Sudanesen droht Abschiebung
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Den sudanesischen Staatsangehörigen Elgassim Mohamed Seed Ahmed und Elwaleed Imam Hassan Taha droht unmittelbar die Abschiebung aus Saudi-Arabien in den Sudan, wo ihnen Folter und andere Misshandlungen drohen würden. Die beiden Aktivisten werden seit dem 21. Dezember 2016 ohne Anklage und Gerichtsverfahren in Saudi-Arabien festgehalten. Sie sind gewaltlose politische Gefangene.
Setzt Euch für die beiden gewaltlosen politischen Gefangenen ein!
Appell an
König
His Majesty Salman bin Abdul Aziz Al Saud
The Custodian of the two Holy Mosques
Office of His Majesty the King
Royal Court
Riyadh
SAUDI-ARABIEN
Sende eine Kopie an
Botschaft des Königreichs Saudi-Arabien
S. E. Herrn Awwad Saleh A Alawwad
Tiergartenstr. 33-34
10785 Berlin
Amnesty fordert:
- Bitte lassen Sie Elgassim Seed Ahmed und Elwaleed Imam umgehend und bedingungslos frei, da sie gewaltlose politische Gefangene sind, die sich nur deshalb in Haft befinden, weil sie ihr Recht auf Meinungsfreiheit wahrgenommen haben.
- Bitte schieben Sie die beiden Männer in Übereinstimmung mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen Saudi-Arabiens nicht in den Sudan ab, da ihnen dort Folter und andere Misshandlungen drohen würden.
Sachlage
Den sudanesischen Staatsangehörigen Elgassim Mohamed Seed Ahmed und Elwaleed Imam Hassan Taha droht unmittelbar die Abschiebung aus Saudi-Arabien in den Sudan, wo ihnen Folter und andere Misshandlungen drohen würden. Die beiden Aktivisten werden seit dem 21. Dezember 2016 ohne Anklage und Gerichtsverfahren in Saudi-Arabien festgehalten. Sie sind gewaltlose politische Gefangene.
Amnesty International vorliegenden Informationen zufolge wurden Elgassim Mohamed Seed Ahmed und Elwaleed Imam Hassan Taha am 5. Juni von den Gefängnisbehörden des al-Ha’ir-Gefängnisses in der saudischen Hauptstadt Riad zur Vernehmung bestellt. Die Männer wurden in zwei separate Zellen gebracht, wo man ihnen die Augen verband und Handschellen anlegte. Dann befragte man sie dazu, wer als Sponsor für ihren Aufenthalt in Saudi-Arabien garantiert; ob sie Schulden haben oder ob ihnen jemand anders Geld schuldet; und ob sie in Saudi-Arabien Immobilien besitzen. Außerdem wurden sie aufgefordert, einem Familienmitglied in Saudi-Arabien eine Handlungsvollmacht für die Verwaltung ihrer Immobilien auszustellen. Am 7. Juni erschienen offenbar Beamt_innen am Arbeitsplatz von Elgassim Mohamed Seed Ahmed und Elwaleed Imam Hassan Taha, um ihre Reisepässe einzuziehen. Es soll sich dabei um Angehörige des Innenministeriums gehandelt haben. Die beiden Männer haben bis heute keinen Zugang zu rechtlicher Vertretung.
Elgassim Mohamed Seed Ahmed und Elwaleed Imam Hassan Taha waren zuletzt im März 2017 verhört worden. Damals teilten ihnen die Gefängnisbehörden mit, dass sie auf Geheiß der sudanesischen Behörden inhaftiert und vernommen worden waren. Von Angehörigen des Geheimdienstes des Innenministeriums (auch als al-Mabahith bekannt) erfuhren Elgassim Mohamed Seed Ahmed und Elwaleed Imam Hassan Taha, dass sie vor Gericht gestellt würden und ihnen dann möglicherweise eine Haftstrafe oder die Abschiebung in den Sudan drohe. Die Art und Weise des jüngsten Verhörs vom 5. Juni sowie der Einzug ihrer Reisepässe lässt befürchten, dass die Behörden die Abschiebung der beiden Männer in den Sudan vorbereiten. Dort würden ihnen die willkürliche Inhaftierung sowie Folter und andere Misshandlungen drohen.
Elgassim Mohamed Seed Ahmed und Elwaleed Imam Hassan Taha befinden sich seit dem 21. Dezember 2016 ohne Anklage im al-Ha’ir-Gefängnis in Haft. Sie berichteten ihren Familien, dass sie ungefähr acht Mal verhört wurden, meist zu ihrem Aktivismus in den sozialen Medien im Zuge der Unterstützung einer Protestaktion des zivilen Ungehorsams im Sudan im Dezember 2016 auf Facebook.
Hintergrundinformation
Elgassim Mohamed Seed Ahmed und Elwaleed Imam Hassan Taha leben seit 1998 bzw. seit 2013 in Saudi-Arabien. Beide Männer arbeiten für ein Zulieferunternehmen in Riad. Elgassim Seed Ahmed ist der Gründer einer offenen Facebook-Gruppe namens "The tragedy of the military and Kiezan governance in Sudan", die laut seiner Familie der sudanesischen Regierung kritisch gegenübersteht, doch seit der Festnahme von Elgassim Seed Ahmed gehackt ist. Elwaleed Imam ist Mitglied dieser Gruppe. Am 19. Dezember 2016 unterstützten beide Männer in den sozialen Medien einen Tag des zivilen Ungehorsams im Sudan, mit dem gegen neue wirtschaftliche Sparmaßnahmen der Regierung protestiert wurde.
