DEINE SPENDE KANN LEBEN RETTEN!
Mit Amnesty kannst du dort helfen, wo es am dringendsten nötig ist.
DEINE SPENDE WIRKT!
Journalistin angeklagt
© Amnesty International
Maria Ressa, Menschenrechtsverteidigerin und Chefredakteurin der Nachrichtenwebsite Rappler, wurde am 14. Mai vor einem Gericht wegen "Online-Verleumdung" unter Anklage gestellt. Auf der Website Rappler werden regelmäßig der philippinische Präsident Rodrigo Duterte und seine Regierung kritisiert. Die Festnahme und strafrechtliche Verfolgung von Maria Ressa scheinen Teil eines größer angelegten Versuchs zu sein, Regierungskritier_innen zum Schweigen zu bringen.
Appell an
Menardo I. Guevarra
Department of Justice
DOJ Building, Padre Faura Street
Ermita, Manila 1000
PHILIPPINEN
Sende eine Kopie an
Botschaft der Republik Philippinen
Frau Lillibeth Pono, Geschäftsträgerin a.i
Luisenstr. 16, 10117 Berlin
Fax: 030-873 2551
E-Mail: info@philippine-embassy.de
Amnesty fordert:
- Bitte leiten Sie sofort Maßnahmen ein, um die Pressefreiheit auf den Philippinen zu wahren und zu schützen.
- Lassen Sie bitte die offenbar politisch motivierten Anklagen gegen Maria Ressa und Rappler fallen.
- Beenden Sie bitte umgehend die Schikanen gegen die Medien, Journalist_innen und Kritiker_innen von Präsident Rodrigo Duterte. Stellen Sie bitte sicher, dass die Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit nicht eingeschränkt werden.
Sachlage
Maria Ressa, Menschenrechtsverteidigerin und Chefredakteurin der Nachrichtenwebsite Rappler, wurde im Februar und März auf Grundlage offenbar politisch motivierter Anschuldigungen festgenommen. Bereits im Dezember 2018 waren gegen Maria Ressa und ihre Firma Rappler Holdings Corporation Vorwürfe wegen Steuerhinterziehung erhoben worden. Die Anklagen sind bis heute vor Gericht anhängig.
Am 13. Februar war sie festgenommen und nach einer Nacht im Gefängnis gegen Kaution freigelassen worden. Am 29. März wurde sie erneut festgenommen, weil sie gegen das sogenannte Anti-Dummy-Gesetz verstoßen haben soll, das das Eigentum an Mediengroßunternehmen auf philippinische Staatsangehörige und philippinische Firmen beschränkt. Maria Ressa werden außerdem in vier Fällen Verstöße gegen das Steuergesetz zur Last gelegt, indem sie bestimmte Finanzinstrumente eingesetzt habe. Die Menschenrechtsverteidigerin macht hingegen geltend, dass bei ihren Handlungen kein zu versteuerndes Einkommen entstanden sei.
Seit Rodrigo Duterte 2016 zum Präsidenten gewählt wurde, hat die Nachrichtenwebsite Rappler regelmäßig auf die Realität des "Kampfs gegen Drogen" aufmerksam gemacht: Tausende in Armut lebende und marginalisierte Menschen wurden in diesem "Kampf" rechtswidrig getötet. Die kontinuierliche Berichterstattung über diese Menschenrechtsverletzungen auf der Website hat den Zorn der philippinischen Behörden auf sie gezogen.
Acht Strafverfahren sind seit Januar 2018 gegen Maria Ressa eröffnet worden. Damals hatte die Philippinische Behörde für Wertpapiere und Währungsfragen (Philippine Securities and Exchange Commission) versucht, Rappler zu schließen. Gegen die Website Rappler, ihre Leitung und die Belegschaft sind insgesamt elf Strafverfahren anhängig. Die Anklageerhebung, die Festnahme und das strafrechtliche Verfahren gegen Maria Ressa scheinen Teil eines größer angelegten Versuchs zu sein, Regierungskritier_innen zum Schweigen zu bringen.
Hintergrundinformation
Maria Ressa und der ehemalige Rappler-Mitarbeiter Reynaldo Santos Jr. sind wegen Online-Verleumdung unter Anklage gestellt worden. Die Anklage bezieht sich auf einen Online-Artikel, der Mai 2012 veröffentlicht wurde – also mehrere Monate bevor das neue Gesetz zur Cyberkriminalität in Kraft trat. Nachdem das philippinische Justizministerium erklärt hatte, dass die Verjährungsfrist, innerhalb derer die vermeintliche Tat zur Anzeige gebracht werden muss, bei Online-Verleumdung zwölf Jahre betrage, nicht wie bei anderen Fällen von Verleumdung nur ein Jahr, legten Maria Ressa und Reynaldo Santos Rechtsmittel ein. Am 12. April wies das Regionalgericht in Manila die Rechtsmitel zurück und bestätigte die vom Justizministerium vertretene Haltung zur Verjährungsfrist. Bei der zweiten Anhörung am 14. Mai lehnten sowohl Maria Ressa als auch Reynaldo Santos es ab, sich schuldig oder nicht schuldig zu bekennen, woraufhin das Gericht nach den Richtlinien im Namen der beiden auf "nicht schuldig" plädierte.
