Amnesty Report Iran 19. Mai 2010

Iran 2010

 

Amtliche Bezeichnung: Islamische Republik Iran Staatsoberhaupt: Ayatollah Sayed ’Ali Khamenei Regierungschef: Mahmoud Ahmadinedschad Todesstrafe: nicht abgeschafft Einwohner: 74,2 Mio. Lebenserwartung: 71,2 Jahre Kindersterblichkeit (m/w): 33/35 pro 1000 Lebendgeburten Alphabetisierungsrate: 82,3%

Bereits vor den Präsidentschaftswahlen im Juni 2009, insbesondere aber nach dem äußerst umstrittenen Wahlergebnis, gingen die Behörden mit großer Härte gegen politische Proteste vor. Die seit vielen Jahren andauernde Repression erreichte dabei einen neuen Höhepunkt. Die Sicherheitskräfte, allen voran die Basij-Milizen, wandten exzessive Gewalt gegen Demonstranten an. Dabei wurden zahlreiche Menschen getötet oder schwer verletzt. Die Behörden schränkten das Recht auf freie Meinungsäußerung in bislang ungekanntem Maße ein, indem sie Mobilfunk-, Festnetz- und Internetverbindungen blockierten. Bis Ende 2009 nahmen die Behörden weit mehr als 5000 Menschen in Haft. Viele von ihnen wurden gefoltert, einige sollen im Gewahrsam vergewaltigt oder in anderer Weise misshandelt worden sein. Mehrere Häftlinge erlagen ihren Verletzungen. Zahlreiche Menschen wurden in äußerst unfairen "Massenschauprozessen" abgeurteilt. Die meisten erhielten Gefängnisstrafen, mindestens sechs Personen wurden zum Tode verurteilt.

Die Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit den Wahlen fügten sich in eine Welle massiver Repressionen ein, die das gesamte Jahr über anhielt. Zu den Opfern zählten Angehörige ethnischer und religiöser Minderheiten, Studierende, Menschenrechtsverteidiger und Personen, die sich für politische Reformen einsetzten. Frauen waren weiterhin schwerer Diskriminierung ausgesetzt, sowohl durch Gesetze als auch im Lebensalltag. Frauenrechtlerinnen wurden schikaniert, verhaftet und zu Freiheitsstrafen verurteilt. Folter und andere Misshandlungen an Gefangenen waren weit verbreitet und forderten mindestens zwölf Menschenleben. Die Behörden verweigerten Häftlingen systematisch den Kontakt zu ihren Familien und Anwälten sowie den Zugang zu medizinischer Versorgung. Viele Angeklagte wurden in unfairen Gerichtsprozessen verurteilt. Der Iran gehörte nach wie vor zu den Staaten mit den meisten Hinrichtungen. Außerdem zählte er zu den wenigen Ländern, die noch immer jugendliche Straftäter hinrichten. 2009 wurden mindestens 388 Menschen exekutiert, unter ihnen ein Mann, der zu Tode gesteinigt wurde. Mindestens fünf der Hingerichteten waren zur Tatzeit noch minderjährig gewesen.

Hintergrund

Das iranische Programm zur Urananreicherung sorgte weiterhin für Spannungen auf internationaler Ebene. Im März beschloss der UN-Sicherheitsrat eine Ausweitung der wirtschaftlichen und politischen Sanktionen gegen das Land. Im September bestätigte die iranische Regierung die Existenz einer weiteren, bislang unbekannten Anlage zur Urananreicherung.

Im Iran lebten rund eine Million Flüchtlinge, von denen die meisten aus Afghanistan stammten. Sie hatten nur eingeschränkten Zugang zu sozialen Einrichtungen und Bildungsinstitutionen.

