Verfahren erneut vertagt
Vereinigte Arabische Emirate
© Courtesy of the University of Texas Libraries
Dr. Nasser bin Ghaith erschien am 20. Juni zu seinem vierten Gerichtstermin vor der Staatssicherheitskammer des Obersten Gerichtshofs in Abu Dhabi. Der nächste Termin soll erst am 26. September stattfinden. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener und steht allein wegen der friedlichen Ausübung seiner Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit unter Anklage.
Appell an
VIZEPRÄSIDENT UND PREMIERMINISTER
HH Sheikh Mohammed Bin Rashid al-Maktoum
Prime Minister’s Office
PO Box: 212000, Dubai
VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE
(Anrede: Your Highness / Eure Hoheit)
Fax: (00 971) 4 330 4044
E-Mail: info@primeminister.ae
Twitter: @HHShkMoh
INNENMINISTER
Sheikh Saif bin Zayed Al Nahyan
Zayed Sport City, Arab Gulf Street
Near to Shaikh Zayed Mosque
POB: 398, Abu Dhabi
VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE
(Anrede: Your Highness / Eure Hoheit)
Fax: (00 971) 2 402 2762 oder
(00 971) 2 441 5780
E-Mail: moi@moi.gov.ae
Sende eine Kopie an
KRONPRINZ VON ABU DHABI
HH Sheikh Mohamed bin Zayed Al Nahyan
Crown Prince Court
King Abdullah Bin Abdulaziz, Al Saud Street
P.O. Box: 124, Abu Dhabi
VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE
Fax: (00 971) 2 668 6622
Twitter: @MBZNews
BOTSCHAFT DER VEREINIGTEN ARABISCHEN EMIRATE
S.E. Herr Ali Abdulla Mohamed Saeed Alahmed Hiroshimastraße 18-20
10785 Berlin
Fax: 030-5165 1900
E-Mail: AmbOffice.Berlin@mofa.gov.ae
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 15. August 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.
Amnesty fordert:
E-MAILS, FAXE, TWITTER-NACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
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Lassen Sie Dr. Nasser bin Ghaith bitte umgehend und bedingungslos frei, da die Anklagen gegen ihn lediglich auf der friedlichen Wahrnehmung seiner Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit beruhen.
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Leiten Sie bitte eine umfassende und unabhängige Untersuchung der von ihm erhobenen Vorwürfen über Verschwindenlassen, Folter und anderweitige Misshandlungen ein und stellen Sie sicher, dass vor Gericht keine Aussagen zugelassen werden, die durch Folter oder Misshandlung oder während der Zeit, in der er "verschwunden" war, erzwungen wurden.
- Sorgen Sie bitte dafür, dass Dr. Nasser bin Ghaith bis zu seiner Freilassung vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt wird und regelmäßigen Zugang zu einem Rechtsbeistand seiner Wahl und zu seiner Familie erhält.
PLEASE WRITE IMMEDIATELY
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Urging the authorities to immediately and unconditionally release Dr Nasser bin Ghaith as he is detained solely for peacefully exercising his rights to freedom of expression, association, and assembly.
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Calling on them to order a full and independent investigation into his allegations of enforced disappearance and torture and other ill-treatment, and to ensure that any proceedings against him exclude statements extracted from him under torture and other-ill-treatment or while subjected to enforced disappearance.
- Urging them to ensure that, while he is detained, Dr Nasser bin Ghaith is protected from torture and other ill-treatment, and has regular access to a lawyer of his choice and his family.
Sachlage
Dr. Nasser bin Ghaith erschien am 20. Juni vor der Staatssicherheitskammer des Obersten Gerichtshofs in Abu Dhabi. Dies war der vierte Termin, der zu seinem Fall stattgefunden hat. Die Aussagen der Zeug_innen der Anklage wurden angehört, zu denen auch ein Beamter der Staatssicherheit und ein Beamter der Behörde für Kriminaltechnik gehörten. Letzterer war damit beauftragt worden, elektronische Geräte zu untersuchen. Bei einem zeitlich beschränkten Kreuzverhör der Zeug_innen wurde der Rechtsbeistand von Dr. Nasser bin Ghaith unterbrochen, als er gerade Fragen im Zusammenhang mit der Anklage wegen "Kommunikation und Kooperation mit Angehörigen der verbotenen Organisation al-Islah" stellte. Dieser Anklagepunkt steht in Verbindung mit Treffen zwischen Dr. Nasser bin Ghaith, Dr. Mohammed al-Roken, einem der Angeklagten im Fall "VAE 94", und dem Generalsekretär von Amnesty International im Dezember 2011. Der Richter erlaubte es Dr. Nasser bin Ghaith nicht, sich vor Gericht zu äußern. Seit dem letzten Gerichtstermin am 23. Mai verweigert man ihm Treffen mit seinem Rechtsbeistand. Im Juni wurde Dr. Nasser bin Ghaith in das al-Sadr-Gefängnis in Abu Dhabi verlegt.
Die Staatsanwaltschaft versuchte, eine Verbindung zwischen Dr. Nasser bin Ghaith und dem Generalsekretär der emiratischen Umma-Partei, Hassan al-Doqqi, herzustellen, der im selben Fall vor Gericht steht. Unter anderem führten sie eine E-Mail an, die Hassan al-Doqqi 2012 an Dr. Nasser bin Ghaith geschrieben hatte und in der er ihn im Vorfeld der Gründung der Partei um Rat bat. Einer der Zeugen bestätigte jedoch auf Nachfrage, dass Dr. Nasser bin Ghaith nicht auf diese E-Mail geantwortet hatte.
