Warten auf das Urteil

Drei Brüder, die sich seit Ende 2012 auf Kuba in Untersuchungshaft befinden, sind nun vor Gericht gestellt worden. Am 1. Juli sollen ihre Urteile verkündet werden. Sollten sie schuldig gesprochen werden, drohen ihnen Haftstrafen von drei bis fünf Jahren. Amnesty International betrachtet die drei Männer als gewaltlose politische Gefangene, die sich lediglich deshalb in Haft befinden, weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen haben.

Appell an

STAATS- UND REGIERUNGSCHEF
Raúl Castro Ruz
Presidente de la República de Cuba
La Habana, KUBA
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (0041) 22 758 9431 (kubanische Vertretung in Genf)
oder (001) 212 779 1697 (über die ständige Vertretung Kubas bei den UN)
E-Mail: cuba@un.int (c/o Cuban Mission to UN)

GENERALSTAATSANWALT
Dr. Darío Delgado Cura
Fiscal General de la República
Fiscalía General de la República, Amistad 552, e/Monte y Estrella, Centro Habana
La Habana, KUBA
(Anrede: Dear Attorney General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt / Sr. Fiscal General)

Sende eine Kopie an

UNPACU
Calle 9 no. 10, entre E y G
Altamira, Santiago de Cuba
Cuba C.P. 90200
E-Mail: leonardoramirez1973@gmail.com

BOTSCHAFT DER REPUBLIK KUBA
S.E. Herrn René Juan Mujica Cantelar
Stavanger Str. 20, 10439 Berlin
Fax: 030-916 4553
E-Mail:embacuba-berlin@botschaft-kuba.de oder embacuba-berlin@t-online.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 8. August 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte lassen Sie Alexeis Vargas Martín, Vianco Vargas Martín und Django Vargas Martín sofort und bedingungslos frei. Es handelt sich bei den Brüdern um gewaltlose politische Gefangene, die sich nur deshalb in Haft befinden, weil sie friedlich Gebrauch von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung gemacht haben.

  • Stellen Sie bitte sicher, dass alle BürgerInnen ihre Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit wahrnehmen können, ohne Vergeltungsmaßnahmen fürchten zu müssen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the authorities to release Alexeis Vargas Martín, Vianco Vargas Martín and Django Vargas Martín immediately and unconditionally, as they are prisoners of conscience, detained solely for peacefully exercising their right to freedom of expression.

  • Urging them to allow the free exercise of the right to freedom of expression, association and assembly, without fear of reprisal.

Sachlage

Der 22-jährige Alexeis Vargas Martín und seine 18-jährigen Zwillingsbrüder Vianco und Django Vargas Martín wurden im November beziehungsweise Dezember 2012 festgenommen. Die drei Brüder sind der anhaltenden Störung der öffentlichen Ordnung angeklagt (alteración del orden público de carácter continuado) und wurden am 13. Juni vor das Provinzgericht in Santiago de Cuba im Südosten Kubas gestellt. Die Urteilsverkündung ist für den 1. Juli anberaumt worden. Laut Amnesty International vorliegenden Informationen hat die Staatsanwaltschat fünf Jahre Haft für Alexeis Vargas Martín und jeweils drei Jahre Haft für die zur Tatzeit 16-jährigen Zwillinge Vianco und Django Vargas Martín gefordert. Berichten zufolge handelte es sich bei ihrer Verhandlung um ein Schnellverfahren, bei dem es der Verteidigung nicht gestattet war, ZeugInnen aufzurufen. Bei Verfahren mit politischem Hintergrund wie diesem halten sich die Richter_innen üblicherweise an das von der Staatsanwaltschaft geforderte Strafmaß.
Die Brüder kommen aus Santiago de Cuba und sind alle Mitglieder der Dissidentenorganisation Patriotische Union Kubas (Unión Patriótica de Cuba - UNPACU), die sich für mehr Bürgerrechte auf Kuba einsetzt. Alexeis Vargas Martín wird seit seiner Festnahme im Gefängnis Aguadores in der Provinz Santigo de Cuba festgehalten. Vianco und Django Vargas Martín befinden sich hingegen im Gefängnis Mar Verde in derselben Provinz.