Übergriffe im Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen

Bereits in den Monaten vor der Präsidentschaftswahl am 12. Juni 2009 verschärften die Behörden ihr Vorgehen gegen Kritiker und Gegner der Regierung. Von insgesamt 474 Bewerbern für das Präsidentenamt wurden außer Amtsinhaber Mahmoud Ahmadinedschad nur drei weitere Kandidaten zugelassen. Als Mahmoud Ahmadinedschad am 13. Juni offiziell zum Sieger der Wahl erklärt wurde, kam es zu Massenprotesten. Dabei gingen Hunderttausende auf die Straße. Nachdem der Oberste geistliche Führer, Ayatollah Sayed ’Ali Khamenei, am 19. Juni ein Ende der Proteste gefordert hatte, wurden die Sicherheitskräfte, vor allem die Basij-Milizen, eingesetzt, um die Demonstrationen mit Gewalt zu unterdrücken. An bestimmten Tagen wie etwa dem religiösen Aschura-Fest am 27. Dezember fanden dennoch weitere Protestkundgebungen statt. Mobilfunknetze und Internetverbindungen wurden von den Behörden gekappt, um die Verbreitung von Informationen zu unterbinden. Dies betraf auch die Internetseiten sozialer Netzwerke. Ausländische Journalisten durften nicht länger von den Demonstrationen berichten. Einige von ihnen wurden des Landes verwiesen. Sicherheitsbeamte kontrollierten den Inhalt von Zeitungen und führten auf dem Gelände von Universitäten Razzien durch. Dabei wurden einige Studierende verletzt. Die Behörden beschuldigten die Regierungen der USA und Großbritanniens, Drahtzieher der Unruhen zu sein. Beide Regierungen wiesen diese Vorwürfe zurück.

Alle drei unterlegenen Präsidentschaftskandidaten klagten über Wahlbetrug und legten Beschwerde bei der Wahlkommission ein. Ein Teil der Stimmen wurden daraufhin neu ausgezählt, die Klagen der Kandidaten jedoch weitgehend abgewiesen. Am 5. August wurde Mahmoud Ahmadinedschad für eine zweite Amtszeit vereidigt.

Ungesetzliche Tötungen Die Basij-Miliz und andere Sicherheitskräfte wandten exzessive Gewalt gegen die Teilnehmer der Kundgebungen an. Sie benutzten Schlagstöcke und fuhren mit Motorrädern absichtlich in die Menge, um den Demonstranten Verletzungen zuzufügen. Nach offiziellen Angaben wurden bei den Protesten 43 Personen getötet. Aus Kreisen der Opposition hieß es, wahrscheinlich seien über 100 Menschen ums Leben gekommen. Hunderte von Demonstranten wurden verletzt.

  • Die 27-jährige Neda Agha Soltan wurde am 20. Juni 2009 während einer Demonstration auf einer Straße in Teheran erschossen. Filmaufnahmen dokumentierten ihr Sterben. Der Täter wurde als Mitglied der Basij-Miliz identifiziert. Die Behörden behaupteten, die britischen und US-amerikanischen Nachrichtenmedien hätten diesen Todesfall verursacht. Die Familie von Neda Agha Soltan und andere Trauergäste wurden von den Sicherheitskräften schikaniert und eingeschüchtert, als sie der jungen Frau mit einer Feier gedenken wollten.

Festnahmen und Inhaftierungen Nach den Präsidentschaftswahlen wurden bis Jahresende mehr als 5000 Menschen inhaftiert, darunter Oppositionspolitiker, Journalisten, Wissenschaftler, Studierende, Rechtsanwälte, Menschenrechtsverteidiger und Soldaten. Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft oder solche mit Verbindungen zu den USA oder Großbritannien gerieten ebenfalls ins Visier der Sicherheitskräfte. Einige von ihnen wurden bei Kundgebungen festgenommen, andere in ihren Wohnungen oder an ihrem Arbeitsplatz. Mehrere Verletzte wurden sogar im Krankenhaus verhaftet. Die meisten Festgenommenen, wenn nicht sogar alle, blieben ohne Rechtsbeistand. Vielen wurde der Kontakt zu ihren Familien sowie medizinische Hilfe verweigert.

Einige hundert Verhaftete kamen nach einigen Tagen oder Wochen wieder frei. Gegen zahlreiche andere wurden vage formulierte Anklagen erhoben, darunter "Anstachelung zu einer samtenen Revolution" oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". Die Häftlinge wurden in Schauprozessen abgeurteilt.

  • Mohammad Ali Abtahi, Mohsen Aminzadeh, Said Hajjarian und mindestens vier weitere führende Politiker wurden nach den Wahlen in Haft genommen. Bei allen handelte es sich um gewaltlose politische Gefangene. Said Hajjarian kam im Oktober auf Kaution frei, Mohammad Ali Abtahi im November. Mohsen Aminzadeh befand sich Ende 2009 noch immer in Haft.

