Aktivisten verurteilt

Am 24. September wurden Grâce Tshiunza, Mino Bopomi, Cedric Kalonji und Carbone Beni von einem Gericht in der Demokratischen Republik Kongo (DRK) wegen "Präsidentenbeleidigung", "Veröffentlichung subversiver Schriften" sowie "zivilen Ungehorsams" für schuldig befunden. Dasselbe Gericht sprach Palmer Kabeya frei. Amnesty International ist der Ansicht, dass das Gerichtsurteil gegen die vier Menschenrechtsverteidiger jeglicher Grundlage entbehrt und nur dazu dient, den rechtmäßigen und friedlichen Aktivismus von Menschenrechtsverteidiger_innen zu unterbinden.

Appell an

Alexis Tambwe Mwamba

Ministère de la Justice

228 Avenue de Lemera

BP 3137 Kinshasa-Gombe

DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO

Sende eine Kopie an

GENERALSTAATSANWALT

Floribert Kabange Numbi

Procureur Général de la Republique

Immeuble INSS

Boulevard du 30 Juin Kinshasa-Gombe

DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO

E-Mail: florykan@yahoo.fr

 

BOTSCHAFT DER DEMOKRATISCHEN REPUBLIK KONGO

Herr Raphael Lohata Bwana Kitoko, Boschaftsrat (Geschäftsträger a.i.)

Ulmenallee 42a, 14050 Berlin

Fax: 030-30 11 12 97

E-Mail: ambardc_berlin@yahoo.de

 

 

Amnesty fordert:

  • Bitte lassen Sie Grâce Tshiunza, Mino Bopomi, Cedric Kalonji und Carbone Ben umgehend und bedingungslos frei.
  • Stellen Sie bitte sicher, dass die vier Menschenrechtsaktivisten in ihrer Haft keiner Folter oder anderen Misshandlungen ausgesetzt sind.

Sachlage

Am 24. September wurden Grâce Tshiunza, Mino Bopomi, Cedric Kalonji und Carbone Beni in einer unangekündigten Anhörung vor dem Peace Tribunal of Gombe in der Hauptstadt Kinshasa wegen "Präsidentenbeleidigung", "Veröffentlichung subversiver Schriften" sowie "zivilen Ungehorsams" für schuldig befunden und zu einer zwölfmonatigen Haftstrafe verurteilt. Die vier Aktivisten sind Mitglieder von Filimbi, einer Jugendorganisation, die seit dem verfassungsrechtlichen Mandatsende von Präsident Joseph Kabila im Dezember 2016 lautstark dessen Rücktritt fordert. Weder sie selbst noch ihre Rechtsbeistände waren vorab über den Termin informiert worden, sodass sie bei der Anhörung nicht anwesend waren. Einer der Rechtsbeistände gab gegenüber Amnesty International an, dass die Verteidigung Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen werde.

Die vier Aktivisten wurden am 30. Dezember 2017 festgenommen und in verschiedene Hafteinrichtungen des nationalen Geheimdienstes (Agence Nationale de Renseignements – ANR) gebracht. Am 8. Juni wurden sie, gemeinsam mit dem Aktivisten Palmer Kabeya, zum Sitz der Generalstaatsanwaltschaft in Kinshasa gebracht, um dort verhört zu werden. Auch Palmer Kabeya war Mitglied von Filimbi. Er war am 23. Dezember 2017 festgenommen worden und in einer Einrichtung des Militärgeheimdienstes DEMIAP in Kinshasa ohne Kontakt zur Außenwelt inhaftiert. Am 9. Juni wurden alle fünf in das Makala-Gefängnis in Kinshasa verlegt.

Die Festnahmen erfolgten, als die Aktivsten in der Öffentlichkeit friedliche Demonstrationen bewarben. Mit diesen sollte die Regierung dazu aufgefordert werden, ein Abkommen vom 31. Dezember 2016 vollständig umzusetzen und damit "offene, friedliche und faire Wahlen" zu gewährleisten. Die Demonstration wurde vom Laizistischen Koordinierungsausschuss (CLC) der katholischen Kirche organisiert.

