der Roma. Im Mai kritisierte der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte die Slowakei, weil sie keine Maßnahmen ergriffen hatte, um die Diskriminierung der Roma im Schulsystem, auf dem Arbeitsmarkt, bei der Gesundheitsversorgung und der Versorgung mit Wohnraum zu bekämpfen.

Recht auf Bildung Der UN-Ausschuss kam zu dem Schluss, dass die Ungleichbehandlung von Roma-Kindern in Schulen fortbesteht.

  • Einige der Roma-Kinder, die in einer Grundschule in der Stadt Levoca in separaten, nur für Roma bestimmten Klassen untergebracht worden waren, wurden in gemischte Klassen zurückversetzt. In der Schule gab es jedoch auch weiterhin noch ausschließlich für Roma bestimmte Klassen. Die separaten Klassen waren im September 2011 aufgrund des von den Eltern von Nicht-Roma-Kindern auf die Schule ausgeübten Drucks eingeführt worden.

  • Im Oktober 2012 urteilte das Regionalgericht in Presov in der Ostslowakei im Berufungsverfahren, dass die Grundschule in der Stadt Sarisské Michal'any gegen die Antidiskriminierungs-Gesetzgebung verstoßen habe, weil sie Kinder der Roma in separaten Klassen untergebracht hatte.

Recht auf Wohnen Die Behörden ließen weiterhin informelle Roma-Siedlungen in der ganzen Slowakei zwangsräumen und unternahmen nichts, um den Roma den Zugang zu grundlegenden Versorgungsleistungen zu ermöglichen.

  • Im Mai 2012 rissen die Behörden in der Stadt Vrútky mehrere Unterkünfte von Roma ab, die ohne Baugenehmigung auf Gemeindeland errichtet worden waren. Die Räumungsaktion hatte die Obdachlosigkeit etlicher Personen zur Folge. Einige Kinder obdachlos gewordener Familien wurden ihren Eltern dem Vernehmen nach von sozialen Diensten weggenommen und in einem Heim untergebracht.

  • Am 22. Oktober 2012 wurden die Bewohner einer informellen Siedlung in der Nähe von Presov aus ihren Unterkünften vertrieben und gezwungen, ihre Behausungen selbst zu zerstören. Vor dieser Aktion hatte der Bürgermeister die Zwangsräumung auf seiner Facebook-Seite angekündigt und dem Regierungsbevollmächtigten für Roma-Gemeinschaften eine Botschaft hinterlassen, in der er diesen aufforderte, sich um "seine Herde" zu kümmern.

  • Am 31. Oktober 2012 wurde eine etwa 150 Einwohner zählende informelle Roma-Siedlung in der Stadt Kosice (Kaschau) abgerissen. Verlautbarungen zufolge akzeptierten nur vier Personen temporäre Unterkünfte. Die Bewohner gaben an, dass sie in der Siedlung schon bis zu zwölf Jahren gelebt hätten. Der Bürgermeister der Stadt machte geltend, dass der Abriss als Maßnahme zur "Sanierung einer illegalen Mülldeponie" durchgeführt worden sei, da die Behausungen der Roma schließlich "aus Abfallmaterial erbaut" worden seien.

Zwangssterilisierung von Roma-Frauen Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fällte zwei weitere Urteile in Fällen von Zwangssterilisierungen von Roma-Mädchen und Roma-Frauen, die zu Beginn des neuen Jahrtausends durchgeführt worden waren. Das Gericht befand, dass die Sterilisierungen, die ohne die volle und informierte Zustimmung der Betroffenen erfolgten, das Recht der Frauen verletzt hätten, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Zudem sei gegen ihr Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verstoßen worden.

Nach den Urteilen kritisierte das nichtstaatliche Zentrum für Bürger- und Menschenrechte (Poradna) die Regierung, weil diese nicht alle der zahlreichen mutmaßlichen Fälle von Zwangssterilisierungen untersucht habe, und forderte sie auf, sich zu entschuldigen und alle Opfer zu entschädigen.

Folter und andere Misshandlungen

Die Slowakei wurde wegen der Abschiebung von Menschen in Länder kritisiert, in denen sie Gefahr liefen, gefoltert oder anderen Misshandlungen ausgesetzt zu werden.

  • Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied im Mai 2012, dass die Slowakei die Rechte von Mustafa Labsi verletzt habe, da sie eine vom Gericht angeordnete Maßnahme des vorläufigen Rechtschutzes missachtete. Die Slowakei hatte Mustafa Labsi 2010 zwangsweise nach Algerien zurückgeführt, wo er der Gefahr von Misshandlung und der Verletzung seines Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf ausgesetzt war.

  • Im Juni 2012 erließ der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Maßnahme des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Auslieferung von Aslan Achmetowitsch Jandijew an die Russische Föderation, wo er wegen Mitgliedschaft in einer bewaffneten Gruppe angeklagt war. Aslan Jandijew gab an, dass er vor seiner Flucht von der russischen Polizei gefoltert worden sei. Während sein Asylantrag in der Slowakei noch anhängig war, entschied der Oberste Gerichtshof der Slowakei, dass das Ersuchen des russischen Staatsanwalts auf Auslieferung von Aslan Jandijew zulässig sei. Der Europäische Gerichtshof blockierte die Auslieferung von Aslan Jandijew mit der Begründung, dass sie ihn dem Folterrisiko aussetzen würde. Im August bestätigte das slowakische Verfassungsgericht die Rechtmäßigkeit der Klage gegen die Entscheidung über die Auslieferung mit der Begründung, dass eine Auslieferung nicht stattfinden könne, solange keine Entscheidung über den Asylantrag von Aslan Jandijew gefällt worden sei.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen

Im Oktober 2012 richtete die Regierung einen neuen Ausschuss für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen im Rahmen ihres Menschenrechtsrats ein. Der neue Ausschuss hat die Aufgabe, die Einhaltung der internationalen Menschenrechtsverträge durch die slowakischen Behörden zu überwachen.

Amnesty International: Missionen und Bericht

Delegierte von Amnesty International besuchten die Slowakei in den Monaten März, Juni und November.

Slovakia: Briefing to the UN Committee on Economic,
Social and Cultural Rights, 48th session, May 2012

Schlagworte

Slowakei Amnesty Report

Weitere Artikel