Vergewaltigungen und Folter Mehrere Gefangene wurden in das im Süden Teherans gelegene Haftzentrum Kahrizak gebracht, wo sie Folterungen und Misshandlungen ausgesetzt waren. Die Hafteinrichtung wurde innerhalb kürzester Zeit so berüchtigt für Misshandlungen, dass der Oberste Geistliche Führer Ayatollah Sayed ’Ali Khamenei im Juli die Schließung des Zentrums anordnete. Ende 2009 war gegen zwölf Bedienstete der Haftanstalt ein Prozess vor einem Militärgericht anberaumt. Drei von ihnen waren des Mordes angeklagt.

Es trat eine erdrückende Menge von Beweisen dafür zutage, dass viele der inhaftierten Frauen und Männer während ihrer Haft Opfer von Vergewaltigungen und anderen Formen der Folter geworden sind. Doch anstatt eine gründliche Untersuchung der Vorfälle einzuleiten, dementierten die Behörden umgehend die Vorwürfe, schikanierten die Opfer und schlossen die Büros einer Vereinigung, die Zeugenaussagen von Opfern gesammelt hatte.

  • Der 24-jährige Student Ebrahim Sharifi sagte aus, dass Sicherheitsbeamte ihn vergewaltigt und brutal geschlagen hätten. Außerdem habe man ihn in der Woche nach seiner Festnahme am 22. Juni 2009 einer Scheinhinrichtung unterzogen. Ebrahim Sharifi versuchte, eine Klage einzureichen, tauchte jedoch unter, nachdem er und seine Familie von Sicherheitsbeamten bedroht worden waren. Am 13. September wies ein Gremium der Justiz seine Klage wegen Vergewaltigung zurück und beschuldigte ihn, er habe den Vorwurf aus politischen Gründen erfunden. Ebrahim Sharifi floh daraufhin ins Ausland.

  • Mohsen Ruholamini, der Sohn eines Beraters des Präsidentschaftskandidaten Mohsen Rezai, starb am 23. Juli 2009 nach zweiwöchiger Haft in Kahrizak. Aus einem gerichtsmedizinischen Gutachten ging hervor, dass er einen Herzinfarkt und innere Blutungen erlitten hatte und dass er wiederholt mit einem harten Gegenstand geschlagen worden war.

Unfaire Gerichtsverfahren Ab August fanden "Massenschauprozesse" gegen zahlreiche Häftlinge statt. Sie entsprachen in keiner Weise den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren. Den meisten, wenn nicht sogar allen Angeklagten wurde der Zugang zu einem Rechtsbeistand verweigert. Die Mehrheit der Angeklagten war mehrere Wochen lang ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten worden. Viele sollen gefoltert oder in anderer Weise misshandelt worden sein, bevor man sie vor Gericht stellte. Die Verhandlungen fanden hinter verschlossenen Türen statt, doch zeigte das staatliche Fernsehen Ausschnitte. Darin waren Angeklagte zu sehen, die offenbar erzwungene "Geständnisse" ablegten. Mehr als 80 Personen wurden für schuldig befunden und zu Gefängnisstrafen von bis zu 15 Jahren verurteilt. Gegen mindestens sechs Angeklagte erging die Todesstrafe.

Menschenrechtsverteidiger

Menschenrechtsverteidiger, die sich u. a. für die Rechte von Frauen und ethnischen Minderheiten einsetzten, sowie Rechtsanwälte und Gewerkschafter waren das gesamte Jahr über willkürlichen Festnahmen, Schikanen, strafrechtlicher Verfolgung und unfairen Gerichtsverfahren ausgesetzt. Einige durften nicht mehr ins Ausland reisen.

  • Im April 2009 wurden fünf Vorstandsmitglieder der Gewerkschaft der Beschäftigten des Unternehmens Haft Tapeh Sugar Cane Company zu Haftstrafen von bis zu sechs Monaten verurteilt. Ihnen wurde "Propaganda gegen das System" zur Last gelegt, weil sie 2008 in Interviews mit ausländischen Journalisten die Arbeitsbedingungen in dem Unternehmen kritisiert hatten. Nachdem die von ihnen eingelegten Rechtsmittel gegen das Urteil abgewiesen worden waren, mussten die Gewerkschafter im November ihre Haftstrafe antreten.

