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Pakistan: Journalist unter Anklage
Der pakistanische Journalist und Dichter Ahmad Farhad (undatiertes Foto)
© privat
Am 15. Mai 2024 wurde Ahmad Farhad, ein Journalist, Dichter und Kritiker des Verschwindenlassens, vor seinem Haus in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad entführt. Er fiel dem Verschwindenlassen zum Opfer und tauchte zwei Wochen später, am 29. Mai 2024, im Gewahrsam der Polizei in der pakistanisch verwalteten Region Asad Jammu und Kaschmir wieder auf. Daraufhin wurde ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet wegen "Behinderung eines Staatsbediensteten bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben" an einem Kontrollposten in Kohala nahe der Stadt Muzaffarabad. Später wurden in einem anderen Fall Vorwürfe gegen ihn erhoben, die mit "Terrorismus" und unerlaubter Versammlung in Verbindung stehen. Seit dem 14. Juni ist Ahmad Farhad gegen Kaution frei, die Anklagen gegen ihn bleiben jedoch bestehen und es wird weiter gegen ihn ermittelt.
Appell an
Premierminister von Asad Jammu und Kaschmir
Chaudhry Anwar-ul-Haq
Prime Minister Secretariat
Muzaffarabad 13100
PAKISTAN
Sende eine Kopie an
Botschaft der Islamischen Republik Pakistan
I.E. Frau Saqlain Syedah
Schaperstraße 29
10719 Berlin
Fax: 030 – 21 24 42 10
E-Mail: mail@pakemb.de
Amnesty fordert:
- Bitte stellen Sie alle strafrechtlichen Verfahren gegen Ahmad Farhad ein und beenden Sie die Schikanen und Einschüchterungen, denen er nur deshalb ausgesetzt ist, weil er von seinem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht hat.
- Bitte stellen Sie sicher, dass alle Personen, die verdächtigt werden, an seinem Verschwindenlassen beteiligt gewesen zu sein, Verfahren vor Zivilgerichten erhalten, die den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprechen und in denen nicht auf die Todesstrafe zurückgegriffen wird.
Sachlage
Gegen den Journalisten und Dichter Ahmad Farhad sind mehrere Anklagen erhoben worden, nachdem er am 15. Mai 2024 von vier Männern in Zivil aus seinem Haus in der Hauptstadt Islamabad entführt worden war. Obwohl auf Anweisung des Obersten Gerichtshofs von Islamabad ein Verfahren bezüglich seines Verschwindenlassens eingeleitet werden sollte, blieb der Verbleib des Journalisten bis zum 29. Mai unbekannt, als er in Asad Jammu und Kaschmir an einem Kontrollposten in Kohala in der Nähe der Stadt Muzaffarabad wieder auftauchte. Daraufhin wurde er in Gewahrsam genommen und auf die Polizeiwache von Dhirkot gebracht, wo ein Strafverfahren wegen "Behinderung eines Staatsbediensteten bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben" gegen ihn eingeleitet wurde. Zudem wurden in einem anderen Fall vom 13. Mai 2024 Vorwürfe gegen ihn erhoben, er wird jedoch in der Anklage nicht namentlich genannt. Die Anklage bezieht sich auf Posts in den Sozialen Medien, insbesondere auf Facebook, in denen vermeintlich hasserfüllte Inhalte im Zusammenhang mit dem "Langen Marsch" nach Muzaraffarabad (einer Kundgebung für wirtschaftliche Rechte) verbreitet wurden.
Zwar wurde Ahmad Farhad nun ausfindig gemacht, es bestehen allerdings neue Bedenken hinsichtlich der gegen ihn erhobenen konstruierten Vorwürfe und der Tatsache, dass gegen ihn unter dem Strafgesetzbuch von Asad Kaschmir und dem Antiterrorgesetz ermittelt wird. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft. Schon vor seinem Verschwindenlassen und den derzeitigen Anklagen wurde Ahmad Farhad von den Behörden eingeschüchtert. Nun wird er wegen seiner Aktivitäten in den Sozialen Medien strafrechtlich verfolgt. Als Journalist berichtet er über soziale Bewegungen und friedliche Proteste, und als Aktivist engagiert er sich gegen das Verschwindenlassen. Hierfür darf er nicht strafrechtlich verfolgt werden. Es ist bisher keine Untersuchung seines Verschwindenlassens eingeleitet worden.
