Willkürliche Inhaftierungen

Karte Jemen

Karte Jemen

Drei Angehörige der Glaubensgemeinschaft der Baha'i befinden sich seit dem 10. August willkürlich in Haft. Einer von ihnen wurde sechs Wochen lang ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten. Gegen die drei Männer ist bisher keine Anklage erhoben worden. Sie sind gewaltlose politische Gefangene.

Appell an

SPRECHER DER HUTHI, ANSARULLAH-VERTRETER BEI DEN FRIEDENSGESPRÄCHEN
Mohamed Abdelsalam
(Anrede: Dear Sir / Sehr geehrter Herr Mohamed Abdelsalam)
E-Mail: mdabdalsalam@gmail.com

LEITER DER MENSCHENRECHTSABTEILUNG DER ANSARULLAH
Abdulmalik al-Ajari
(Anrede: Dear Sir / Sehr geehrter Herr Abdulmalik al-Ajari)
Facebook: http://on.fb.me/1n1y4Mn

LEITER DES PRÄSIDENTENBÜROS
Mahmod Abdulqader al-Jounid
Fax: (00 967) 1 274 147
E-Mail: mahmodaljounid@gmail.com

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER REPUBLIK JEMEN
S.E. Herrn Yahia Mohammed Abdullah Al-Shaibi
Rheinbabenallee 12, 14199 Berlin
Fax: 030- 89 73 05 62
E-Mail: info@botschaft-jemen.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 4. Januar 2017 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS, FACEBOOK-NACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte lassen Sie Keyvan Qadari, Nadim al-Sakkaf und Nader al-Sakkaf umgehend und bedingungslos frei, da sie gewaltlose politische Gefangene sind, die sich nur aufgrund ihres Glaubens in Haft befinden.

  • Sorgen Sie bitte dafür, dass sie bis zu ihrer Freilassung weder gefoltert noch anderweitig misshandelt werden, und regelmäßigen Zugang zu ihren Familien und Rechtsbeiständen ihrer Wahl erhalten.

  • Bitte kommen Sie Ihren Verpflichtungen unter dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte nach, welcher allen Menschen im Jemen, einschließlich den Angehörigen der Baha’i-Gemeinschaft, das Recht garantiert, eine Religion ihrer Wahl anzunehmen und diese öffentlich oder privat auszuüben.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the de facto Huthi/Saleh authorities to release Keyvan Qadari, Nadim al-Sakkaf and Nader al-Sakkaf immediately and unconditionally, because they are prisoners of conscience detained solely on account of their religious beliefs.

  • Urging them to ensure that, while detained, all three men are granted regular access to their families and lawyers of their choice and are protected from torture and other ill-treatment.

  • Urging them to respect its commitments to the International Covenant on Civil and Political Rights, guaranteeing the right of the Yemeni population, including the Baha’i community, to adopt and practice their religion publicly and privately.

Sachlage

Keyvan Qadari und die Brüder Nadim und Nader al-Sakkaf befinden sich seit dem 10. August ohne Anklage in Haft. Keyvan Qadari wurde die ersten sechs Wochen nach seiner Festnahme ohne Kontakt zur Außenwelt beim jemenitischen Sicherheitsdienst (National Security Bureau – NSB) festgehalten. Zwar durfte er am 23. September seine Familie anrufen, seitdem wird ihm jedoch erneut jeglicher Kontakt zu seiner Familie und seinem Rechtsbeistand verwehrt. Somit befindet er sich in erhöhter Gefahr, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden. Angehörige des NSB haben gedroht, Keyvan Qadari und seine Familie in den Iran abschieben zu lassen. Nadim und Nader al-Sakkaf durften ihre Angehörigen am 5. September bzw. am 18. Oktober zum ersten Mal anrufen. Beiden wurde am 30. Oktober ein Familienbesuch gewährt. Amnesty International ist der Ansicht, dass die drei Männer nur aufgrund ihres Glaubens oder ihrer friedlichen Aktivitäten für die religiösen Minderheit der Baha'i festgenommen und inhaftiert worden sind.

