Menschenrechtler inhaftiert

Diese Urgent Action ist beendet.

Am 13. Juli kam der Menschenrechtsverteidiger und gewaltlose politische Gefangene Abdulaziz al-Shubaily unter Auflagen aus der Haft frei. Abdulaziz al-Shubaily war 2016 nach einem unfairen Verfahren vom Sonderstrafgericht in Riad (SCC) zu einer achtjährigen Haftstrafe verurteilt worden, die er jetzt verbüßt hat. Er unterliegt einem achtjährigen Reiseverbot und darf nichts in den Sozialen Medien veröffentlichen. 

 

Porträtfoto von Abdulaziz al-Shubaily, der ernst in die Kamera blickt. Er trägt eine traditionelle Kopfbedeckung: Ein kariertes Kopftuch.

Der saudi-arabische Menschenrechtsverteidiger Abdulaziz al-Shubaily (undatiertes Foto)

Der saudi-arabische Menschenrechtsverteidiger Abdulaziz al-Shubaily wurde am 17. September festgenommen. Er tritt nun eine achtjährige Haftstrafe an, die 2016 in einem unfairen Verfahren gegen ihn verhängt worden war. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener und muss umgehend und bedingungslos freigelassen werden.

Setz dich für einen gewaltlosen politischen Gefangenen ein!

Appell an

Dr Walid bin Mohammed bin

Saleh Al-Samaani

Ministry of Justice, University Street

P.O. Box 7775

Riyadh 11137, SAUDI-ARABIEN

Sende eine Kopie an

Innenminister

His Royal Highness

Prince Abdul Aziz bin Saud bin Naif

Ministry of Interior

P.O. Box 2933

Airport Road, Riyadh 11134

SAUDI-ARABIEN

Fax: (00 966) 11 403 3125

Twitter: @MOISaudiArabia

Botschaft des Königreichs Saudi-Arabien

Tiergartenstr. 33-34


10785 Berlin

Fax: 030-8892 5179


E-Mail: deemb@mofa.gov.sa

Amnesty fordert:

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass Urteil und Schuldspruch gegen Abdulaziz al-Shubaily aufgehoben werden und er umgehend und bedingungslos aus der Haft entlassen wird, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der lediglich aufgrund der friedlichen Wahrnehmung seiner Rechte auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit verurteilt wurde.
  • Bitte sorgen Sie dafür, dass das Strafjustizsystem nicht dazu eingesetzt wird, um Menschenrechtsverteidiger_innen anzugreifen, einzuschüchtern oder zu schikanieren, und schaffen Sie bitte eine Atmosphäre, in der es möglich ist die Menschenrechte ohne Angst vor Strafen, Vergeltungsmaßnahmen oder Einschüchterungen zu verteidigen.

Sachlage

Abdulaziz al-Shubaily ist ein saudi-arabischer Menschenrechtsverteidiger und Gründungsmitglied der saudi-arabischen Organisation für bürgerliche und politische Rechte (ACPRA). Er ging am 17. September auf die Polizeiwache in Unaizah in der Provinz Al-Qassim, nachdem er Anrufe von dort erhalten hatte. Bei seiner Ankunft wurde er festgenommen und am darauffolgenden Tag in das Gefängnis von Unaizah gebracht. Seine Inhaftierung steht in Verbindung mit der achtjährigen Haftstrafe, die das Sonderstrafgericht in Riad (SCC) am 29. Mai 2016 nach einem Verfahren, das nicht den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprach, gegen ihn verhängt hatte. Das SCC hatte ihn zudem zu einem anschließenden achtjährigen Reiseverbot verurteilt, während dessen Dauer er auch nichts in den Sozialen Medien veröffentlichen darf. Ihm wurde am 31. Juli mitgeteilt, dass seine Gefängnisstrafe vom Berufungsgericht in Riad bestätigt worden sei.

Das SCC befand Abdulaziz al-Shubaily unter anderem schuldig, "die Integrität des Justizsystems und der Richter beleidigt und ihre Unabhängigkeit in Frage gestellt" zu haben. Zudem erging der Schuldspruch wegen des "Verstoßes gegen Paragraf 6 des Internetgesetzes" durch "Aufstachelung der öffentlichen Meinung gegen die Führung des Landes und die Unterzeichnung von Stellungnahmen, die online veröffentlicht wurden und die Menschen zum Demonstrieren aufforderten". Außerdem wurde Abdulaziz al-Shubaily wegen der "konstanten Weigerung, der gerichtlichen Anordnung Folge zu leisten, die Organisation ACPRA aufzulösen" für schuldig befunden. Er wurde zudem angewiesen, eine Erklärung zu unterschreiben, die ihn zur Beendigung seines Aktivismus verpflichtet.

Abdulaziz al-Shubaily war im November 2013 zum Verhör vorgeladen, im Juli 2014 unter Anklage gestellt und am 24. September 2014 vor das Sonderstrafgericht gestellt worden. Im März 2015 wurden weitere Anklagen gegen ihn erhoben: "Kommunikation mit ausländischen Organisationen" und Weiterleitung von Informationen an Amnesty International, die in zwei Berichten verwendet wurden. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch das Gericht ignorierten wiederholt Anträge von Abdulaziz al-Shubaily auf die Vorlage von Beweisen zur Untermauerung dieser Anklagen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Abdulaziz al-Shubaily war bisher der Rechtsbeistand von neun der elf ACPRA-Mitglieder, die seit Dezember 2012 strafrechtlich verfolgt werden. Er war eines der letzten aktiven Gründungsmitglieder von ACPRA, die verurteilt wurden. Alle diese Anklagen sind politisch motiviert, weil sie sich auf die Menschenrechtsarbeit von Abdulaziz al-Shubaily bei ACPRA beziehen, darunter von der Organisation veröffentlichte Berichte und Twitternachrichten, in denen der Regierung schwere und systematische Menschenrechtsverletzungen zur Last gelegt werden.