Hintergrundinformation
Ahmad Farhad ist ein 38-jähriger pakistanischer Journalist kaschmirischer Herkunft, der am 15. Mai 2024 um 1.00 Uhr morgens vor seinem Haus in Islamabad von vier Männern in Zivilkleidung entführt wurde. Seine Familie sah, wie er in einem unbekannten Fahrzeug abtransportiert wurde. Daraufhin reichte seine Familie beim Hohen Gericht in Islamabad einen Antrag auf richterliche Haftprüfung ein und das Gericht wies die Polizei an, Ermittlungen in dem Fall aufzunehmen und regelmäßig über den Stand der Untersuchungen zu berichten. Am 17. Mai erhielt die Ehefrau des Journalisten einen Anruf von Personen, die sich als seine Entführer ausgaben und sie aufforderten, ihre Eingabe beim Hohen Gericht zurückzuziehen. Im Gegenzug würden sie Ahmad Farhad freilassen. Am nächsten Tag beantragten ihre Rechtsbeistände die Rücknahme des Antrags, doch der Journalist wurde nicht freigelassen.
Ahmad Farhad tauchte erst am 29. Mai an einem Kontrollposten in Kohala nahe der Stadt Muzaffarabad wieder auf. Daraufhin wurde er in Gewahrsam genommen und auf die Polizeiwache von Dhirkot gebracht, wo unter Paragraf 186 des Strafgesetzbuchs von Asad Kaschmir ein Strafverfahren wegen "Behinderung eines Staatsbediensteten bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben" gegen ihn eingeleitet wurde. Am 30. Mai beantragte er vor einem Gericht in Muzaffarabad die Freilassung gegen Kaution, was jedoch am 4. Juni abgelehnt wurde.
Am 13. Mai wurde auf der Polizeiwache Sadar in Muzaffarabad (Abteilung Bishmo) eine Anzeige gegen Ahmad Farhad und andere Personen erstattet, die sich u. a. auf folgende Paragrafen des Strafgesetzbuchs von Asad Kaschmir bezog: Verabredung zu einer Straftat (120-B), Aufruhr (147/148), unerlaubte Versammlung (149), versuchter Mord (324), gewaltsame versuchte Behinderung eines Staatsbediensteten bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben (353) und Zerstörung von Eigentum (427/436). Hinzu kommen terrorismusbezogene Straftaten nach dem Antiterrorgesetz von 1997. Die Anzeige wurden gegen "unbekannte Personen" erstattet und stand in Verbindung mit dem sogenannten Langen Marsch, der von dem zivilgesellschaftlichen Bündnis JAAC (Jammu Kashmir Joint Awami Action Committee) organisiert worden war. Auf den Protestkundgebungen forderten die Menschen die Wahrung ihrer wirtschaftlichen Rechte, niedrigere Stromkosten, Subventionen für Weizen und eine stärkere Besteuerung einkommensstarker Gruppen. Dabei wurden vier Personen getötet, darunter ein Polizist. Ahmad Farhad war bei den Protesten nicht anwesend, sondern berichtete aus Islamabad über sie. Der Journalist wurde am 14. Juni 2024 vorläufig und gegen Kaution freigelassen. Aus der Kautionsanordnung geht hervor, dass ihm vorgeworfen wird, in den Sozialen Medien, insbesondere auf Facebook, hasserfüllte Inhalte gepostet zu haben. Die Anklage gegen ihn ist nach wie vor anhängig.
Ahmad Farhad arbeitet seit 15 Jahren als Journalist und war bereits für mehr als zehn pakistanische Nachrichtensender tätig, u. a. Bol News, Hum News, Neo News und Capital TV. Er ist auch ein bekannter Dichter, der seine Gedichte auf Urdu verfasst und darin politische Themen wie das Verschwindenlassen anspricht. Er ist in den Sozialen Medien aktiv und hat in der Vergangenheit öffentlich die politische Einflussnahme der Streitkräfte in Pakistan kritisiert, weshalb er häufig bedroht worden ist. Er arbeitete jüngst als freiberuflicher Journalist, nachdem er wiederholt von früheren Arbeitgebern entlassen wurde, die von den Behörden unter Druck gesetzt worden waren.