Amnesty Report Mongolei 29. März 2022

Mongolei 2021

Ein weiter Platz vor einem Gebäude mit Säulen

Das Gebäude des mongolischen Parlaments in Ulan-Bator (Archivaufnahme vom Oktober 2019)

Berichtszeitraum: 01. Januar 2021 bis 31. Dezember 2021

Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie wurden dazu benutzt, die Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit zu unterdrücken. Beschäftigte des Gesundheitswesens wurden bedroht und tätlich angegriffen, weil sie gegen schlechte Arbeitsbedingungen protestierten. Die Behörden gingen Foltervorwürfen nicht angemessen nach.

Hintergrund

Im Laufe des Jahres 2021 gab es mehr als 200 Protestkundgebungen. Sie richteten sich vor allem gegen die negativen Auswirkungen der staatlichen Coronamaßnahmen auf den Lebensunterhalt der Menschen.

Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit

Die Behörden nutzten das Demonstrationsverbot, das zur Eindämmung der Coronapandemie eingeführt worden war, als Vorwand, um friedliche Kundgebungen willkürlich und gelegentlich auch gewaltsam aufzulösen. Einige Personen, die Demonstrationen organisiert hatten, wurden festgenommen, inhaftiert und mit Geldstrafen belegt.

Arbeitnehmer_innenrechte

Während der Coronapandemie traten seit Langem bestehende Mängel des Gesundheitswesens deutlich zutage. Das Gesundheitspersonal, das unermüdlich arbeitete, war behördlichen Schikanen und tätlichen Angriffen frustrierter und verzweifelter Patient_innen ausgesetzt. Als Beschäftigte gegen ihre schlechten Arbeitsbedingungen protestierten, auf ihre Erschöpfung hinwiesen und eine bessere Behandlung forderten, reagierte der Ministerpräsident mit Drohungen.

Zahlreiche Beschäftigte gingen aus Angst vor einem Verlust ihres Arbeitsplatzes auch dann noch zum Dienst, wenn sie selbst krank waren. Bis Oktober 2021 hatte sich etwa ein Fünftel der Beschäftigten des Gesundheitswesens mit dem Coronavirus infiziert.

Recht auf Bildung

Die von der Regierung im Zuge der Coronamaßnahmen verfügten Schulschließungen hatten schwerwiegende Folgen für Kinder aus Nomadenfamilien und andere, die auf dem Land bzw. in Gebieten lebten, in denen es keinen oder nur begrenzten Internetzugang oder Fernsehempfang gab. Nach fast zwei Schuljahren ohne Präsenzunterricht öffneten die Schulen im September 2021 wieder.

Menschenrechtsverteidiger_innen

Im Juli 2021 trat das Gesetz über den rechtlichen Status von Menschenrechtsverteidiger_innen in Kraft. Es stärkte den rechtlichen Schutz von Menschenrechtler_innen, enthielt aber auch Bestimmungen, die bei entsprechender Interpretation ihren Handlungsspielraum willkürlich einschränken könnten und das Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung bargen. Aktivist_innen und Rechtsanwält_innen waren wegen ihrer legitimen Aktivitäten weiterhin Drohungen, Einschüchterung und strafrechtlicher Verfolgung ausgesetzt, unter ihnen auch Nomad_innen, die sich für Umweltschutz und Landrechte einsetzten.

Folter und andere Misshandlungen

Es gab 2021 keine Fortschritte, was die Schaffung eines nationalen Mechanismus zur Verhütung von Folter betraf, der im überarbeiteten Gesetz zur Nationalen Menschenrechtskommission von 2020 vorgesehen war, obwohl das Land entsprechende Empfehlungen des UN-Menschenrechtsrats bei der Allgemeinen Regelmäßigen Überprüfung akzeptiert hatte.

Überlebende von Folter und deren Familien erhielten weiterhin keine umfassende und wirksame Entschädigung. Untersuchungen von Foltervorwürfen waren in der Regel mit Fehlern behaftet, und die mutmaßlich Verantwortlichen wurden nur selten zur Rechenschaft gezogen. Im Oktober veröffentlichte die Generalstaatsanwaltschaft eine Statistik, wonach sie 53 mutmaßliche Folterfälle überprüft, aber nur in drei Fällen strafrechtliche Schritte eingeleitet hatte.

Recht auf Wohnen

Die Regierung verhinderte weiterhin die Gründung von "Organisationen zur Bürger_innenvertretung". Das Stadtentwicklungsgesetz sah diese Organisationen vor, um die Beteiligung von Bürger_innen zu gewährleisten, wenn Projekte ihre Grundstücke und Wohnhäuser betrafen. Im Oktober 2021 wies der Oberste Gerichtshof den Fall von Davaanyam Puntsag und seiner Familie ab, die 2018 Opfer einer rechtswidrigen Zwangsräumung geworden war, als ein Bauunternehmen ihr Haus im Stadtteil Bayangol in der Hauptstadt Ulaanbaatar abriss.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen (LGBTI+)

Diskriminierende Online-Kommentare des stellvertretenden Bürgermeisters von Ulaanbaatar führten im September 2021 dazu, dass Drohungen und Hassreden gegen lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen (LGBTI+) sowie gegen Aktivist_innen und Organisationen, die sich für die Rechte von LGBTI+ einsetzten, deutlich zunahmen.

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