Amnesty International geht davon aus, dass die drei Brüder nur deshalb festgenommen und inhaftiert wurden, weil sie friedlich Gebrauch von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung gemacht haben, und dass ihr Gerichtsverfahren andere RegierungskritikerInnen, vor allem Mitglieder der UNPACU, abschrecken soll. Es handelt sich bei den Brüdern daher um gewaltlose politische Gefangene, die umgehend und bedingungslos freigelassen werden müssen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am Nachmittag des 27. November 2012 kam Alexeis Vargas Martín nach Hause, als dort gerade eine "Demonstration der Ablehnung" (acto de repudio) stattfand. Sein Haus war umzingelt von RegierungsunterstützerInnen, weil seine Mutter, Miraida Martín Calderín, dort ein Treffen mit weiteren Frauen der Organisation Damas de Blanco abhielt. Alexeis Vargas Martìn wurde zunächst der Zutritt zu seinem eigenen Haus verwehrt, bevor PolizistInnen und BeamtInnen des Ministeriums für Staatssicherheit ihn festnahmen. Am 2. Dezember 2012 protestierten die damals 16-jährigen Zwillinge Vianco und Django Vargas Martín zusammen mit FreundInnen vor der Polizeiwache Micro 9 in Santiago de Cuba gegen die Inhaftierung ihres Bruders. Beide wurden festgenommen.

Anfang Juli 2013 informierten Angehörige des Ministeriums für Staatssicherheit die Familie der Brüder, dass die drei Männer gegen Kaution freikommen könnten. Alexeis, Vianco und Django Vargas Martín haben dies jedoch abgelehnt, da sie die Anschuldigungen der Polizei zurückweisen und ihre Unschuld beteuern.

Miraida Martín Calderín wurde ebenfalls am 2. Dezember 2012 festgenommen, als sie vor der Polizeiwache Tercera Unidas in Santiago de Cuba protestierte. Die Polizei warf ihr öffentlicher Ruhestörung (desordenes públicos) vor und brachte sie in den Frauentrakt des Gefängnisses Mar Verde. Am 20. Februar 2013 kam sie dann wieder aus der Haft frei, das Verfahren gegen sie war jedoch noch anhängig. Miraida Martín Calderín wurde wegen Störung der öffentlichen Ordnung sowie der Diffamierung von Institutionen, Helden und Märtyrern (difamación de las instituciones, héroes y mártires) am 13. Juni gemeinsam mit ihren drei Söhnen vor das Gericht in Santiago de Cuba gestellt. Sollte sie schuldig gesprochen werden, drohen ihr mindestens zwei Jahre Hausarrest.

Das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren ist in Kuba eingeschränkt, da die Gerichte und StaatsanwältInnen unter staatlicher Kontrolle stehen. Dies betrifft vor allem Verfahren, die politisch motiviert sind. Die kubanische Nationalversammlung wählt den Vorsitzenden, den stellvertretenden Vorsitzenden und die übrigen RichterInnen des Obersten Volksgerichtshofs sowie den Generalstaatsanwalt und den stellvertretenden Generalstaatsanwalt. Darüber hinaus unterstehen alle Gerichte der Nationalversammlung und dem Staatsrat. Dies lässt befürchten, dass die Gerichtsverfahren nicht den international anerkannten Standards für ein faires Verfahren entsprechen und auch das Recht auf ein Gerichtsverfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht nicht gegeben ist.

"Actos de repudio" (Demonstrationen der Ablehnung) sind von der Regierung koordinierte Demonstrationen, die i.d.R. vor den Häusern der politischen GegnerInnen durchgeführt werden. Daran nehmen RegierungsunterstützerInnen, Staatsbedienstete und Angehörige der Strafverfolgungsbehörden teil und sie dienen dazu, politische GegnerInnen zu drangsalieren und einzuschüchtern und sollen häufig auch Oppositionelle davon abhalten, an Aktivitäten teilzunehmen. Bei einer "Demonstration der Ablehnung" werden politische GegenerInnen und MenschenrechtlerInnen von Gruppen von Menschen, die regierungsfreundliche Slogans skandieren, verbal und physisch misshandelt. Normalerweise ist die Polizei anwesend, greift aber nicht ein, um diese Übergriffe zu stoppen. An diesen Aktionen sind häufig die "Brigadas de Respuesta Rápida" beteiligt, ein Netz schneller Einsatzbrigaden, die 1991 ins Leben gerufen wurden, aus ehrenamtlichen Mitgliedern der Kommunistischen Partei Kubas bestehen und die Aufgabe haben, sich jedem Anzeichen einer "Konterrevolution" entgegen zu stellen. Kubanische MenschenrechtsaktivistInnen und andere gehen davon aus, dass diese Vorfälle von den kubanischen Geheimdiensten gesteuert werden, um jede Opposition einzuschüchtern. Miraida Martín Calderín hat Amnesty International berichtet, dass Angehörige der "Brigadas de Respuesta Rápida" während der "Demonstration der Ablehnung" am 27. November 2012 Steine auf ihr Haus geworfen haben.