  • Im Dezember 2009 verhafteten Mitarbeiter des Geheimdienstes fünf Mitglieder der Menschenrechtsorganisation Committee of Human Rights Reporters. Nach anderen Mitgliedern der Organisation wurde gefahndet.

Diskriminierung von Frauen

Frauen unterlagen weiterhin gesetzlicher Diskriminierung, auch wenn es einige geringfügige Verbesserungen gab. Frauenrechtlerinnen, die sich mit der Kampagne "Eine Million Unterschriften" für ein Ende der rechtlichen Diskriminierung von Frauen einsetzten, wurden schikaniert, in Haft genommen, vor Gericht gebracht und mit Reiseverboten belegt, weil sie Unterschriften unter ihre Petition gesammelt hatten.

  • Am 1. Februar 2009 trat Alieh Eghdam-Doust, die an der Kampagne für Gleichberechtigung beteiligt war, eine dreijährige Haftstrafe an. Sie war wegen der Teilnahme an einer friedlichen Kundgebung vom Juni 2006 verurteilt worden. Eghdam-Doust war eine von zahlreichen weiteren Frauen, die bei dieser Demonstration gegen diskriminierende Gesetze festgenommen worden waren. Sie trat nun als Erste eine Haftstrafe an.

Rechte auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit

Die Behörden blockierten regierungskritische Internetseiten, insbesondere jene iranischer Blogger. Immer wieder wurden aber auch Internetseiten ausländischer Nachrichtenmedien gesperrt, die über den Iran berichteten. Im April warnten die Behörden SMS-Nutzer, nach einem im Januar verabschiedeten Gesetz zur "Internetkriminalität" würden alle SMS-Mitteilungen "kontrolliert". Zahlreiche Zeitungen, Zeitschriften und andere Printmedien wurden verboten oder durften nicht erscheinen. Kritische Journalisten wurden verfolgt, unabhängige Gruppierungen der Zivilgesellschaft wie die Gesellschaft der Menschenrechtsverteidiger in Isfahan (Society of Esfahan Human Rights Supporters) wurden bespitzelt. Hunderte Studierende durften aufgrund ihrer politischen Aktivitäten auf dem Campus nicht mehr an den Vorlesungen teilnehmen.

  • Vier Studenten der Teheraner Universität Amir Kabir wurden am 24. Februar 2009 in ihren Wohnungen festgenommen, weil sie sich am Tag zuvor an einer friedlichen Demonstration beteiligt hatten. Die Kundgebung richtete sich gegen einen Beschluss der Regierung, die sterblichen Überreste von Soldaten auf dem Campus beizusetzen und damit den Basij-Milizen und anderen Sicherheitskräften uneingeschränkten Zugang zum Universitätsgelände zu gestatten. Es wurden noch weitere Studierende festgenommen, die jedoch alle bis Ende Juli ohne Anklageerhebung wieder freikamen.

  • Roxana Saberi, eine Journalistin mit US-amerikanischer und iranischer Staatsbürgerschaft, wurde am 31. Januar 2009 festgenommen. Am 18. April wurde sie vom Teheraner Revolutionsgericht unter Ausschluss der Öffentlichkeit wegen "Zusammenarbeit mit einem feindlichen Staat" zu acht Jahren Haft verurteilt. Nach Protesten aus dem In- und Ausland wurde die Haftstrafe in eine zweijährige Bewährungsstrafe umgewandelt. Roxana Saberi kam am 12. Mai frei und durfte das Land verlassen.

  • Die Brüder Arash und Kamiar Alaei, die als Ärzte im Bereich HIV/Aids-Prävention und -Behandlung arbeiteten, wurden im Januar wegen "Zusammenarbeit mit einer feindlichen Regierung" zu sechs bzw. drei Jahren Haft verurteilt. Das Verfahren hatte am 31. Dezember 2008 unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden. Die beiden Ärzte erhielten weder Auskunft über die Anklageschrift noch über das Beweismaterial. Auch bekamen sie keine Gelegenheit, Zeugen zu benennen oder zu befragen. Bei beiden Männern handelte es sich um gewaltlose politische Gefangene. Sie wurden allein deshalb zu Freiheitsstrafen verurteilt, weil sie im Rahmen ihrer medizinischen Arbeit zu US-amerikanischen und internationalen Ärzteorganisationen Kontakt gehalten hatten.

