Aktuell Deutschland 08. Januar 2025

Bundestagswahl 2025: Narrativwechsel Migration – Zukunft gestalten

Das Foto zeigt lachende und winkende Frauen und Kinder in einem Bus.

32 Flüchtlinge, die am 22. Dezember 2018 von der Besatzung des Schiffs "Sea-Watch 3" gerettet wurden, gehen nach 18 Tagen auf See am 9. Januar 2019 in Malta an Land.

In öffentlichen Debatten werden Asylsuchende oft als Gefahr dargestellt – das muss sich ändern. Alle demokratischen Parteien stehen in der Pflicht, aktiv für das Recht auf Asyl einzustehen und rechtsstaatliche Grundsätze zu verteidigen. Außerdem brauchen wir eine neue Erzählung zum Thema Migration: Anstatt Angst zu schüren und über Kontrolle zu reden, sollten die Parteien zukunftsweisende Vorschläge machen, die einer Einwanderungsgesellschaft gerecht werden.

Ungefähr ein Drittel der Bevölkerung in Deutschland hat Migrationserfahrung. Alle demokratischen Parteien sollten ausdrücklich anerkennen: Deutschland war, ist und bleibt ein Einwanderungsland. Der Wohlstand der Deutschen basiert maßgeblich auf der harten Arbeit vieler Migrant*innen, die Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut haben. Migration ist kein Randthema. Es sollte vielmehr als Querschnittsthema behandelt werden, denn es betrifft zentrale Politikfelder wie Wirtschaft, Arbeit und Soziales (Wohnen, Bildung, Sozialsystem), Gesundheit, Frauen- und Kinderrechte, Forschung, Wissenschaft und Digitalisierung.

Im Mai 2024 einigten sich die EU-Staaten auf deutliche Verschärfungen des europäischen Asylrechts ("GEAS-Reform"). Doch bereits wenige Wochen später stellten mehrere Mitgliedstaaten die Umsetzung wieder infrage. Sollten die neuen Regelungen nicht oder nicht vollständig umgesetzt werden, wäre dies ein verheerendes Signal für Schutzsuchende und die Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union. In der kommenden Legislaturperiode sollten sich daher alle demokratischen Parteien in Deutschland auf die Umsetzung der neuen Regelungen konzentrieren.

Das Recht auf Asyl ist Teil der historischen Verantwortung Deutschlands: Aufgrund der Erfahrungen im Nationalsozialismus sollten Schutzsuchende in Europa nie wieder vor verschlossenen Türen stehen. Bei der Umsetzung der "GEAS-Reform" müssen menschenrechtliche Vorgaben im Mittelpunkt stehen.

Alle Asylverfahren von Menschen, die bereits nach Deutschland eingereist sind, müssen auch in Deutschland durchgeführt werden. Zurückweisungen von Asylsuchenden an den Binnengrenzen zu Deutschland sind rechtswidrig. Die Auslagerung von Asylverfahren in Länder außerhalb der EU ist eine gescheiterte politische Idee, die in der Vergangenheit zu erheblichen Menschenrechtsverletzungen geführt hat.

Alle demokratischen Parteien sollten Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete ausdrücklich ablehnen und insbesondere gegen Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan Stellung beziehen. In der aktuellen Lage sind Abschiebungen nach Afghanistan völkerrechtswidrig. Vermeintliche Straftäter werden dort in Fußballstadien vor Tausenden Zuschauern erschossen. Niemand hat es verdient, in einem Fußballstadion öffentlich hingerichtet zu werden, auch kein in Deutschland rechtskräftig verurteilter Straftäter. Die Menschenrechte gelten ausnahmslos für alle Menschen.

Nach dem politischen Umsturz in Syrien bleibt die Menschenrechtslage im Land weiterhin unübersichtlich. Deshalb können derzeit keine Abschiebungen nach Syrien durchgeführt werden. Auch Asylverfahren syrischer Schutzsuchender sollten fortgesetzt werden, bis die Menschenrechtslage in Syrien neu bewertet werden kann. Schutzsuchende dürfen in der aktuellen Lage nicht mit Unsicherheit und Perspektivlosigkeit alleingelassen werden.

Menschen haben das Recht, Schutz vor Verfolgung zu suchen. Um dieses Recht wahrzunehmen, sind sie oft sogar gezwungen, ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Sie verdienen unsere Anerkennung und Unterstützung und dürfen nicht kriminalisiert werden.

 

Unsere Forderungen:

  • Anstatt immer neue gesetzliche Verschärfungen zu fordern, sollte der Schwerpunkt der Asylpolitik in der nächsten Legislaturperiode darauf liegen, die europäische Asylrechtsreform umzusetzen. Dabei müssen menschenrechtliche Vorgaben im Mittelpunkt stehen.
  • Legale Einreisewege wie Resettlement, humanitäre Aufnahmeprogramme, Erleichterungen beim Familiennachzug etc. müssen ausgebaut werden.
  • Die Bundesregierung muss der Kriminalisierung Schutzsuchender und ihrer Unterstützer*innen in Europa aktiv entgegentreten.
  • Menschen dürfen nicht in Kriegs- und Krisengebiete abgeschoben werden. Alle demokratischen Parteien sollten angesichts der aktuellen Lage explizit gegen Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien Stellung beziehen. Ausgesetzte Asylverfahren von Syrer*innen müssen wieder aufgenommen werden.
  • Menschen, die Asyl beantragen, haben das Recht auf ein faires Verfahren. Alle demokratischen Parteien müssen sich gegen die Zurückweisung Schutzsuchender an den europäischen Außen- und Binnengrenzen aussprechen.

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