Hintergrundinformation

Hintergrund

In der Demokratischen Republik Kongo sind für den 23. Dezember Neuwahlen angesetzt. Deren Durchführung wurde seit 2016 verzögert. Der Präsident der Demokratischen Republik Kongo, Joseph Kabila, ist seit dem Tod seines Vaters 2001 im Amt und wurde auch zum Sieger der Wahlen von 2006 und 2011 erklärt. Die kongolesische Verfassung erlaubt zwei aufeinanderfolgende Amtszeiten von je fünf Jahren. Obwohl Präsident Kabilas zweite und letzte Amtszeit am 19. Dezember 2016 endete, ist er noch immer im Amt. Bei den jetzt angesetzten Neuwahlen unterstützt er den kürzlich von seiner Partei nominierten Kandidaten Ramazan Shadary. Aufgrund der Verzögerungen bei der Organisation der Parlamentswahlen befindet sich die Demokratische Republik Kongo seit 2016 in einer politischen Krise. Die Regierung hat unverhältnismäßige Gewalt eingesetzt, um die Proteste gegen die Verzögerungen zu unterdrücken.

Der Laizistische Koordinierungsausschuss (CLC) der katholischen Kirche organisierte im Dezember 2017 mehrere friedliche Demonstrationen, da die Regierung weder das Abkommen von Saint-Sylvestre umgesetzt, noch bis Dezember 2017 Neuwahlen durchgeführt hatte. Dieses Abkommen wurde am 31. Dezember 2016 von Vertreter_innen der Opposition, der Zivilgesellschaft und der Regierung unter der Federführung der Katholischen Bischofskonferenz (CENCO) unterzeichnet. Es sieht Maßnahmen vor, die das Vertrauen wiederherstellen sollten. Dazu gehören die Entlassung politischer Gefangener, die Gewährleistung der Pressefreiheit und die Rückkehr von Oppositionssprecher_innen aus dem Exil, damit diese an "offenen, friedlichen und fairen Wahlen" teilnehmen könnten. Die aggressiven Reaktionen der Sicherheitskräfte auf die Demonstrationen vom 31. Dezember 2017, 21. Januar 2018 und 25. Feburar 2018 forderten die Leben von mindestens 17 Zivilpersonen und verletzten zudem Dutzende.

Am 3. September wurden mindestens 23 friedliche Demonstrationsteilnehmer_innen verletzt, mehr als 80 wurden festgenommen. Protestveranstaltungen in Kinshasa, Goma, Lubumbashi, Bukavu, Mbuji-Mayi und Tshikapa, auf denen die Nationale Wahlkommission dazu aufgefordert wurde, bei der bevorstehenden Wahl nicht die umstrittenen elektronischen Wahlautomaten einzusetzen, wurden von den Sicherheitskräften gewaltsam aufgelöst. Die Furcht, dass der Einsatz elektronischer Wahlautomaten ohne angemessene Einführung der Bevölkerung und sorgfältiger Überprüfung zu massivem Wahlbetrug führen könnte, ist weit verbreitet.

Seit 2015 wurden immer wieder Menschenrechtsverteidiger_innen und Aktivist_innen in der Demokratischen Republik Kongo rechtswidrig inhaftiert, um sie daran zu hindern, sich gegen eine ihrer Meinung nach verzögerte Organisation von Neuwahlen zusammenzuschließen. Im März 2015 wurden die prodemokratischen Aktivisten Fred Bauma und Yves Makwambala während einer Pressekonferenz der Bewegung Filimbi festgenommen, die die "Verzögerung bei der Organisation der Wahlen" anprangerte. Sie wurden ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten und erst im August 2016 gegen Kaution freigelassen.