Sudanesen verhört

Freispruch statt Auspeitschung!

Freispruch statt Auspeitschung!

Zwei sudanesische Staatsangehörige, die seit ihrer Festnahme im Dezember 2016 bis zum 13. Februar ohne Kontakt zur Außenwelt in Saudi-Arabien in Haft waren, sind danach von den saudischen Behörden zu ihrem Aktivismus in den sozialen Medien vernommen worden und warten nun auf ihre Gerichtsverfahren. Man hat ihnen mitgeteilt, dass sie möglicherweise in den Sudan abgeschoben werden könnten. Dort drohen ihnen Folter und andere Misshandlungen. Die beiden sind gewaltlose politische Gefangene.

Appell an

KÖNIG His Majesty, King Salman bin Abdul Aziz Al Saud The Custodian of the two Holy Mosques Office of His Majesty the King, Royal Court, Riyadh SAUDI-ARABIEN (Anrede: Your Majesty / Majestät) Fax: (00 966) 11 403 3125 (über das Innenministerium) Twitter: @KingSalman

INNENMINISTER His Royal Highness, Prince Mohammed bin Nayef bin Abdul Aziz Al Saud, Ministry of Interior, P.O. Box 2933, Airport Road, Riyadh 11134 SAUDI-ARABIEN (Anrede: Your Excellency / Exzellenz) Fax: (00 966) 11 403 3125 Twitter: @M_Naif_Alsaud

Sende eine Kopie an

MENSCHENRECHTSKOMMISSION Bandar Mohammed 'Abdullah al-Aiban

P.O. Box 58889, Riyadh 11515

King Fahd Road, Building No. 3, Riyadh SAUDI-ARABIEN Fax: (00 966) 11 418 510

 

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS SAUDI-ARABIEN S. E. Herrn Awwad Saleh A Alawwad Tiergartenstr. 33-34, 10785 Berlin Fax: 030-8892 5179

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 28. April 2017 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, TWITTER-NACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte lassen Sie Elgassim Seed Ahmed und Elwaleed Imam umgehend und bedingungslos frei, da sie gewaltlose politische Gefangene sind, die sich nur deshalb in Haft befinden, weil sie ihr Recht auf Meinungsfreiheit wahrgenommen haben.

  • Garantieren Sie bitte, dass die Inhaftierten bis zu ihrer Freilassung vor Folter und anderer Misshandlung geschützt sind und regelmäßigen Zugang zu ihren Familien und Rechtsbeiständen ihrer Wahl erhalten.

  • Bitte stellen Sie sicher, dass die beiden Männer in Übereinstimmung mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen Saudi-Arabiens nicht in den Sudan abgeschoben werden, wo ihnen Folter und andere Misshandlungen drohen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the Saudi Arabian authorities to release Elgassim Seed Ahmed and Elwaleed Imam immediately and unconditionally, as they are prisoners of conscience detained solely for the peaceful exercise of their right to freedom of expression.

  • Urging them to ensure that, pending their release, the two men are protected from torture and other ill-treatment, and granted regular access to their families and a lawyer of their choice without delay.

  • Urging them, in accordance with their obligations under international law, to ensure that the two men are not deported to Sudan, where there is a real risk they would be subjected to torture and other ill-treatment.

Sachlage

Die sudanesischen Staatsbürger Elgassim Mohamed Seed Ahmed und Elwaleed Imam Hassan Taha befinden sich seit dem 21. Dezember 2016 ohne Anklage in Haft. Sie berichteten ihren Familien, dass sie nach der Unterstützung einer Protestaktion des zivilen Ungehorsams im Sudan im Dezember 2016 auf Facebook ungefähr acht Mal von Angehörigen des Geheimdienstes des Innenministeriums (auch als al-Mabahith bekannt) verhört wurden, meist zu ihrem Aktivismus in den sozialen Medien. Angehörige des Sicherheitsdienstes teilten ihnen mit, sie seien auf Veranlassung der sudanesischen Behörden hier und möglicherweise würde man sie in den Sudan abschieben.

