Pressemitteilung Kroatien 13. März 2019

Kroatien: EU muss gegen Gewalt an Flüchtlingen und Migranten an kroatischer Grenze vorgehen

BERLIN, 11.03.2019 – Der Bericht dokumentiert, wie europäische Regierungen gewalttätige Übergriffe der kroatischen Polizei auf Asylsuchende bislang nicht nur ignorieren, sondern sogar durch eine erhebliche EU-Finanzierung der Grenzkontrolle mittelbar beteiligt sind. Die EU-Regierungen tragen damit zu einer humanitären Zuspitzung an den Grenzen der EU bei.



"Der Blick auf die Ausgaben für humanitäre Hilfe im Vergleich zu denen für den Grenzschutz – zum Beispiel zur Ausrüstung der kroatischen Grenzpolizei – macht deutlich, welche Prioritäten die EU bislang hat", sagt Franziska Vilmar, Expertin für Asylpolitik bei Amnesty International in Deutschland. "Menschen, die vor bewaffneten Konflikten, Gewalt und Verfolgung fliehen, werden von der kroatischen Polizei verprügelt, beraubt und in prekäre Verhältnisse nach Bosnien und Herzegowina zurückgeschickt. Der völkerrechtliche Flüchtlingsschutz bleibt dabei auf der Strecke."



Unzureichende Versorgung in den Flüchtlingslagern in Bosnien und Herzogowina



Derzeit sitzen etwa 5.500 Frauen, Männer und Kinder in den kleinen bosnischen Städten Bihać und Velika Kladuša an der Grenze zu Kroatien fest, wo sie ohne ausreichende Grundversorgung in verlassenen Fabrikgebäuden auskommen müssen. Bosnien und Herzegowina bieten ihnen weder den nötigen Schutz noch angemessene Lebensbedingungen. Die provisorischen Lager sind unhygienisch, warmes Wasser und medizinische Versorgung sind nicht in ausreichendem Maße vorhanden. Es gibt nicht genügend Lebensmittel für alle.



Bürokratische Hürden, unzureichende Rechtshilfe und beschränkte Verwaltungs-kapazitäten verhindern auch, dass potenzielle Asylsuchende eine Chance haben, in Bosnien und Herzegowina ein Asylverfahren zu durchlaufen. Die meisten der Flüchtlinge versuchen deshalb, in andere europäische Länder zu gelangen, doch die Reise ist beschwerlich.



Flüchtlinge und Migranten, die sich auf diese Route begeben, werden an der Grenze zwischen Kroatien und Bosnien und Herzegowina regelmäßig abgeschoben, häufig gewaltsam. Ihre Asylanträge werden erst gar nicht aufgenommen.



Die überwiegende Zahl der Menschen, die sich in einem der Lager in Bihać oder Velika Kladuša befanden, waren aus Kroatien oder Slowenien nach Bosnien und Herzegowina zurückgeschoben worden. Beinahe ein Drittel gab an, die kroatische Polizei habe Gewalt angewendet. Viele von ihnen berichteten, man habe sie geschlagen, ihre Dokumente vernichtet und ihnen ihr Hab und Gut abgenommen. Dies scheint eine systematische Strategie der kroatischen Behörden zu sein, um von Einreiseversuchen abzuschrecken.



Öffentliche Einrichtungen in Kroatien, die versuchen, den Umgang mit Flüchtlingen und Migranten an der Grenze zu beobachten, werden abgewiesen und Organisationen, die sich für die Rechte von Flüchtlingen und Migranten einsetzen, durch die Behörden behindert. Zahlreiche ehrenamtliche Helfer von Nichtregierungsorganisationen sind drangsaliert und ohne Anklage stundenlang bei der Polizei festgehalten worden.



Ungeachtet dieser willkürlichen, rechtswidrigen Methoden an der Grenze stellt die Europäische Union nach wie vor erhebliche Summen bereit, um Kroatien bei der Grenzsicherheitsinfrastruktur zu unterstützen. "Die EU muss Verantwortung übernehmen und gewaltsame Abschiebungen stoppen. Es muss dringend gehandelt werden. Nur so kann eine humanitäre Zuspitzung an den Außengrenzen verhindert werden. Es kann nicht sein, dass Menschenreche keine Rolle mehr spielen, nur weil es das Bedürfnis nach starken EU-Außengrenzen gibt", so Franziska Vilmar.



Hintergrund



Die Migrationsroute durch Bosnien und Kroatien wird immer häufiger genutzt, seit Ungarn entlang seiner Grenzen Zäune aufgestellt und damit begonnen hat, Menschen gewaltsam abzuschieben. Dies hat dazu geführt, dass Serbien und Ungarn für Flüchtlinge und Migranten zunehmend unpassierbar geworden sind.

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