Datum für Neuverhandlung weiter unklar

Mansur Mingelov

Mansur Mingelov

Der inhaftierte Mansur Mingelov wartet nach wie vor auf eine Neuverhandlung seines Falls. Die Behörden hatten ihm zugesichert, seinen Fall zu prüfen. Er war in einem unfairen Gerichtsverfahren zu einer Haftstrafe verurteilt worden.

Appell an

GENERALSTAATSANWALT
Amanmyrat Khallyyev
Ul. 2005 (Seidi) 4
744000 Ashgabat
TURKMENISTAN
(Anrede: Dear Prosecutor General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)

PRÄSIDENT
Gurbanguly Berdymukhamedov
Presidential Palace
744000 Ashgabat
TURKMENISTAN
(Anrede: Dear President / Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 993) 12 93 51 12
(bitte faxen Sie zwischen 11.00 und 16.00 Uhr MEZ)

Sende eine Kopie an

INNENMINISTER
Isgender Mulikov
Ul. 2033 (pr. Mahtumkuli) 85
744000 Ashgabat
TURKMENISTAN
Fax: (00 993) 12 39 1944 (bitte faxen Sie zwischen 11.00 und 16.00 Uhr MEZ)

BOTSCHAFT VON TURKMENISTAN
S.E. Herrn Toyly Atayev
Langobardenallee 14
14052 Berlin
Fax: 030-3010 2453
E-Mail: info@botschaft-turkmenistan.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Turkmenisch, Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 15. Dezember 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich bitte Sie eindringlich, ein sofortiges Wiederaufnahmeverfahren für Mansur Mingelov zu veranlassen, das den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entspricht. Hierzu zählt auch der Zugang zu einem Rechtsbeistand seiner Wahl.

  • Leiten Sie bitte unverzüglich eine unparteiische und wirksame Untersuchung aller durch Mansur Mingelov vorgebrachten Foltervorwürfe ein, identifizieren Sie alle für Folter oder Misshandlung Verantwortlichen und stellen Sie sie vor Gericht.

  • Bitte gewährleisten Sie die Sicherheit von Mansur Mingelov sowie seinen Familienangehörigen und allen Personen, die ihm nahe stehen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the authorities to grant a prompt retrial to Mansur Mingelov in line with international fair trial standards, including allowing him access to a lawyer of his choice.

  • Urging the authorities to initiate a prompt, impartial and effective investigation into all allegations of torture and other ill-treatment reported by Mansur Mingelov, and identify the perpetrators and bring them to justice.

  • Calling on the authorities to ensure that Mansur Mingelov, as well as his family members and anyone associated with him, are safe and free from reprisals.

Sachlage

Mansur Mingelov war aus Protest gegen seine 22-jährige Haftstrafe vom 19. Mai bis 8. Juni in den Hungerstreik getreten. Berichten zufolge beendete er den Hungerstreik, nachdem ihm von den Behörden zugesichert worden war, dass sein Fall zeitnah überprüft werde. Man gab Mansur Mingelov und seiner Familie zu verstehen, dass dies noch vor Ende Oktober erfolgen solle, wenn der Präsident im Zuge des 23. Jahrestags der Unabhängigkeit Turkmenistans am 27. Oktober ein Amnestiegesetz unterzeichnen werde, im Rahmen dessen auch Mansur Mingelov begnadigt würde. Dies ist allerdings nicht geschehen. Vertraulichen Quellen zufolge weigerte sich Mansur Mingelov, wie von den Behörden gefordert einen offenen Brief an den Präsidenten zu unterzeichnen, in dem er ihm für seine Freilassung danken sollte.

Mansur Mingelov verbüßt im Gefängnis LBK/11 in Seidi in der Provinz Lebap im Osten Turkmenistans eine 22 jährige Haftstrafe, zu der er am 10. November 2012 wegen mutmaßlicher Drogendelikte und Straftaten im Zusammenhang mit Pornografie in einem unfairen Verfahren verurteilt worden war. Er weist jedoch alle Vorwürfe von sich und beteuert seine Unschuld. Mansur Mingelov ist im Gefängnis zunehmendem Druck ausgesetzt, seitdem er öffentlich sein unfaires Verfahren und seine mögliche Verlegung in das Hochsicherheitsgefängnis Ovadan-Depe, was den Bedingungen seines Urteils widersprechen würde, angeprangert hat. Mansur Mingelov wurde am 6. Juni 2012 in Verbindung mit einer Strafsache, die seinen Bruder betraf, festgenommen. Sein Bruder war einen Tag zuvor festgenommen worden. Mansur Mingelov soll am Tag seiner Festnahme von Angehörigen des Staatsdienstes für die Sicherheit und den Schutz einer gesunden turkmenischen Gesellschaft geschlagen worden sein. Er wurde zudem Zeuge, wie sein Bruder während des Verhörs von Sicherheitskräften geschlagen wurde. Zwischen dem 25. Juni und dem 2. August 2012 – als er erneut festgenommen wurde – sammelte Mansur Mingelov Beweise für die Folterung und Misshandlung von Angehörigen der Gemeinschaft der Belutschen durch die Behörden. Diese legte er den turkmenischen Behörden und auch diplomatischen Vertreter_innen vor.