Beide Männer wurden vom Zeitpunkt ihrer Festnahme bis zum 13. Februar ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten. Am 13. Februar durften ihren Familienangehörigen sie zum ersten Mal besuchen. Sie blieben jedoch weiterhin in Einzelhaft im Al-Ha'ir-Gefängnis in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad. Erst am 6. März wurden sie in eine gemeinsame Zelle verlegt. Die beiden hatten zu keiner Zeit, weder während der anhaltenden Haft noch während der Verhöre, eine rechtliche Vertretung. Sie warten derzeit auf den Beginn ihres Gerichtsverfahrens. Elgassim Seed Ahmed ist der Gründer einer offenen Facebook-Gruppe namens "The tragedy of the military and Kiezan governance in Sudan", die laut seiner Familie der sudanesischen Regierung kritisch gegenübersteht, doch seit der Festnahme von Elgassim Seed Ahmed gehackt ist. Elwaleed Imam ist Mitglied dieser Gruppe. Am 19. Dezember 2016 unterstützten beide Männer in den sozialen Medien einen Tag des zivilen Ungehorsams im Sudan, mit dem gegen neue wirtschaftliche Sparmaßnahmen der Regierung protestiert wurde.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Elgassim Mohamed Seed Ahmed und Elwaleed Imam Hassan Taha leben seit 1998 bzw. seit 2013 in Saudi-Arabien. Beide Männer arbeiten für ein Zulieferunternehmen in Riad. Sie wurden am 21. Dezember gegen 17 Uhr von Sicherheitsbeamt_innen in Zivil vor ihrem Arbeitsplatz festgenommen. Man fuhr sie zu ihren jeweiligen Wohnungen, in der die Beamt_innen dann eine Durchsuchung durchführten. Die Beamt_innen sagten der Familie von Elgassim Seed Ahmed, sie seien von der Sicherheitsabteilung des Innenministeriums und er würde gegen Mitternacht wieder freigelassen werden. Sie legten den Familien der beiden Männer weder einen Haftbefehl noch einen Durchsuchungsbeschluss vor. Die beiden Männer wurden von der Festnahme bis zum 13. Februar 2017 ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten und durften keinen Besuch ihrer Familien empfangen. Laut den Familien haben Elgassim Seed Ahmed und Elwaleed Imam die Sicherheitsbeamt_innen nach ihren Verhören so verstanden, dass sie jetzt auf das Gerichtsverfahren warten und danach entweder eine Gefängnisstrafe verbüßen müssen oder abgeschoben werden.

Amnesty International hat darüber hinaus die Inhaftierung eines anderen sudanesischen Staatsangehörigen und politischen Aktivisten in Saudi-Arabien dokumentiert. Es handelt sich um Alaa Aldin Dafalla al-Difana (siehe auch UA-050/2017), einen 44-jährigen Vater von sechs Kindern und Angestellten bei einer Fahrschule in Mekka im Westen von Saudi-Arabien. Alaa Aldin al-Difana wurde am 26. Dezember 2016 gegen 9 Uhr von vier Sicherheitsbeamt_innen des Innenministeriums in seiner Wohnung in Mekka festgenommen. Sie durchsuchten seine Wohnung und sein Auto, beschlagnahmten sein Telefon und Papiere und legten weder einen Haftbefehl noch einen Durchsuchungsbeschluss vor. Seither wird er überwiegend ohne Kontakt zur Außenwelt im Dhahban-Gefängnis außerhalb von Dschidda im Westen Saudi-Arabiens festgehalten. Dadurch ist er in Gefahr, gefoltert oder in anderer Weise misshandelt zu werden. Alaa Aldin al-Difana ist Journalist, langjähriger Aktivist in der politischen Opposition und Mitglied der Nationalen Umma Partei (Hizb al-Umma al-Qawmi), einer oppositionellen Partei im Sudan. Zuletzt hatte Alaa Aldin al-Difana auf seiner Facebook-Seite seine Unterstützung für den zivilen Ungehorsam im November und Dezember 2016 im Sudan zum Ausdruck gebracht. Offenbar ist er in Verbindung mit seinen Online-Aktivitäten inhaftiert worden.

Am 3. November 2016 hatte die sudanesische Regierung neue Sparmaßnahmen verhängt, um das Handelsdefizit (höhere Importkosten als Exporteinnahmen) zu reduzieren und den Verfall des Wechselkurses des Sudanesischen Pfunds zu stoppen. Die neuen Sparmaßnahmen haben zu einem deutlichen Anstieg der Preise für Benzin, Strom, Verkehrsmittel, Nahrungsmittel und medizinische Versorgung geführt. Um die Auswirkungen dieses Anstiegs abzufangen, hat die Regierung eine Lohnerhöhung von 20 Prozent angekündigt. Aus Protest gegen die neue Wirtschaftspolitik der Regierung riefen politische Aktivist_innen zu einem dreitägigen landesweiten Streik auf, der am 27. November 2016 begann. Es wurde zu einer weiteren Aktion für den 19. Dezember aufgerufen, an der Aktivist_innen im Sudan und in anderen Ländern teilnahmen. Anfang November begann die sudanesische Regierung damit, Dutzende politische Aktivist_innen festzunehmen und verstärkt die Pressefreiheit einzuschränken. Zwischen November und Dezember 2016 wurden 23-mal die Ausgaben von sieben Zeitungen konfisziert.