Menschenrechtlerin inhaftiert

Leyla Yunus

Leyla Yunus

Die Menschenrechtsverteidigerin Leyla Yunus und ihr Ehemann Arif Yunus sind wegen Landesverrats und anderer Straftaten angeklagt worden. Arif Yunus sind Reisebeschränkungen auferlegt worden. Leyla Yunus befindet sich in Untersuchungshaft und ist eine gewaltlose politische Gefangene.

Appell an

PRÄSIDENT
Ilham Aliyev
Office of the President of the Azerbaijan Republic
19 Istiqlaliyyat Street
Baku, AZ 1066
ASERBAIDSCHAN
(Anrede: Dear President Aliyev / Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 994) 12 492 0625
E-Mail: office@pa.gov.az

GENERALSTAATSANWALT
Zakir Qaralov
7 Rafibeyli Street
Baku, AZ 1001
ASERBAIDSCHAN
(Anrede: Dear Prosecutor General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
E-Mail: info@prosecutor.gov.az

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER REPUBLIK ASERBAIDSCHAN
S. E. Herrn Parviz Shahbazov
Hubertusallee 43
14193 Berlin
Fax: 030-2191 6152
E-Mail: berlin@mission.mfa.gov.az

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Englisch, Russisch, Aserbaidschanisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 11. September 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

LUFTPOSTBRIEFE, E-MAILS UND FAXE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte lassen Sie Leyla Yunus umgehend und bedingungslos frei.

  • Bitte stellen Sie sicher, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung in Aserbaidschan in vollem Umfang respektiert wird.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the authorities to release Leyla Yunus immediately and unconditionally.

  • Insisting on full respect for, and protection of, the right to freedom of expression in Azerbaijan.

Sachlage

Am 30. Juli war die Menschenrechtlerin Leyla Yunus gerade auf dem Weg zu einer Pressekonferenz, als mehrere Männer in Zivilkleidung ihren Wagen anhielten und den Fahrer zwangen, woandershin zu fahren. Vermutlich handelte es sich bei den Männern um Polizeibeamte. Daraufhin fehlte von Leyla Yunus einige Stunden lang jede Spur, bis die Generalstaatsanwaltschaft bei Arif Yunus, dem Ehemann von Leyla Yunus, anrief und ihn über ihre Inhaftierung informierte. Arif Yunus begab sich daraufhin zur Generalstaatsanwaltschaft, wurde verhört und ebenfalls festgenommen. Amnesty International betrachtet Leyla Yunus als gewaltlose politische Gefangene.

Noch am selben Tag ordnete ein Richter Untersuchungshaft für Leyla Yunus an. Einer Quelle in Aserbaidschan zufolge wird ihr Landesverrat, Steuerhinterziehung und Amtsmissbrauch vorgeworfen. Die Grundlage für die Anklage wegen Landesverrats wurde im Verfahren nicht erläutert. Der Vorwurf des Amtsmissbrauchs gründet sich offenbar auf eine Zuwendung, die die aserbaidschanische NGO Institute for Peace and Democracy erhalten hat, deren Vorsitzende sie ist. Die Behörden hatten Leyla Yunus die Registrierung der NGO untersagt. Gegen Arif Yunus wurden dieselben Vorwürfe erhoben. Ihm wurden Reisebeschränkungen auferlegt.

Leyla und Arif Yunus sind seit Wochen von der Polizei drangsaliert worden. Sie wurden beschattet und an der Ausreise gehindert, und ihre Reisepässe wurden am 28. April konfisziert. Die Menschenrechtlerin wurde zudem regelmäßig von der Staatsanwaltschaft vorgeladen und im Zusammenhang mit der strafrechtlichen Verfolgung des freien aserbaidschanischen Journalisten Rauf Mirgadirov verhört. Der Journalist war auf der Grundlage mutmaßlich konstruierter Anklagen, die ihm Spionage für Armenien zur Last legen, festgenommen worden.

Leyla Yunus hatte mit Rauf Mirgadirov an Versöhnungsprojekten mit armenischen NGOs gearbeitet. Sie übt zudem offen Kritik an der aserbaidschanischen Regierung. Am 25. Juli hatte Leyla Yunus eine Pressekonferenz organisiert, auf der sie wegen der schlimmen Menschenrechtslage in Aserbaidschan zu einem internationalen Boykott der ersten Europäischen Spiele aufgerufen hatte, die 2015 in Baku stattfinden sollen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Aserbaidschan befindet sich nach wie vor im Konflikt mit seinem Nachbarland Armenien über die von ethnisch armenischen Bevölkerungsgruppen bewohnte Region Nagorny-Karabach. Die Region erklärte 1991 einseitig ihre Unabhängigkeit von Aserbaidschan. Anfang der 1990er-Jahre brach zwischen Aserbaidschan und Armenien ein Krieg um die Region aus. Tausende Menschen starben, Hunderttausende wurden vertrieben. Die lokalen De-facto-Behörden in Nagorny-Karabach bewahren seit der brüchigen Waffenruhe, die 1994 vereinbart wurde, eine gewisse Unabhängigkeit. Sowohl Aserbaidschan als auch Armenien provozieren aus politischen Gründen immer wieder nationalistische Feindseligkeiten gegeneinander.

Amnesty International betrachtet seit Langem mit Sorge, dass die aserbaidschanischen Behörden ihre internationale Verpflichtung zum Schutz der Versammlungs-, Vereinigungs- und Meinungsfreiheit nicht erfüllen. Oppositionelle Stimmen im Land werden häufig von den Behörden bzw. von Gruppen mit Verbindungen zu den Behörden mit konstruierten Strafanzeigen, tätlichen Übergriffen, Schikanierung, Erpressung oder anderen Repressalien zum Schweigen gebracht. Ordnungskräfte greifen gegenüber zivilgesellschaftlichen Aktivist_innen regelmäßig auf Folter und andere Misshandlungen zurück und gehen dabei straffrei aus.

Unabhängige Menschenrechtsorganisationen sowie Organisationen, die sich für Demokratie einsetzen, werden in Aserbaidschan seit Langem schikaniert und eingeschränkt. In den vergangenen Jahren hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mehrere Urteile gefällt, laut denen die aserbaidschanischen Behörden gegen das Recht auf Vereinigungsfreiheit verstoßen, indem sie die Registrierung von NGOs willkürlich ablehnen oder verzögern. NGOs haben oft keine andere Wahl, als außerhalb des strengen Rechtsrahmens zu agieren, besonders was den Erhalt und die Eintragung von Zuwendungen angeht. Dies wird dann von den Behörden dazu genutzt, basierend auf finanziellen Unregelmäßigkeiten ein Strafverfahren gegen sie einzuleiten.

Amnesty International hat zahlreiche solcher Fälle wie der von Leyla und Arif Yunus dokumentiert. In Aserbaidschan gibt es derzeit mindestens 19 gewaltlose politische Gefangene, die allein deshalb in Haft sind, weil sie friedlich ihre Rechte auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit wahrnehmen wollten. Weitere Informationen finden Sie in dem englischsprachigen Bericht Behind bars: Silencing dissent in Azerbaijan, unter: http://www.amnesty.org/en/library/info/EUR55/004/2014/en.