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Libanese in Foltergefahr
Karte Vereinigte Arabische Emirate
© Courtesy of the University of Texas Libraries
Dem libanesischen Gefangenen Ahmad Ali Mekkaoui, der in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) eine 15-jährige Haftstrafe wegen Terrorismusvorwürfen verbüßt, wird seit dem 11. April jeglicher Kontakt zur Außenwelt verwehrt. Es besteht eine erhöhte Gefahr von Folter und anderweitigen Misshandlungen. Die Inhaftierung und das ursprüngliche Gerichtsverfahren wiesen eine Reihe schwerwiegender Mängel auf: zu einer willkürlichen Festnahme, einer übermäßig langen Untersuchungshaft, erzwungenen Geständnissen und mangelndem Zugang zu medizinischer Versorgung kommen die Foltervorwürfe des Verurteilten. Im April brachte der Staatsanwalt nun neue Anklagepunkte gegen Ahmad Ali Mekkaoui vor, nachdem seine Schwester und sein Rechtsbeistand sich in einem TV-Interview zu den Folterungen und dem unfairen Verfahren des Inhaftierten geäußert hatten.
Appell an
Sheikh Mohamed bin Zayed Al Nahyan
Crown Prince Court
King Abdullah Bin Abdulaziz Al Saud Street
P. O. Box 124, Abu Dhabi
VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE
Sende eine Kopie an
Botschaft der Vereinigten Arabischen Emirate
S. E. Herrn Ali Abdulla Mohamed Saeed Alahmed
Hiroshimastraße 18–20
10785 Berlin
Fax: 030-5165 1900
E-Mail: BerlinEmb.Amo@mofaic.gov.ae
Amnesty fordert:
- Bitte heben Sie das Urteil gegen Ahmad Ali Mekkaoui auf und lassen Sie ihn sofort frei, sofern es keine Beweise für eine international als Straftat anerkannte Handlung gibt, wie es das Völkerrecht und internationale Menschenrechtsnormen vorsehen.
- Sorgen Sie bitte in der Zwischenzeit dafür, dass Ahmad Ali Mekkaoui umgehend und fortan regelmäßig Zugang zu seinen Rechtsbeiständen, seiner Familie, Mitarbeiter_innen des libanesischen Konsulats und der erforderlichen medizinischen Hilfe erhält.
- Veranlassen Sie zudem bitte eine unabhängige und unparteiische Untersuchung der Foltervorwürfe von Ahmad Ali Mekkaoui wie durch das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe und das Istanbul-Protokoll vorgesehen.
Sachlage
Ahmad Ali Mekkaoui hatte am 11. April seine Schwester per Telefon über eine neue Anklage des Staatsanwalts informiert, nach der nicht nur gegen ihn selbst, sondern auch gegen seine Schwester und seinen Rechtsbeistand im Libanon wegen Verbreitung falscher Informationen mit dem Ziel der Rufschädigung der VAE ermittelt werden soll. Seit dem Tag des Telefongesprächs wird Ahmad Ali Mekkaoui ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten, und es ist davon auszugehen, dass ihm Folter und andere Misshandlungen drohen. Dem Inhaftierten zufolge steht die neue Anklage in Zusammenhang mit einem TV-Interview, in dem seine Schwester und sein Rechtsbeistand seine Folterungen und die Haftbedingungen in den VAE beschrieben haben.
Die Staatssicherheitskammer des Obersten Gerichtshofs hatte Ahmad Ali Mekkaoui am 31. Oktober 2016 zu 15 Jahren Haft verurteilt. Man hatte ihm unter anderem vorgeworfen, mit der Hisbollah (einer schiitischen Partei und Miliz im Libanon) zu kommunizieren, Geheiminformationen weiterzugeben und in den VAE eine nicht genehmigte internationale Gruppe aufzubauen. Der Gefangene berichtete dem Staatsanwalt zwar, dass er übermäßig lange und ohne Kontakt zur Außenwelt in Untersuchungshaft gesessen und zudem Folter und andere Formen der Misshandlung erlitten hatte – dazu gehörten Schläge ins Gesicht, das Ausreißen der Zehennägel, das Skalpieren der Kopfhaut und die Einführung einer Eisenstange in den Anus – aber diese Foltervorwürfe wurden nie untersucht. Stattdessen stützte sich das Gericht auf die unter Gewaltanwendung erzwungenen "Geständnisse", um Ahmad Ali Mekkaoui zu verurteilen.
