Amnesty Report Tadschikistan 12. Mai 2009

Tadschikistan 2009

 

Amtliche Bezeichnung: Republik Tadschikistan Staatsoberhaupt: Emomalii Rachmon Regierungschef: Akil Akilow Todesstrafe: in der Praxis abgeschafft Einwohner: 6,8 Mio. Lebenserwartung: 66,3 Jahre Kindersterblichkeit (m/w): 81/72 pro 1000 Lebendgeburten Alphabetisierungsrate: 99,5%

Die Behörden nahmen sich nicht in angemessener Weise des grassierenden Problems familiärer und sexueller Gewalt an. Anhänger religiöser Minderheiten sahen sich erhöhtem Druck vonseiten der Behörden ausgesetzt. Hunderte Menschen wurden Opfer von Zwangsumsiedlungen und Vertreibungen.

Hintergrund

Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen erklärte im August seine Absicht, Nahrungsmittel im Wert von 10 Mio. US-Dollar nach Tadschikistan zu liefern, um eine Hungersnot abzuwenden. Die Entscheidung fiel nach einem der härtesten Winter seit Jahrzehnten in Zentralasien. Tadschikistan litt unter einer gravierenden Energieknappheit, die lebenswichtige Bereiche der Infrastruktur lahmlegte und die meisten Menschen von Heizung oder Stromzufuhr abschnitt sowie ihren Zugang zu Nahrungsmitteln massiv einschränkte. Eine darauffolgende Dürreperiode und eine Heuschreckenplage verschlimmerten die Lage eines der ärmsten Länder der Welt noch weiter.

Gewalt gegen Frauen und Mädchen

Familiäre und sexuelle Gewalt gegen Frauen blieb weiterhin ein ernsthaftes Problem. In Fällen von familiärer Gewalt konnte die Polizei nur dann Ermittlungen einleiten, wenn ein schriftlicher Antrag der betroffenen Frau vorlag. Viele Frauen reichten jedoch keine schriftlichen Anzeigen ein, weil sie Racheakte vonseiten ihrer Partner oder deren Familien fürchteten. Ein seit Jahren in Vorbereitung befindlicher Gesetzentwurf "Über den gesellschaftlichen und rechtlichen Schutz vor familiärer Gewalt" war noch immer nicht dem Parlament vorgelegt worden. Armut und Arbeitslosigkeit betrafen Frauen in überproportional hohem Maße, und sie waren auch in größerer Gefahr, Menschenrechtsverstößen ausgesetzt zu werden. Nichtregistrierte Eheschließungen, Polygamie und Zwangsheiraten nahmen zu, und die Selbstmordrate unter Frauen stieg Berichten zufolge an.

Zwangsumsiedlungen

Die Behörden veranlassten Zwangsumsiedlungen und Vertreibungen von Menschen, die in für Stadtentwicklungsprojekte vorgesehenen Vierteln lebten. Betroffene Bürger beklagten, dass man ihnen weder eine ausreichende finanzielle Entschädigung noch geeigneten alternativen Wohnraum angeboten habe. In der Hauptstadt Duschanbe wurde im Juni die einzige Synagoge des Landes abgerissen. Einen Monat später wurde eine protestantische Kirche zerstört.

  • Im April 2008 fand eine kleine friedliche Demonstration von Bewohnern eines zum Abriss vorgesehenen Bezirks in Duschanbe statt. Polizeibeamte setzten Gewalt ein, um die Demonstranten zu zerstreuen, und nahmen 20 Teilnehmerinnen fest. Nachdem die Frauen die Zusicherung gegeben hatten, nie wieder an einer Demonstration teilzunehmen, kamen sie frei.

Religionsfreiheit

Ein neuer strenger Gesetzentwurf über Religion wurde nach wie vor diskutiert. Solange das Gesetz noch nicht verabschiedet war, wurden keine neuen Anträge auf die rechtliche Anerkennung von religiösen Gemeinschaften akzeptiert. Zwei protestantische Kirchen, die Ehyo-Gemeinde und das Abundant Life Christian Centre, die im Oktober 2007 für drei Monate verboten worden waren, konnten ihre Aktivitäten nicht wieder aufnehmen. Eine weitere protestantische Gruppe verlor im August ihr Kirchengebäude in Duschanbe und legte im Oktober Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ein. Ihr leitender Pfarrer, ein US-amerikanischer Staatsbürger, wurde von den Behörden mit dem Entzug seines Visums bedroht.

  • Im September bestätigte ein Gericht in Duschanbe die Regierungsentscheidung vom Oktober 2007, den Zeugen Jehovas den legalen Status zu entziehen und sämtliche Aktivitäten dieser religiösen Minderheit auf unbestimmte Zeit zu verbieten. Über das Rechtsmittelverfahren vor dem Obersten Gerichtshof war bis Ende 2008 noch nicht entschieden worden.

Amnesty International: Missionen und Berichte Delegierte von Amnesty International besuchten Tadschikistan in den Monaten Oktober und November.

Central Asia: Summary of Human Rights Concerns March 2007–March 2008 (EUR 04/001/2008)

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