Diskriminierung von Minderheiten

Ethnische Minderheiten Angehörige der ethnischen Minderheiten im Iran litten weiterhin unter Diskriminierung. Sie wurden schikaniert und inhaftiert, weil sie eine stärkere Anerkennung ihrer sozialen und kulturellen Rechte forderten, z. B. Unterricht in ihrer Muttersprache. Im Juni kündigte die Regierung an, man wolle an weiterbildenden Schulen einige Veranstaltungen in regionalen Sprachen erlauben.

Aserbaidschaner und Angehörige der arabischen Gemeinschaft der Ahwazi waren weiterhin Zielscheibe der Repression. Im Februar wurden Mitglieder der kleinen Minderheit der sunnitischen Aserbaidschaner festgenommen, nachdem sie gegen mangelnde Wasserversorgung protestiert hatten. Angehörige der kurdischen Minderheit, die im Verdacht standen, verbotenen bewaffneten Oppositionsgruppen anzugehören, wurden festgenommen und zu Freiheitsstrafen verurteilt. Gegen einige erging auch die Todesstrafe. Mindestens ein Mann wurde außergerichtlich hingerichtet, wahrscheinlich als Vergeltung für eine Reihe von Angriffen auf Staatsbedienstete in der Provinz Kurdistan im September. In der Provinz Sistan-Belutschistan, wo die meisten der belutschischen sunnitischen Muslime als Minderheit leben, eskalierte die Gewalt im Zuge von Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und der Widerstandsbewegung des Iranischen Volks (People’s Resistance Movement of Iran – PRMI), einer auch unter dem Namen Jondallah bekannten bewaffneten Gruppe. Am 18. Oktober kamen mindestens 42 Menschen bei einem Angriff ums Leben, für den die PRMI die Verantwortung übernahm. Unter den Toten befanden sich auch ranghohe Offiziere der Revolutionsgarden sowie Zivilpersonen.

  • Am 30. Mai 2009, zwei Tage nach einem Bombenanschlag der PRMI auf eine Moschee in Zahedan mit mindestens 25 Toten, wurden drei Männer in der Nähe der Moschee öffentlich hingerichtet. Angeblich hatten sie den Sprengstoff für den Anschlag in den Iran geschmuggelt. Zum Zeitpunkt des Angriffs befanden sich die drei Hingerichteten jedoch im Gefängnis, da man ihnen eine Beteiligung an anderen Bombenanschlägen vorwarf.

Religiöse Minderheiten Mitglieder religiöser Minderheiten – darunter auch solche, die von der Regierung nicht anerkannt waren – sahen sich weiterhin Diskriminierung, Schikanen und willkürlichen Festnahmen ausgesetzt. Zudem wurde ihr Gemeindeeigentum beschädigt. Unter denen, die ins Visier der Behörden gerieten, befanden sich sunnitische sowie schiitische Geistliche, die eine Trennung von Staat und Religion forderten. Betroffen waren aber auch Anhänger der Gemeinschaften der Derwisch und der Ahl-e Haqq, Mitglieder einer philosophischen Gesellschaft namens Al-e Yasin, Christen sowie Anhänger der Baha’i-Glaubensgemeinschaft, denen weiterhin der Zugang zu weiterführenden Schulen verwehrt wurde. Menschen, die vom Islam zu anderen Religionen konvertierten, liefen Gefahr, strafrechtlich wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) verfolgt zu werden, was im Iran mit der Todesstrafe geahndet werden kann.

  • Die zum Christentum konvertierten Frauen Maryam Rostampour und Marzieh Amirizadeh Esmaeilabad wurden am 5. März 2009 in Teheran verhaftet, weil sie Bibeln verteilt und an religiösen Zusammenkünften teilgenommen hatten. Bei beiden handelte es sich um gewaltlose politische Gefangene. Ein Revolutionsgericht sprach sie im Oktober zwar vom Vorwurf frei, "gegen die Staatssicherheit gehandelt zu haben". Aber auch nach ihrer Freilassung im November lagen gegen die zwei Frauen noch wegen "Apostasie"und "Missionierens" Klagen vor einem Strafgericht vor.