Hintergrundinformation
Der 52-jährige Ahmad Ali Mekkaoui ist ein sunnitischer Libanese aus Tripoli im Nordlibanon. Vor seiner Festnahme führte er in Abu Dhabi, der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate, seine eigene Autowerkstatt.
Am 13. Oktober 2014 wurde er von zivil gekleideten Kräften der Staatssicherheit willkürlich in seinem Haus im Emirat Abu Dhabi festgenommen. In den ersten zwei Tagen nach seiner Festnahme durfte er nur zweimal seine Frau anrufen. Ihr gegenüber sagte er, er sei "sehr müde". Während der folgenden neun Monate hörte seine Familie nichts mehr von ihm, da er an einem unbekannten Ort und ohne Kontakt zur Außenwelt gefangen gehalten wurde. Ahmad Ali Mekkaoui saß in dieser Zeit in Einzelhaft und wurde unter Folter gezwungen, "Geständnisse" zu unterschreiben. Er wurde seinen Angaben zufolge skalpiert, mit einer Eisenstange vergewaltigt, ins Gesicht geschlagen und über zwei Wochen hinweg mit Schlafentzug gequält. Diese Misshandlungen führten zu einer Reihe gravierender gesundheitlicher Schäden, unter anderem zu einem einseitigen Verlust der Sehkraft, zu Knochenbrüchen in Nase und Fingern, einem Riss im Rektum und einer Wucherung im Hals. In der Folge musste sich Ahmad Ali Mekkaoui drei Mal im Zayed Militärkrankenhaus in Abu Dhabi operieren lassen. Im Oktober 2018 veröffentlichte die libanesische Zeitung al-Akhbar Tonaufnahmen, in denen der Inhaftierte seine Folterungen beschreibt.
14 Monate nach seiner Festnahme begann im Januar 2016 vor der Staatssicherheitskammer des Obersten Gerichtshofs der Prozess gegen Ahmad Ali Mekkaoui und sechs Mitangeklagte. Am 31. Oktober 2016 verurteilte ihn das Gericht zu 15 Jahren Gefängnis auf Grundlange des Anklagepunktes "Kommunikation mit der Hisbollah mit dem Ziel, dem militärischen und politischen Ansehen der VAE und ihren nationalen Interessen zu schaden, Geheiminformationen aus dem Verteidigungsbereich an die Hisbollah weiterzugeben und innerhalb der VAE ohne Genehmigung der Regierung eine internationale Organisation aufzubauen." Das Urteil war endgültig und konnte nicht mehr angefochten werden, da es vor Einführung des Gesetzes Nr. 11/2016 gefällt worden war, das in den VAE auch für Straftaten gegen die staatliche Sicherheit die Möglichkeit vorsieht, gegen ein Urteil Rechtsmittel einzulegen.
Am 15. September 2017 veröffentlichte die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen eine Stellungnahme (Opinion No. 47/2017), in der sie den "Freiheitsentzug" von Ahmad Ali Mekkaoui als willkürlich einstufte.
Am 11. April 2019 informierte der Gefangene seine Familie per Telefon darüber, dass der Staatsanwalt erneut Anklage gegen ihn erhoben habe, dieses Mal wegen "Schädigung des Ansehens der VAE". Hintergrund sei ein Fernsehinterview, in dem die Schwester und der libanesische Rechtsbeistand des Angeklagten über den Fall sprachen. Seit diesem Telefongespräch wird dem Inhaftierten jeglicher Kontakt zur Außenwelt verwehrt.