Beide Männer wurden am 21. Dezember 2016 gegen 17 Uhr von Sicherheitsbeamt_innen in Zivil vor ihrem Arbeitsplatz festgenommen. Man fuhr sie zu ihren jeweiligen Wohnungen, in der die Beamt_innen dann eine Durchsuchung durchführten. Die Beamt_innen sagten der Familie von Elgassim Seed Ahmed, sie seien von der Sicherheitsabteilung des Innenministeriums und er würde gegen Mitternacht wieder freigelassen werden. Sie legten den Familien der beiden Männer weder einen Haftbefehl noch einen Durchsuchungsbeschluss vor. Die beiden Männer wurden von der Festnahme bis zum 13. Februar 2017 ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten und durften erst am 13. Februar wieder Besuch von ihren Familien empfangen. Sie blieben jedoch weiterhin in Einzelhaft. Erst am 6. März wurden sie in eine gemeinsame Zelle verlegt. Die beiden hatten zu keiner Zeit, weder während der anhaltenden Haft noch während der Verhöre, eine rechtliche Vertretung.
Der Grundsatz der Nicht-Zurückweisung (non-refoulement) untersagt die Überstellung von Personen in Staaten oder Territorien, in denen ihnen schwere Menschenrechtsverletzungen drohen. Saudi-Arabien muss diesen völkerrechtlichen Grundsatz respektieren. Das Non-Refoulement-Prinzip gilt als Völkergewohnheitsrecht, weshalb alle Staaten zu seiner Einhaltung verpflichtet sind, selbst wenn sie die jeweiligen Abkommen nicht ratifiziert haben. Als Vertragsstaat des Übereinkommens gegen Folter ist Saudi-Arabien zudem die Abschiebung oder Rückführung von Personen in Länder untersagt, von denen mit berechtigtem Grund angenommen werden kann, dass den Betroffenen dort Folter drohen würde.
Amnesty International hat in Saudi-Arabien die Inhaftierung eines weiteren sudanesischen Staatsangehörigen und politischen Aktivisten dokumentiert. Es handelt sich um Alaa Aldin Dafalla al-Difana (siehe auch UA-050/2017), einen 44-jährigen Vater von sechs Kindern und Angestellten bei einer Fahrschule in Mekka im Westen von Saudi-Arabien. Alaa Aldin al-Difana wurde am 26. Dezember 2016 gegen 9 Uhr von vier Sicherheitsbeamt_innen des Innenministeriums in seiner Wohnung in Mekka festgenommen. Sie durchsuchten seine Wohnung und sein Auto, beschlagnahmten sein Telefon und Papiere und legten weder einen Haftbefehl noch einen Durchsuchungsbeschluss vor. Alaa Aldin al-Difana ist Journalist, langjähriger Aktivist in der politischen Opposition und Mitglied der Nationalen Umma Partei (Hizb al-Umma al-Qawmi), einer oppositionellen Partei im Sudan. Zuletzt hatte Alaa Aldin al-Difana auf seiner Facebook-Seite seine Unterstützung für den zivilen Ungehorsam im November und Dezember 2016 im Sudan zum Ausdruck gebracht. Offenbar ist er in Verbindung mit seinen Online-Aktivitäten inhaftiert worden.
Des Weiteren hat Amnesty International 2016 und Anfang 2017 viele weitere Fälle dokumentiert bzw. Berichte über Fälle erhalten, in denen der sudanesische Geheimdienst NISS scharf gegen regierungskritische Aktivist_innen, Menschenrechtsverteidiger_innen und zivilgesellschaftlich engagierte Personen vorgegangen ist. Im November 2016 wurden mindestens 23 Mitglieder politischer Oppositionsparteien von Angehörigen des NISS festgenommen. Die Festnahmen waren eine Reaktion auf sporadische Proteste von Aktivist_innen und Oppositionellen gegen den Anstieg der Benzin-, Strom-, Transport-, Nahrungsmittel- und Medizinkosten im Sudan. Politische Aktivist_innen riefen zudem zu einem landesweiten dreitägigen Streik im November und einem eintägigen Streik im Dezember 2016 auf, die jeweils regen Zuspruch fanden. Im Dezember und Anfang Januar wurden einige Aktivist_innen ohne Anklageerhebung wieder auf freien Fuß gesetzt. Mindestens zehn Aktivist_innen und Menschenrechtsverteidiger_innen befinden sich jedoch nach wie vor ohne Anklage in Haft. Viele von ihnen wurden im Gewahrsam gefoltert oder anderweitig misshandelt.
Please write immediately
- Calling on the Saudi Arabian authorities to release Elgassim Seed Ahmed and Elwaleed Imam immediately and unconditionally, as they are prisoners of conscience detained solely for the peaceful exercise of their right to freedom of expression.
- Urging them, in accordance with their obligations under international law, to not deport the two men to Sudan, where there is a real risk they would be subjected to torture and other ill-treatment.