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Belarus: Schicksal von Todeskandidaten ungewiss
Gefängniszelle für zum Tode verurteilte Personen in der belarussischen Hauptstadt Minsk (Archivbild)
© Legal initiative
Über das Schicksal des zum Tode verurteilten Viktar Paulau liegen derzeit keine Informationen vor. Nachdem der Oberste Gerichtshof am 12. November 2019 seinen Schuldspruch und das Todesurteil bestätigt hatte, drohte ihm die Hinrichtung. Am 10. Juni 2021 wurde Viktar Paulaus Schwester der Besuch bei ihm untersagt. Am selben Tag erhielt Viktar Paulaus Rechtsbeistand die Information, dass sich sein Mandant nicht mehr in der Haftanstalt befinde. Seine Familie befürchtet nun, dass Viktar Paulau hingerichtet wurde.
Appell an
Volha Ivanauna Chupris
Chairperson of the Clemency Commission
Presidential Administration
Vul. Karla Marksa 38
Minsk
BELARUS
Sende eine Kopie an
Botschaft der Republik Belarus
S.E. Herrn Denis Sidorenko
Am Treptower Park 32
12435 Berlin
Fax: 030-5363 5923
E-Mail: germany@mfa.gov.by
Amnesty fordert:
- Ich bitte Sie hiermit, die Hinrichtung von Viktar Paulau umgehend zu stoppen und auch alle weiteren in Belarus zum Tode verurteilten Menschen nicht hinzurichten.
- Bitte erlassen Sie ein Hinrichtungsmoratorium als ersten Schritt hin zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe.
- Zudem bitte ich Sie, alle bestehenden Todesurteile in Haftstrafen umzuwandeln.
Sachlage
Viktar Paulau ist in unmittelbarer Gefahr hingerichtet zu werden oder wurde womöglich bereits hingerichtet. Am 10. Juni wurde seiner Schwester der Besuch bei ihm untersagt. Als Viktar Paulaus Rechtsbeistand um Bekanntgabe des Aufenthaltsortes seines Mandanten bat, teilten Beamt_innen der Untersuchungshaftanstalt dem Rechtsbeistand mit, dass Viktar Paulau sich nicht mehr in der Haftanstalt befinde. Diese Information könnte darauf hindeuten, dass Viktar Paulau hingerichtet wurde.
Die Haftbedingungen, unter denen die zum Tode verurteilten Gefangenen vor ihrer Hinrichtung leben, wurden vom UN-Menschenrechtsausschuss als Folter eingestuft. In Belarus werden Familienangehörige erst dann über eine Hinrichtung informiert, wenn diese bereits vollzogen wurde. In der Regel erhalten sie den Totenschein erst nach einigen Wochen oder Monaten. Zudem bleibt den Familien eine Übergabe der Leiche zur Bestattung vorenthalten.
Viktar Paulau war für schuldig befunden worden, im Dezember 2018 zwei Menschen ermordet zu haben. Nach Angaben örtlicher Menschenrechtsverteidiger_innen kam es im Prozess zu Unregelmäßigkeiten, die gegen das Recht von Viktar Paulau auf ein faires Gerichtsverfahren verstießen. Seit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im November 2019 drohte Viktar Paulau die Hinrichtung. Die Todesstrafe ist die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen.
Hintergrundinformation
Trotz des fortgesetzten Dialogs zwischen der internationalen Gemeinschaft und den belarussischen Behörden über ein Hinrichtungsmoratorium als ersten Schritt hin zur Abschaffung der Todesstrafe wurden in Belarus 2019 mindestens zwei Männer hingerichtet und drei Männer zum Tode verurteilt.
Belarus ist das einzige Land in Europa und der ehemaligen Sowjetunion, in dem immer noch Hinrichtungen stattfinden.
In Belarus werden Todesurteile oft infolge von unfairen Gerichtsverfahren verhängt. Die Todesurteile werden unter strenger Geheimhaltung vollstreckt, ohne die zum Tode Verurteilten selbst, ihre Familien oder Rechtsbeistände angemessen darüber in Kenntnis zu setzen. Die Behörden weigern sich, den Familien die Leichname der Hingerichteten auszuhändigen oder ihnen mitzuteilen, wo sie begraben wurden. Die Geheimhaltung der Hinrichtungen in Belarus stellt nach Einschätzung von UN-Gremien eine grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung der Familienangehörigen dar. Hinrichtungen werden zum Teil auch dann vollzogen, wenn der UN-Menschenrechtsausschuss die Regierung aufgefordert hat, diese für die Dauer der Überprüfung der Fälle auszusetzen.
Da die Behörden jedoch keine vollständigen Informationen über die Anwendung der Todesstrafe oder umfassende Daten zur Anzahl verhängter Todesurteile und ausgeführter Hinrichtungen veröffentlichen, verhindern sie eine fundierte öffentliche Diskussion zu diesem Thema und blockieren folglich den Weg hin zur Abschaffung der Todesstrafe. Bis heute haben 142 Länder die Todesstrafe per Gesetz oder in der Praxis abgeschafft. 2018 wurden aus 20 Ländern Hinrichtungen gemeldet. Von diesen Ländern werden nur in 13 regelmäßig Todesurteile vollstreckt, d. h. dass in jedem Jahr der vergangenen fünf Jahre Hinrichtungen vollzogen worden sind. Im Jahr 2017 haben Guinea und die Mongolei die Todesstrafe für alle Straftaten abgeschafft. Guatemala hat die Todesstrafe dagegen nur für gewöhnliche Straftaten abgeschafft. Im Februar 2018 hat der Präsident von Gambia ein offizielles Hinrichtungsmoratorium verkündet. In Gambia wurden zuletzt im Jahr 2012 Todesurteile vollstreckt. Die neue Regierung des Landes unterzeichnete im September 2017 das Zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, das die vollständige Abschaffung der Todesstrafe vorsieht. Burkina Faso war bislang das letzte Land, das die Todesstrafe aus dem Strafgesetzbuch gestrichen hat – im Juni 2018.