Zu den Vorwürfen über Verschwindenlassen, Folter und anderweitige Misshandlungen, die Dr. Nasser bin Ghaith während seiner ersten beiden Gerichtstermine vorgebracht hatte, ist bisher noch keine unabhängige Untersuchung eingeleitet worden.
Hintergrundinformation
Am 18. August 2015 wurde Dr. Nasser bin Ghaith Opfer des Verschwindenlassens. Man hielt ihn in einem Geheimgefängnis fest, wo er gefoltert und anderweitig misshandelt wurde. Während seiner Gerichtstermine am 4. April und am 2. Mai 2016 berichtete er dem Richter von diesen Vorkommnissen. Er gab an, dass Beamt_innen der Vereinigten Arabischen Emirate ihn mehr als acht Monate lang in Geheimhaft festhielten und mit Schlägen und Schlafentzug folterten. Der Richter wies die Vorwürfe jedoch zurück und ordnete keine unabhängige Untersuchung an. Im Juni 2016 wurde Dr. Nasser bin Ghaith in das al-Adr-Gefängnis in Abu Dhabi verlegt.
Dr. Nasser bin Ghaith ist in mehreren Punkten angeklagt worden, darunter: "das Begehen feindseliger Handlungen gegen einen fremden Staat" wegen seiner Kommentare auf Twitter, in denen er die ägyptische Regierung kritisierte, die "Verbreitung falscher Informationen, um Ruf und Ansehen des Staates und einer ihrer Institutionen zu schädigen", weil er auf Twitter erklärt hatte, im Fall "VAE 5" kein faires Verfahren erhalten zu haben, die "Verbreitung falscher Informationen" zur Regierung der VAE und ihrer Politik sowie die "offensive Kritik am Bau eines Hindu-Tempels in Abu Dhabi und die Aufhetzung von Bürgern der VAE gegen ihre Führung und Regierung" wegen eines Tweets, der ihm zufolge vom Gericht falsch verstanden wurde und eigentlich zu Toleranz aufrufen sollte. Außerdem wird er der "Kommunikation und Kooperation mit Angehörigen der verbotenen Organisation al-Islah" angeklagt, weil er sich mit Personen traf, die im Fall "VAE 94" angeklagt waren, sowie der "Kommunikation und Kooperation mit der verbotenen emiratischen Umma-Partei". Amnesty International hat eine Auswahl der Tweets von Dr. Nasser bin Ghaith aus der Zeit vor seiner Festnahme überprüft. In keinem dieser Tweets fand sich ein Aufruf zu Gewalt oder Hass.
Im November 2013 wurde Dr. Nasser bin Ghaith von der emiratischen Umma-Partei eingeladen, einen Vortrag über islamische Wirtschaft zu halten. Dr. Nasser bin Ghaith unterhält keine offizielle Verbindung zu der Partei, die im November 2014 von den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) zur "terroristischen Vereinigung" erklärt wurde. Am 1. Mai 2016 gab die Umma-Partei in den Emiraten bekannt, dass er zum Parteivorsitzenden ernannt worden sei. Die Familie von Dr. Nasser bin Ghaith veröffentlichte umgehend ein Dementi in seinem Namen. Während seiner Haft hatte Dr. Nasser bin Ghaith ausgesagt, dass die Umma-Partei ihm den Parteivorsitz angeboten, er aber abgelehnt habe.
Dr. Nasser bin Ghaith und vier weitere Staatsangehörige der Vereinigten Arabischen Emirate (die sogenannten "VAE 5") wurden 2011 wegen Äußerungen angeklagt, die sie zuvor auf der Webseite Hewar, einem politischen Online-Diskussionsforum, getätigt hatten. Die Männer wurden wegen der "öffentlichen Beleidigung" des Präsidenten, des Vizepräsidenten sowie des Kronprinzen der VAE in dem Internetforum unter Anklage gestellt. Amnesty International betrachtet alle fünf Männer als gewaltlose politische Gefangene, da sie lediglich wegen der legitimen Wahrnehmung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung angeklagt wurden. Die VAE verstoßen damit gegen internationale Menschenrechtsnormen. Nach Ansicht von Amnesty International beruhte das Verfahren auf keiner rechtlich oder faktisch legitimen Basis und wurde gezielt eingeleitet, um politische Kritik zu unterdrücken bzw. zu verhindern. Aus diesem Grund ist das Gerichtsverfahren in seiner Begründung und Durchführung als äußerst unfair zu betrachten. Weitere Informationen (auf Englisch) finden Sie unter: https://www.amnesty.org/en/documents/mde25/008/2011/en.
Zwischen März und Juli 2013 fand vor der Staatssicherheitskammer des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Arabischen Emirate ein Verfahren gegen 94 emiratische Staatsangehörige statt, denen Verbindungen zur Organisation al-Islah nachgesagt wurden. Das Verfahren in diesem als "VAE 94" bekannten Fall entsprach nicht den internationalen Standards für faire Verfahren. Einer der Angeklagten, der aus dem Emirat Dubai stammende bekannte Menschenrechtsanwalt Mohammed al-Roken, leistet derzeit eine zehnjährige Haftstrafe wegen "versuchten Umsturzes der Regierung" ab. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener. Amnesty International hat das Verfahren im Fall "VAE 94" in einem englischsprachigen Bericht aus dem November 2014 dokumentiert. Den Bericht finden Sie online unter: http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE25/018/2014/en.