Seit 2012 nehmen die saudi-arabischen Behörden zivilgesellschaftlich engagierte Personen und Menschenrechtsverteidiger_innen, darunter auch Mitglieder der ACPRA, verstärkt durch Schikane und Einschüchterung ins Visier. Die Menschenrechtsarbeit dieser Gruppen wird mithilfe des Justizsystems und anderer Verwaltungsmaßnahmen wie z. B. durch Reiseverbote eingeschränkt.

Seit Februar 2014 nutzen die Behörden das neue Antiterrorgesetz, um weiter gegen Menschenrechtsverteidiger_innen und Regimekritiker_innen vorzugehen. Bei mindestens zwei ACPRA-Mitgliedern wurden die Verfahren unter dem neuen Antiterrorgesetz vor dem SCC, einem Sondergericht, das für terrorismus- und sicherheitsbezogene Fälle zuständig ist und dessen Zuständigkeiten und Arbeitsweisen nicht näher spezifiziert sind, wieder aufgenommen. Dies passierte Jahre nachdem die Betroffenen bereits verurteilt worden waren und ihre Strafe, die ihnen wegen derselben Vorwürfe aber nach anderen Gesetzen oder von anderen Gerichten auferlegt worden waren, angetreten hatten. Drei weitere ACPRA-Mitglieder wurden nach Verabschiedung des neuen Antiterrorgesetzes vor das SCC gestellt.

Mitglieder der ACPRA sind besonders von Verfolgung betroffen. Neun der elf Gründungsmitglieder der Organisation sind nun in Haft. Issa al-Hamid war ursprünglich am 24. April 2016 vom SCC in Riad zu neun Jahren Gefängnis, gefolgt von einem neunjährigen Reiseverbot verurteilt worden. Seine Haftstrafe wurde im Rechtsmittelverfahren auf elf Jahre erhöht. Am 16. September 2017 wurde er inhaftiert, um seine Strafe abzusitzen. Seine Brüder, Dr. Abdulrahman al-Hamid und Dr. Abdullah al-Hamid, die ebenfalls Gründungsmitglieder von ACPRA sind, wurden zu neun bzw. zehn Jahren Haft gefolgt von entsprechend langen Reiseverboten verurteilt. Weitere Informationen finden Sie in den Urgent Actions vom 15. Oktober 2015 (https://www.amnesty.de/urgent-action/ua-102-2014-1/menschenrechtler-haft) und vom 11. März 2013 (https://www.amnesty.de/urgent-action/ua-257-2012-1/menschenrechtler-haft).

Ein weiteres Gründungsmitglied von ACPRA, Dr. Mohammad al-Qahtani, wurde zusammen mit Dr. Abdullah al-Hamid am 9. März 2013 zu elf Jahren Haft mit anschließendem ebenso langem Reiseverbot verurteilt. Issa al-Nukhaifi, auch Mitglied von ACPRA, wurde am 18. Dezember 2016 erneut inhaftiert – nur acht Monate nachdem er aus dem Gefängnis entlassen worden war. Dort hatte er eine dreijährige Haftstrafe wegen seines Aktivismus abgesessen. Seit seiner erneuten Inhaftierung wurde er mehrfach zu seinem Einsatz für die Menschenrechte sowie zu seinen Kontakten zu internationalen Menschenrechtsorganisationen verhört. Thema war außerdem seine mutmaßliche Beteiligung an der Einrichtung des Twitteraccounts "Saudi Popular Parliament", der am 10. Dezember 2016 mit dem Ziel online ging, in Saudi-Arabien für Demokratie zu werben. Mohammed al-Bajadi, ein weiteres Gründungsmitglied von ACPRA, wurde im Jahr 2016 freigelassen, nachdem er seine vierjährige Haftstrafe abgesessen hatte, die ihm am 10. April 2012 vom SCC in einem geheimen Verfahren auferlegt worden war. Dr. Abdulkareem Yousef al-Khoder, auch Gründungsmitglied von ACPRA, wurde am 19. Oktober 2015 vom SCC zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, gefolgt von einem zehnjährigen Reiseverbot. Im November 2014 wurde Fowzan al-Harbi, auch Gründungsmitglied von ACPRA, mitgeteilt, dass seine siebenjährige Haftstrafe von einem Berufungsgericht in Riad auf zehn Jahre verlängert worden war. Kurz darauf wurde er inhaftiert. Abdulaziz al-Sunaidi, Aktivist und Mitglied von ACPRA, wurde am 13. Oktober 2015 vom SCC zu acht Jahren Haft, gefolgt von einem achtjährigen Reiseverbot, verurteilt. Der ehemalige Richter Suliaman al-Rashudi, ein weiteres Gründungsmitglied von ACPRA und ehemaliger Vorsitzender der Organisation, wurde am 22. November 2011 zu 15 Jahren Haft gefolgt von einem 15-jährigen Reiseverbot verurteilt.