Maria Ressa wurde am Abend des 13. Februar 2019 wegen Online-Verleumdung festgenommen. Da die zuständige Behörde zu dem Zeitpunkt geschlossen hatte, konnte Maria Ressa die Kautionssumme erst am folgenden Morgen bei Gericht hinterlegen und musste eine Nacht in Gewahrsam verbringen.
Am 29. März wurde sie erneut festgenommen, weil sie gegen das sogenannte Anti-Dummy-Gesetz verstoßen haben soll, das das Eigentum an Mediengroßunternehmen auf philippinische Staatsangehörige und philippinische Firmen beschränkt. Gegen die/den geschäftsführende_n Herausgeber_in und fünf weitere Mitglieder des Vorstands von Rappler wurde ebenfalls Anklage erhoben. Maria Ressa hinterlegte eine Kaution in Höhe von 90.000 philippinischen Pesos (umgerechnet über 1500 Euro) und wurde daraufhin freigelassen. Die sechs weiteren Beschuldigten zahlten denselben Betrag, noch ehe Haftbefehle gegen sie ausgestellt wurden. Die Nationale Ermittlungsbehörde der Philippinen erhob Anklage gegen Maria Ressa und die anderen leitenden Rappler-Angestellten mit der Begründung, sie hätten gegen das sogenannte Anti-Dummy-Gesetz verstoßen, indem sie mithilfe eines Finanzinstruments (Philippine Depositary Receipts – PDR) Investitionsmöglichkeiten an die international operierende Gesellschaft Omidyar Network übertragen hätten. Mithilfe von PDR können ausländische Investor_innen in philippinische Firmen investieren, ohne "Stakeholder", also Beteiligte, zu werden. Das philippinische Berufungsgericht für Steuerstraftaten wies auch dann das Argument zurück, es handele sich bei dem Vorgehen nicht um ausländische Eigentümerschaft, nachdem Omidyar die Finanzinstrumente an 14 philippinische Manager von Rappler übertragen hatte.
Im Dezember 2018 erging ein weiterer Haftbefehl gegen Maria Ressa. Maria Ressa und Rappler Holdings, dessen Präsidentin sie ist, wurden wegen Verletzung der Steuergesetze von 2015 angeklagt. Die Anklage stand damit in Verbindung, dass sie Geldmittel über Philippine Depositary Receipts (PDR) erhalten hatten.
Insgesamt drohen Maria Ressa in acht Anklagepunkten Gerichtsverfahren: fünf Anklagen wegen Steuerstrafsachen, eine Anklage wegen Online-Verleumdung, eine wegen Verleumdung und eine wegen Verstoßes gegen das Anti-Dummy-Gesetz. All diese Verfahren zählen zu den elf Fällen, die gegen Maria Ressa, Reynaldo Santos, Rappler Holdings, Rappler Inc. und den Vorstand von Rappler gemeinsam angestrengt wurden. Die Verfahren sind vor unterschiedlichen Gerichten anhängig.
Am 24. Juli 2017 behauptete Präsident Rodrigo Duterte in seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation, die Inhaber_innen von Rappler kämen aus dem Ausland. Er implizierte damit, die Nachrichtenwebsite würde gegen die Verfassung verstoßen, nach der Medienplattformen nicht durch Auslandsbeteiligung finanziert werden dürfen. In den folgenden Wochen wiederholte er diesen Vorwurf. Im Januar 2018 entzog die philippinische Börsenaufsichtsbehörde Rappler vorübergehend die Zulassung. Die Begründung lautete, Rappler habe gegen die Regelungen über ausländische Beteiligung verstoßen. Im Februar 2018 hat Präsident Rodrigo Duterte laut seinem Sprecher angeordnet, sein Sicherheitspersonal solle der Rappler-Reporterin Pia Ranada und der Chefredakteurin Maria Ressa den Zugang zum Präsidentenpalast verwehren.
Die Schikane gegen Maria Ressa ist ein weiteres Beispiel dafür, wie die Regierung Duterte ihre lautesten Kritiker_innen mit politisch motivierten Strafverfahren aussondert. Im Februar 2017 wurde die Senatorin Leila de Lima aufgrund politisch motivierter Anschuldigungen festgenommen und inhaftiert. Leila de Lima ist ebenfalls eine führende Kritikerin des "Kampfs gegen Drogen". Sie befindet sich nun seit mehr als zwei Jahren in Haft.