Amnesty Report 09. Mai 2012

Senegal 2012

 

Amtliche Bezeichnung: Republik Senegal Staatsoberhaupt: Abdoulaye Wade Regierungschef: Souleymane Ndéné Ndiaye Todesstrafe: für alle Straftaten abgeschafft Einwohner: 12,8 Mio. Lebenserwartung: 59,3 Jahre Kindersterblichkeit: 92,8 pro 1000 Lebendgeburten Alphabetisierungsrate: 49,7%

Die Behörden unterdrückten viele Demonstrationen mit exzessiver Gewalt. Menschen wurden festgenommen, weil sie abweichende politische Meinungen äußerten. Straftatverdächtige wurden routinemäßig gefoltert. Ein Inhaftierter soll zu Tode gefoltert worden sein. Ende des Berichtsjahres nahmen die Zusammenstöße zwischen der senegalesischen Armee und einer bewaffneten Gruppe im Süden der Region Casamance zu. Die Kämpfe forderten auch Opfer unter der Zivilbevölkerung. Die Behörden machten deutlich, dass sie nicht bereit sind, den tschadischen Ex-Präsidenten Hissène Habré vor Gericht zu stellen, obwohl das Land rechtlich dazu verpflichtet ist. Die Afrikanische Union hat Senegal wiederholt aufgefordert, Habré den Prozess zu machen.

Hintergrund

Ende 2011 verschärfte sich der Konflikt zwischen der Armee und der Bewegung der Demokratischen Kräfte von Casamance (Mouvement des Forces Démocratiques de la Casamance – MFDC) und forderte sowohl Opfer unter der Zivilbevölkerung wie auch in den Reihen der Soldaten.

Im Berichtsjahr fanden im gesamten Land, vor allem aber in der Hauptstadt Dakar, Massendemonstrationen statt. Diese richteten sich gegen die Absicht von Präsident Abdoulaye Wade, bei den Wahlen 2012 für eine dritte Amtszeit zu kandidieren.

Im Juni 2011 kam es in Dakar zwischen der Bereitschaftspolizei und Demonstrierenden zu gewaltsamen Zusammenstößen. Auslöser der Proteste war ein Gesetzentwurf über Änderungen des Verfahrens für die Präsidentschaftswahlen. Der Gesetzentwurf wurde daraufhin zurückgezogen.

Im Juni wurde die Implementierung eines Gesetzes beschlossen, das die Ernennung eines staatlichen Inspektors für Haftzentren vorsieht. Der Posten war Ende 2011 allerdings noch nicht besetzt.

Menschenrechtsverletzungen und -verstöße in der Region Casamance

Bei Zusammenstößen zwischen der MFDC und der Armee gab es mehrere Tote und Verletzte unter der Zivilbevölkerung.

  • Im November 2011 wurden in Diagnon zehn Zivilpersonen von mutmaßlichen MFDC-Mitgliedern erschossen. Sie hatten in der 30 km von Ziguinchor, der Hauptstadt der Region, entfernten Ortschaft Holz gesammelt.

Unterdrückung Andersdenkender

Wegen der politischen und wirtschaftlichen Situation des Landes kam es 2011 immer wieder zu Protesten. Diese wurden auf Anweisung der Regierung mit Gewalt aufgelöst.

  • Im Mai wurde Malick Bâ in der Ortschaft Sangalkam von Angehörigen der Gendarmerie (Polizeikräfte, die dem Verteidigungsministerium unterstehen) getötet. Der Vorfall ereignete sich bei einer Demonstration gegen die Neubesetzung der Kommunalverwaltung. Die Gendarmen hatten mit scharfer Munition auf die Demonstrierenden geschossen.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Mehrere Personen wurden festgenommen, weil sie öffentlich ihre Ablehnung der Regierung zum Ausdruck gebracht hatten. In einem Fall wurde deshalb eine Gefängnisstrafe verhängt.

  • Im Juni 2011 wurden Alioune Tine, Generalsekretär der Menschenrechtsorganisation Rencontre Africaine pour la Défense des Droits de l’Homme (RADDHO), und Oumar Diallo bei einer Protestaktion gegen die umstrittene Verfassungsreform von Personen angegriffen, die der Regierungspartei nahestehen sollen.

  • Im Oktober wurde Malick Noël Seck, Sprecher einer Bewegung, die der Sozialistischen Partei nahesteht, zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, weil er Mitglieder des Verfassungsrats aufgefordert hatte, Präsident Wades Kandidatur für eine dritte Amtszeit nicht zuzulassen.

Folter und andere Misshandlungen

Straftatverdächtige wurden von der Polizei routinemäßig gefoltert. Ein Gefangener soll zu Tode gefoltert worden sein.

  • Im April 2011 wurde die unbekleidete Leiche von Aladji Konaté an einem Flussufer in der Stadt Bakel gefunden. Die Hände des Toten waren gefesselt und an seinem Körper waren Folterspuren sichtbar. Sicherheitskräfte erklärten, Konaté sei in den Fluss gesprungen, um sich so der Festnahme wegen mutmaßlichen Drogenhandels zu entziehen.

  • Im September misshandelten Gendarmen in Thiaroye, einem Bezirk in Dakar, drei junge Männer, die festgenommen worden waren, weil sich ein Nachbar über sie beschwert hatte. Die Männer erlitten durch die Misshandlungen Verletzungen. Nach einer Untersuchung des Vorfalls wurden zwei Gendarmen mit Kasernenarrest belegt. Ende 2011 hatte weder ein Prozess gegen die mutmaßlichen Täter stattgefunden, noch waren die Opfer entschädigt worden.

Internationale Rechtsprechung – Hissène Habré

Die Afrikanische Union erklärte im März 2011, dass der ehemalige tschadische Präsident Hissène Habré in Senegal vor ein Sondergericht gestellt werden solle. Im Juni erhob ein Bündnis von NGOs und Opfern der Regierung unter Hissène Habré Klage vor dem Internationalen Gerichtshof (International Court of Justice – ICJ) in Den Haag, weil Senegal Habré weder den Prozess machen noch ihn ausliefern wollte. Die Regierung gab im Juli bekannt, dass sie Hissène Habré in den Tschad überstellen wolle, wo er in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden war. Nach Protesten von UN-Stellen und Menschrechtsorganisationen ließ die Regierung jedoch von ihrem Vorhaben ab.

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