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USA: drohende Hinrichtung stoppen!
Diese Urgent Action ist beendet.
Kevin Johnson wurde am 29. November im US-Bundesstaat Missouri durch die Giftspritze hingerichtet, nachdem die Gerichte einen Hinrichtungsaufschub abgelehnt hatten und der Gouverneur keine Begnadigung ausgesprochen hatte. Kevin Johnson war 2007 wegen Mordes an einem Polizisten im Jahr 2005 zum Tode verurteilt worden.
Protestaktion vor dem Obersten Gerichtshof der USA in Washington für ein Verbot der Todesstrafe (Archivaufnahme)
© AFP via Getty Images
Kevin Johnson soll am 29. November 2022 im US-Bundesstaat Missouri hingerichtet werden. Er war Ende 2007 wegen des Mordes an einem Polizeibeamten zum Tode verurteilt worden. Der zum Tatzeitpunkt 19-Jährige hatte bereits jahrelange Entbehrungen sowie sexualisierte und körperliche Gewalt erlebt. Die Tat ereignete sich im Juli 2005 nur wenige Stunden, nachdem Kevin Johnsons damals 12-jähriger Bruder unerwartet an Herzversagen gestorben war. Kevin Johnson leidet seit langem an psychischen Erkrankungen. Dennoch wurden den Geschworenen vor der Urteilsfindung keine ärztlichen Gutachten vorgelegt zu den Auswirkungen, die der Tod seines Bruders oder seine eigene traumatische Kindheit und geistigen Einschränkungen auf Kevin Johnson gehabt haben könnten.
Appell an
Gouverneur von Missouri
Michael L. Parson
Office of Governor Michael L. Parson
P.O. Box 720
Jefferson City
MO 65102
USA
Sende eine Kopie an
Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika
I.E. Frau Amy Gutmann
Clayallee 170
14195 Berlin
Fax: 030-83 05 10 50
E-Mail: feedback@usembassy.de
Amnesty fordert:
- Bitte stoppen Sie die Hinrichtung von Kevin Johnson und sprechen Sie sich für die Umwandlung des Todesurteils in eine Haftstrafe aus.
Sachlage
Der Afroamerikaner Kevin Johnson soll am 29. November 2022 hingerichtet werden, nachdem die Geschworenen ihn Ende 2007 wegen des am 5. Juli 2005 an einem weißen Polizeibeamten der Stadt Kirkwood begangenen Mordes zum Tode verurteilt hatten. Die Straftat geschah am selben Tag wie der unerwartete Tod des 12-jährigen Bruders von Kevin Johnson. Kevin Johnson hatte eine traumatische Kindheit und lebt mit psychosozialen (geistigen) Einschränkungen.
Am 5. Juli 2005 hatte eine Polizeistreife in Meacham Park nahe der Stadt Kirkwood das Auto von Kevin Johnson bemerkt. Der damals 19-Jährige war nach einem früheren Vergehen auf Bewährung frei, es lag gegen ihn aber ein Haftbefehl wegen Verstoßes gegen seine Bewährungsauflagen vor. Die Polizeikräfte durchsuchten sein Auto, als Kevin Johnsons Großmutter aus ihrem angrenzenden Haus geeilt kam und um Hilfe rief: Kevin Johnsons 12-jähriger Bruder war plötzlich zusammengebrochen und ohnmächtig geworden. Kevin Johnson sah mit an, wie ein*e Polizeibeamt*in seine Mutter aus dem Haus zerrte und sie dann davon abhielt, zurück hinein zu ihrem bewusstlosen Sohn zu eilen. Kevin Johnsons Bruder wurde in ein Krankenhaus gebracht, wo er an Herzversagen starb.
Am Nachmittag des 5. Juli 2005, dem Todestag seines kleinen Bruders, traf Kevin Johnson ein weiteres Mal auf einen Polizeibeamten derjenigen Streife, die zuvor am Haus seiner Großmutter gewesen war. Kevin Johnson warf dem Polizeibeamten vor, seinen kleinen Bruder getötet zu haben und feuerte anschließend mehrere Male auf den Polizisten. Dieser überlebte, verlor aber die Kontrolle über seinen Streifenwagen, welcher die Straße runterrollte und gegen einen Baum prallte. Der Polizist konnte sich aus dem Auto befreien und Kevin Johnson feuerte daraufhin ein weiteres Mal auf ihn. Von den insgesamt sieben von Kevin Johnson abgefeuerten Schüssen war einer tödlich. Kevin Johnson gab später an, "ausgeflippt" zu sein und sich mental "wie in Trance" gefühlt zu haben.
Es wurde Anklage wegen Mordes gegen Kevin Johnson erhoben. Während der ersten Gerichtsverhandlung Anfang 2007 konnten sich die Geschworenen nicht einstimmig auf ein Strafmaß einigen: sie stimmten 10 zu 2 für einen Schuldspruch wegen Totschlags, nicht aber wegen Mordes. Ende 2007 kam es dann zu einer zweiten Gerichtsverhandlung in dem Fall, dieses Mal lautete die Anklage erneut auf Mord.