  • Sieben Anhänger der Baha’i, zwei Frauen und fünf Männer, die im März und Mai 2008 festgenommen worden waren, blieben weiterhin ohne Gerichtsverfahren im Evin-Gefängnis in Teheran inhaftiert. Ihnen wurden Spionage für Israel sowie "Beleidigung religiöser Heiligtümer und Propaganda gegen das System" vorgeworfen. Im Mai erfuhren die Familien der Inhaftierten, dass die Anklage auf den Tatbestand der "Verdorbenheit auf Erden" ausgeweitet worden sei. Damit drohte ihnen die Todesstrafe.

Folter und andere Misshandlungen

Folter und andere Misshandlungen waren in der Untersuchungshaft nach wie vor weit verbreitet. Solchen Übergriffen wurde dadurch Vorschub geleistet, dass den Häftlingen regelmäßig der Kontakt zu einem Rechtsanwalt verweigert wurde und die Verantwortlichen für die Menschenrechtsverletzungen straffrei blieben. Es gingen Berichte über schwere Schläge ein, über die Unterbringung von Häftlingen in winzigen Verschlägen, über den Entzug von Licht, Nahrung und Wasser sowie über die systematische Verweigerung von medizinischer Behandlung. Mindestens zwölf Menschen sollen 2009 infolge von Misshandlungen oder nicht gewährter medizinischer Behandlung in der Haft gestorben sein. Mit Ausnahme der Vorfälle in Kahrizak gab es keine Hinweise darauf, dass die Behörden Untersuchungen zu den Foltervorwürfen eingeleitet hätten.

Grausame, unmenschliche und erniedrigende Strafen

Iranische Gerichte verhängten Prügel- und Amputationsstrafen, die auch vollstreckt wurden. Im Februar 2009 bestätigte der Oberste Gerichtshof ein Urteil, wonach einem Mann Säure in die Augen geträufelt werden sollte. Der Mann hatte eine Frau auf dieselbe Weise um ihr Augenlicht gebracht.

Todesstrafe

Der Iran gehörte weiterhin zu den Staaten mit den weltweit höchsten Hinrichtungsraten. Mindestens 388 Menschen wurden 2009 hingerichtet, darunter befand sich ein Mann, der zu Tode gesteinigt wurde. Bei mindestens fünf der Hingerichteten handelte es sich um jugendliche Straftäter, die für Vergehen verurteilt worden waren, die sie im Alter von weniger als 18 Jahren begangen hatten. Mindestens 14 Menschen wurden öffentlich hingerichtet. Es ist davon auszugehen, dass die tatsächliche Zahl der Hinrichtungen noch höher war.

Die Zahl der bekannt gewordenen Hinrichtungen stieg in der Zeit der politischen Unruhen drastisch an. Im Zeitraum zwischen den Präsidentschaftswahlen am 12. Juni und der Amtseinführung von Mahmoud Ahmadinedschad am 5. August 2009 wurden 112 Hinrichtungen bekannt. Dies waren im Durchschnitt mehr als zwei pro Tag.

In den Monaten Januar, März, Juli und August führten die Behörden Massenhinrichtungen durch, bei denen insgesamt 77 Menschen starben.

Mindestens elf Menschen drohte Ende 2009 die Hinrichtung durch Steinigung. Auch mindestens 136 jugendliche Straftäter saßen noch in den Todeszellen ein.

  • Die 22-jährige Delara Darabi wurde am 1. Mai hingerichtet, obwohl die Oberste Justizautorität des Iran im April einen zweimonatigen Aufschub angeordnet hatte. Delara Darabi war eines Verbrechens für schuldig befunden worden, das sie im Alter von 17 Jahren begangen haben soll.

Amnesty International: Missionen und Berichte

Die iranischen Behörden verweigerten Amnesty International weiterhin den Zugang zum Land. Der Organisation wurde nach wie vor nicht erlaubt, die Lage der Menschenrechte vor Ort zu untersuchen. Das Einreiseverbot war kurz nach der Revolution im Iran im Jahr 1979 ausgesprochen worden.

Iran: Submission to the UN Universal Periodic Review (MDE 13/009/2009)

Human Rights in the spotlight on the 30th anniversary of the Islamic revolution (MDE 13/010/2009)

Iran: Election amid repression of dissent and unrest (MDE 13/053/2009)

Iran: Election contested, repression compounded (MDE 13/123/2009)

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