Amnesty International hat in Turkmenistan Fälle dokumentiert, in denen Opfer von Menschenrechtsverletzungen sowie Personen, die mit ihnen in Verbindung stehen (wie z. B. Familienangehörige), zur Zielscheibe von Schikane und Vergeltungsmaßnahmen wurden, nachdem ihre Fälle internationale Bekanntheit erlangten. Es wird befürchtet, dass nicht nur gegen Mansur Mingelov, sondern auch gegen seine nahen und entfernten Verwandten Vergeltungsmaßnahmen ergriffen werden könnten.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Mansur Mingelov wurde am 6. Juni 2012 festgenommen und am 10. September 2012 in einem unfairen Verfahren verurteilt, weil er pornografisches Material hergestellt und verteilt sowie Drogen geschmuggelt, hergestellt oder vertrieben haben soll (Paragrafen 156, 164, 254 und 292 des turkmenischen Strafgesetzbuchs). Vertraulichen Quellen zufolge soll Mansur Mingelov angegeben haben, den ihm von staatlicher Seite zugewiesenen Rechtsbeistand nur zweimal getroffen zu haben – nach ihrem ersten Treffen erst wieder bei der Gerichtsverhandlung. Während seiner Untersuchungshaft und im Laufe des Prozesses durfte Mansur Mingelov weder seine Familienangehörigen anrufen noch den Rechtsbeistand wechseln. Nach seiner Festnahme wurde er gegen seinen Willen für 15 Tage in ein Drogenrehabilitationszentrum verlegt. Am 22. Juni 2012 wurde er entlassen und legte bei der Generalstaatsanwaltschaft und dem turkmenischen Präsidenten Beschwerde gegen die Folter und Misshandlung seines Bruders ein. Dies führte zur Entlassung zweier Polizist_innen. Zwischen dem 25. Juni und dem 2. August 2012 – als er erneut festgenommen wurde – sammelte Mansur Mingelov Beweise dafür, dass auch andere Personen gefoltert und misshandelt wurden. Bei den meisten der mutmaßlichen Opfer handelt es sich um Belutschen aus der Provinz Mary welaýaty im Südosten Turkmenistans.

Mansur Mingelov hat bisher elf Fälle von Folter und anderer Misshandlung dokumentiert, die Angehörige der Gemeinschaft der ethnischen Belutschen in der Provinz Mary welaýaty betreffen. Die Informationen zu den Fällen brannte er auf CDs und schickte diese an die US-amerikanische Botschaft in der turkmenischen Hauptstadt Aşgabat sowie an die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und die Generalstaatsanwaltschaft. Mansur Mingelov zufolge erheben die Betroffenen unter anderem folgende Anschuldigungen gegen Angehörige der Sicherheitskräfte: Folter oder andere Misshandlung durch Verletzen der Knochen mit einem Meißel, Ziehen des Hodensacks mit einer Kneifzange, Elektroschocks sowie Schläge unter Einsatz von Stuhlbeinen und Plastikflaschen. Mansur Mingelov berichtet zudem, beim Staatsdienst für die Sicherheit und den Schutz einer gesunden turkmenischen Gesellschaft in Aşgabat einen Kasten mit Werkzeug gesehen zu haben, das speziell für Folterungen vorgesehen ist.

Einige turkmenische Menschenrechtsverteidiger_innen und Journalist_innen im Exil haben angegeben, dass Folter und Misshandlung in Turkmenistan ein sehr großes Problem ist. Es herrscht jedoch ein Klima der Angst, sodass kaum jemand Fälle von Folter oder Misshandlungen in Haft anzeigt oder nach der Entlassung aus dem Gefängnis darüber spricht. Diejenigen, die dies doch tun, sind ebenso wie ihre nahen und entfernten Verwandten Vergeltungsmaßnahmen durch die Behörden ausgesetzt. Amnesty International hat Fälle dokumentiert, in denen Personen, die solche Menschenrechtsverletzungen in Turkmenistan öffentlich machten, schikaniert und verfolgt wurden. Weitere Informationen finden Sie in dem englischsprachigen Bericht Turkmenistan: An "Era of Happiness" or more of the same repression?, online unter http://amnesty.org/en/library/info/EUR61/005/2013/en.

Soweit Amnesty International bekannt, wurde in Turkmenistan noch nie jemand für Folter oder andere Misshandlung strafrechtlich verfolgt. Auch gab es noch nie einen Fall, in dem durch Folter oder andere Misshandlung erlangte Beweise vor Gericht nicht zugelassen worden wären. Der UN-Ausschuss gegen Folter merkte in seinen abschließenden Beobachtungen zu Turkmenistan an, dass "das Fehlen umfassender und aufgeschlüsselter Daten zu Beschwerden, Untersuchungen, Strafverfolgungen und Verurteilungen in Fällen von Folter und Misshandlung durch Ordnungskräfte ein Erkennen möglicher zu beseitigender Missbrauchsmuster stark erschwert". Der Ausschuss empfahl daher den turkmenischen Behörden, klare statistische Daten zu sammeln und zu veröffentlichen.

Der UN-Ausschuss gegen Folter drückte in seinen abschließenden Beobachtungen vom Juni 2011 außerdem Besorgnis über Berichte aus, dass in Turkmenistan grundlegende Schutzmechanismen gegen Folter, wie beispielsweise das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand, unmittelbar nach der Festnahme nicht eingehalten werden.