Kevin Johnson leidet seit seinem 6. Lebensjahr unter akustischen Halluzinationen und schweren Depressionen. Als Teenager versuchte er sich im Alter von 13 oder 14 Jahren das Leben zu nehmen. Während der zweiten Gerichtsverhandlung legte seine Verteidigung keine Expert*innengutachten bezüglich Kevin Johnsons Geisteszustand zum Zeitpunkt des tödlichen Schusswaffeneinsatzes vor.
2016 war ein Neuropsychologe zu dem Schluss gekommen, dass die Kombination aus psychischen Erkrankungen und gestörter Funktionsfähigkeit des Frontallappens des Gehirns dazu geführt hätte, dass Kevin Johnsons "moralischer Kompass quasi nicht vorhanden" gewesen sei, als er auf den Polizisten schoss. Eine solche medizinische Information "hätte im Gerichtsverfahren vorgebracht werden können, um mildernde Umstände und Kevin Johnsons moralische Schuldfähigkeit zum Tatzeitpunkt zu prüfen".
Während der 27-jährigen Berufszeit der*s Staatsanwält*in, der*die für Kevin Johnsons Fall zuständig war, gab es insgesamt fünf Fälle im Polizeidistrikt St. Louis County, bei denen Polizist*innen ums Leben kamen. In vier dieser Fälle waren die Angeklagten afroamerikanischer Herkunft, und in all diesen Fällen forderte die Staatsanwaltschaft die Todesstrafe. Im fünften Fall war die angeklagte Person weiß – hier forderte die Staatsanwaltschaft für die Tat nicht die Todesstrafe.
Amnesty International lehnt die Todesstrafe grundsätzlich und ohne Ausnahme ab, ungeachtet der Art und Umstände des Verbrechens, der Schuld oder Unschuld der Person oder der Hinrichtungsmethode, und setzt sich in allen Fällen für die Abschaffung der Todesstrafe ein.
Hintergrundinformation
The prosecutor charged Kevin Johnson with first-degree murder. Under Missouri law, a person commits murder in the first degree "if he or she knowingly causes the death of another person after deliberation upon the matter". Deliberation is defined as "cool reflection for any length of time no matter how brief". His first trial in St Louis County in early 2007 ended in a hung jury, which voted 10-2 for second-degree murder. A second trial began in late 2007. This time, in pursuit of a first-degree murder conviction, the prosecutor repeatedly emphasised that Kevin Johnson had deliberated with "cool reflection" before killing the officer because he made a "conscious decision" to do so. Even though second-degree murder is a knowing and intentional killing under state law – what the first jury in early 2007 had come close to convicting him of – the defence never objected to the prosecutor’s tactic. Neither did the defence obtain expert mental health opinion about Kevin Johnson’s state of mind at the time of the shootings, and whether it would have impacted his capacity to deliberate.
As a young child and teenager, Kevin Johnson endured a life of severe poverty, deprivation, sexual and physical abuse, and neglect. He had a history of serious depression and experienced auditory hallucinations and suicidal ideation. He tried to kill himself when he was 13 or 14. In 2016, a neuropsychological examination and review of voluminous background materials concluded that Kevin Johnson was "born into a violent, abusive, and neglectful environment, with a genetic predisposition to mental illness". It found that from a young age he had "developed a number of mental disorders, including Major Depressive Order, Attention Deficit Hyperactivity Disorder [ADHD], and psychosis; all of which have required treatment with psychotropic medications". He further suggested that such information could have been relevant to decision-makers at the trial, including "as a mitigating issue with regard to his moral culpability at the time of the offense". International law prohibits the death penalty against people with psychosocial (mental) disabilities. In this regard, the UN Human Rights Committee has said that states "must refrain from imposing the death penalty […] on persons who have limited moral culpability".
In 2005, the US Supreme Court – in line with international law – banned the death penalty for individuals under 18 at the time of the crime on grounds of their reduced moral culpability. It recognized young people’s immaturity, impulsiveness, poor judgment, and susceptibility to "negative influences and outside pressures, including peer pressure", as well as their potential for reform. It noted that "the qualities that distinguish juveniles from adults do not disappear when an individual turns 18". In 2018, adopting a resolution calling on all death penalty jurisdictions in the USA "to not execute or sentence to death anyone who was 21 years old or younger at the time of the offense", the American Bar Association pointed to "a growing scientific consensus that key areas of the brain relevant to decision-making and judgment continue to develop into the early twenties", part of the "evolving moral consensus that late adolescents share a lesser moral culpability with their teenage counterparts"
Kevin Johnson is Black. The murder victim was white. A recent expert study of 408 death penalty-eligible crimes in St Louis County committed between 1977 and 2018 (with sentencing dates between 1991 and 2020), after controlling for aggravating and mitigating factors, concluded that white-victim cases were 3.5 times more likely to result in a death sentence than cases in which the victims were Black. It further concluded that the race-of-victim effects were "particularly pronounced at two decision-points attributable solely to the prosecutor, the decision to charge the case as a first-degree murder and the decision to give notice of intention to seek death". In cases involving the murder of police officers, the St Louis County prosecutor’s office handled five such cases in the 27-year tenure of the Prosecuting Attorney who oversaw the trial of Kevin Johnson. Four of these cases involved Black defendants, against whom the prosecution sought the death penalty. It did not do so in the case of the one white defendant.