Am 10. August fand ein Jugendworkshop der Gemeinschaft der Baha’i in Sanaa, der jemenitischen Hauptstadt, statt. Keyvan Qadari und 64 weitere Teilnehmende wurden dabei von maskierten und bewaffneten Angehörigen des NSB festgenommen. Nadim und Nader al-Sakkaf mussten später am selben Tag beim NSB erscheinen und wurden ebenfalls inhaftiert. Nader al-Sakkaf informierte seine Familie am 18. Oktober telefonisch darüber, dass er und sein Bruder vom NSB zum Politischen Sicherheitsdienst in Sanaa (Political Security Office – PSO) gebracht wurden, wo sie sich noch immer befinden. Bei einem Besuch am 30. Oktober bestätigte Nader al-Sakkaf seiner Familie gegenüber, dass Keyvan Qadari ebenfalls zum PSO gebracht wurde und sie sich eine Zelle teilen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Bewaffnete Angehörige des NSB mit Sturmhauben haben am 10. August einen Workshop für Jugendliche der Gemeinschaft der Baha’i gestürmt und 65 Menschen (67 mit den später am selben Tag festgenommenen Brüdern Nadim und Nader al-Sakkaf) ohne Vorliegen eines Haftbefehls festgenommen, darunter auch sechs Kinder. Der NSB arbeitet eng mit der De-Facto-Regierung der Huthi-Gruppierung zusammen. Unter den 67 Festgenommenen befanden sich auch Ruhiyeh Thabet und Nafha Sanai, die Ehefrauen von Nadim und Nader al-Sakkaf. Ruhiyeh Thabet kam am 6. September wieder frei, nachdem sie gezwungen worden war, eine Erklärung zu unterzeichnen, dass sie "nicht mehr an gemeinnützigen Aktivitäten der Baha’i" teilnehmen wird. Nafha Sanai wurde am 21. August freigelassen, nachdem sie ebenfalls eine Erklärung unterschrieben hatte, dass sie "nicht an Aktivitäten der Baha’i teilnehmen und ihre Religion nur zuhause ausüben" wird.

Der NSB hat die Wohnungen von Nadim und Nader al-Sakkaf seit ihrer Festnahme zweimal durchsucht. Die erste Durchsuchung fand am 4. September, die zweite am 23. September statt. Maskierte und bewaffnete Männer beschlagnahmten dabei elektronische Geräte, Ausweisdokumente und weitere persönliche Schriftstücke sowie Literatur zur Glaubensgemeinschaft der Baha’i.

Nadim und Nader al-Sakkaf waren bereits im Mai 2015 von Mitgliedern der Huthi-Gruppierung festgenommen und zu ihrem Glauben und anderen Angehörigen der Baha’i-Gemeinschaft verhört worden. Nach zwei Tagen wurden sie ohne Anklage wieder freigelassen.

Keyvan Qadari wurde am 20. Juni 2008 von den jemenitischen Behörden festgenommen und vier Monate lang in Haft gehalten. In dieser Zeit soll er sich in unmittelbarer Gefahr befunden haben, in den Iran abgeschoben zu werden. Man hielt ihn 40 Tage lang ohne Kontakt zur Außenwelt fest und ließ ihn am 23. Oktober 2008 bedingungslos und ohne Anklageerhebung wieder frei.

Hamid Haydara, ebenfalls Angehöriger der Baha’i-Gemeinschaft, steht derzeit in Sanaa vor Gericht. Er war im Dezember 2013 inhaftiert worden, weil man ihm vorwirft, versucht zu haben, Muslim_innen zu seinem Glauben zu bekehren. Er ist unter anderem wegen "Abfalls vom Glauben", "Arbeit für die israelische Regierung" und "Untergrabung der Unabhängigkeit des jemenitischen Staates" angeklagt. All diese Straftatbestände werden laut jemenitischem Recht zwingend mit der Todesstrafe bestraft. Die nächste Anhörung in seinem Fall soll am 4. Dezember stattfinden.

Im September 2014 nahm die Huthi-Gruppierung, die größtenteils aus Angehörigen der zaiditisch-schiitischen Minderheit im Norden des Jemen besteht, einige Militär- und Sicherheitsposten in Sanaa ein. In der dritten Januarwoche 2015 griffen die Huthi Militärposten, den Präsidentenpalast und Regierungsgebäude an. Dies führte zum Rücktritt von Präsident Abd Rabbu Mansour Hadi und seiner Regierung. Die Huthi wurden infolgedessen die faktischen Machthaber der Hauptstadt und anderer Teile des Landes.

Seit Beginn der saudi-arabischen Luftangriffe im März 2015 ist die Zahl der willkürlichen Festnahmen, Inhaftierungen und Verschleppungen durch die bewaffnete Huthi-Gruppierung und alliierte Truppen, die den ehemaligen Präsidenten Ali Abdullah Saleh unterstützen, gestiegen. Hunderte Aktivist_innen, Menschenrechtsverteidiger_innen und Personen unterschiedlicher politischer Orientierung, die von den Huthi als Gegner_innen angesehen werden, wurden willkürlich festgenommen und inhaftiert, und in manchen Fällen auch gefoltert oder anderweitig misshandelt. Einige sind zum Opfer des Verschwindenlassens geworden.