Pressemitteilung Aktuell Deutschland 18. Februar 2022

Zweiter Jahrestag des Anschlags von Hanau: Rassismus erkennen und entgegentreten!

Das Bild zeigt eine Collage mit 9 Porträts in schwarz-weiß, darunter stehen die Namen der Personen

Wurden bei dem rassistischen Anschlag in Hanau am 19. Februar 2020 ermordert: Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz, Gökhan Gültekin (v.l.n.r).   

Im Gedenken an die Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau fordert Amnesty International Bundesregierung und Gesellschaft auf, Rassismus einmütig und entschlossen entgegenzutreten. Amnesty begrüßt die Initiative gegen Rechtsextremismus der Bundesinnenministerin*: Aber nicht nur die Bundespolizei, auch die Landespolizeien müssen für den Einsatz gegen rassistische Gewalt kompetenter aufgestellt werden.

Anlässlich des zweiten Jahrestags des rassistischen Anschlags in Hanau sagt Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland:

"Wir gedenken der Menschen, die am 19. Februar 2020 bei dem rassistischen Anschlag in Hanau ermordet wurden: Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov. Unsere Solidarität gilt ihren Familien und Freund_innen."

"Die Morde in Hanau und Halle, der Mord an Walter Lübcke, die Morde des NSU, bisher nicht aufgedeckte rassistische, antisemitische und menschenfeindliche Verbrechen: Sie sind die Spitze eines Eisberges namens Hasskriminalität", sagt Beeko. "Hasskriminalität beruht auf strukturellen Diskriminierungen, die tief in Gesellschaften verwurzelt sind. Um dieses gesamtgesellschaftliche Phänomen zu verstehen und konkrete Handlungsoptionen zu erarbeiten, muss eine Gesellschaft den Menschen zuhören, die tagtäglich von Ausgrenzung, Hetze und Gewalt betroffen sind. Und sie muss aufhören, Diskriminierungen und rassistische Gewalt kleinzureden oder gar zu ignorieren."

Zwei dunkel gekleidete Frauen halten Bilder eines jungen Mannes hoch, dahinter ein Demonstrationszug.

Beeko fordert: "Der Schutz vor extremistischer, gruppenbezogener Gewalt ist eine Aufgabe der inneren Sicherheit. Der Staat ist gefordert, gefährdeten Menschen Schutz zu bieten und in Bildung, Sozialen Medien und öffentlichen Debatten Rassismus, Antisemitismus und anderen strukturellen Diskriminierungen entgegenzutreten. Der Umgang mit dem Verbrechen von Hanau ist ein trauriges Beispiel dafür, wie in der Vergangenheit immer wieder Vertrauen und Zeit durch Sicherheitsbehörden und Polizei verspielt wurde. Es ist gut, dass die neue Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Dringlichkeit des systematischen Vorgehens gegen rassistische und antisemitische Gewalt erkannt hat. Sie braucht dabei die Unterstützung aller und auch Betroffene und Selbstorganisation sind eng einzubeziehen."

"Polizei und Sicherheitsbehörden haben bei der Bekämpfung von Rassismus und rassistischer Gewalt eine zentrale Rolle. Die Polizei muss geschult und sensibilisiert werden, um rassistische Gewalt erkennen und bekämpfen zu können. Polizist_innen müssen für den Einsatz gegen Rassismus und den Schutz vor gruppenbezogener Gewalt fit gemacht werden", sagt Beeko. Sie müssen die gesellschaftliche Realität struktureller und institutioneller Diskriminierung reflektieren können. Dazu gehört, Betroffene und ihre Angehörigen bei der Strafverfolgung ernst zu nehmen und ihnen psychische Unterstützung anzubieten.

"Es braucht verpflichtende Antirassismus-Trainings für alle Sicherheitsbehörden bei Bund und Ländern und ein konsequentes Vorgehen gegen Rechtsextremismus und Rassismus in den eigenen Reihen", sagt Beeko. Dazu gehören auch unabhängige wissenschaftliche Untersuchungen zum Ausmaß rassistischer Einstellungen und angewandter Praktiken bei der Polizei, wie zum Beispiel Racial Profiling.

* Korrigiert in Initiative gegen Rechtsextremismus. In einer vorherigen Version der Pressemitteilung stand hier Initiative gegen Extremismus (17.03.2022).

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