Eine lächelnde junge Frau mit kinnlangen brauen Haaren ist in einem Park.

Die belarussische Menschenrechtsverteidigerin Marfa Rabkova (Archivbild)

Die Menschenrechtsverteidigerin Marfa Rabkova wurde am Abend des 17. September unter falschen Anschuldigungen von Angehörigen einer dem Innenministerium unterstehenden Spezialeinheit festgenommen. Auch ihr Ehemann Vadzim Zharomski wurde festgenommen. Er kam aber kurz darauf wieder frei. Marfa Rabkova droht eine Anklage. Sie ist eine gewaltlose politische Gefangene, die nur wegen ihrer friedlichen Menschenrechtsarbeit ins Visier genommen wird.

Appell an:

Chair of the Investigative Committee

Ivan Naskevich


Ul. Frunze, d.19

220034 Minsk

BELARUS

Sende eine Kopie an:

Botschaft der Republik Belarus

S. E. Herrn Denis Sidorenko

Am Treptower Park 32

12435 Berlin

Fax: 030-5363 5923

E-Mail: germany@mfa.gov.by

Amnesty fordert:

  • Ich fordere Sie höflich auf, umgehend die strafrechtliche Verfolgung gegen Marfa Rabkova einzustellen und sicherzustellen, dass keine Anklagen gegen sie erhoben werden.
  • Bitte ergreifen Sie die nötigen Maßnahmen, damit Marfa Rabkova und alle anderen gewaltlosen politischen Gefangenen in Belarus umgehend und bedingungslos freigelassen werden.

Sachlage

Marfa Rabkova ist eine Menschenrechtsverteidigerin und arbeitet als Koordinatorin des Freiwilligendienstes des Menschenrechtszentrums Viasna. Sie und ihr Ehemann Vadzim Zharomski wurden am Abend des 17. September von Angehörigen der Sondereinheit gegen organisiertes Verbrechen und Korruption (GUBAZIK) festgenommen. Bei der Durchsuchung ihrer Wohnung wurden Geld, persönliche Gegenstände und IT-Ausrüstung beschlagnahmt. Vadzim Zharomski kam später frei, aber Marfa Rabkova wurde zehn Tage in Untersuchungshaft überstellt. Sie wird verdächtigt, gegen Paragraf 293(3) des Strafgesetzbuches ("Training oder andere Vorbereitung von Menschen zur Teilnahme an Aufständen, oder Finanzierung solcher Aktivitäten") verstoßen zu haben. Diese Straftat kann mit einer Haftstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden.

Marfa Rabkova ist eine gewaltlose politische Gefangene, die allein wegen ihres rechtmäßigen Einsatzes als Menschenrechtsverteidigerin schikaniert wird. Sie beobachtet Demonstrationen und dokumentiert Menschenrechtsverletzungen wie Folter oder andere Misshandlungen an friedlichen Protestierenden, die von Vollzugsbehörden inhaftiert wurden. Marfa Rabkova hat keine Straftat begangen und es gibt keine Grundlagen für ihre Strafverfolgung. Ihre Festnahme, Inhaftierung und Strafverfolgung sind Vergeltungsmaßnahmen für ihre Menschenrechtsarbeit und stellen eine erhebliche Verletzung der Verpflichtungen von Belarus gegenüber dem Völkerrecht dar.

Die belarussischen Behörden müssen aufhören, Mitglieder des Menschenrechtszentrums Viasna und andere zivilgesellschaftliche Aktivist_innen strafrechtlich zu verfolgen. Sie müssen die Rechte auf Vereinigungs-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit respektieren.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Marfa Rabkova ist ein Mitglied des Menschenrechtszentrums Viasna, wo sie den Freiwilligendienst der Organisation koordiniert. Laut Viasna erlebten die Mitglieder der Organisation während der Zeit des Präsidentschaftswahlkampfs, sowie am Wahltag am 9. August und danach erhebliche Schikanierungen durch die Behörden: willkürliche Inhaftierungen, Administrativhaft und Strafverfolgung im Zusammenhang mit ihrem Einsatz für Menschenrechte.

Die Inhaftierung der Menschenrechtsverteidigerin Marfa Rabkova steht im Kontext einer drastischen Verschlechterung der Menschenrechtssituation in Belarus. Während der Zeit des Wahlkampfs und nach der Präsidentschaftswahl am 9. August brachen friedliche Massenproteste aus, unter anderem wegen der umstrittenen offiziellen Resultate. In der gesamten Wahlperiode sind die Behörden brutal gegen die Opposition und alle kritischen Stimmen vorgegangen. Die Polizei hat Tausende Menschen willkürlich festgenommen. Die überwiegende Mehrheit der Inhaftierten sind friedliche Protestierende oder Passant_innen. Viele von ihnen wurden wie bei einer Entführung von maskierten Männern in Zivilkleidung weggebracht.

Zahlreichen Augenzeug_innenberichten, allgemein verfügbarem Foto- und Videomaterial sowie medizinischen Dokumenten zufolge wurden viele - wenn nicht alle - der Inhaftierten gefoltert oder anderweitig misshandelt. Das Haftzentrum Akrestsina in der belarussischen Hauptstadt Minsk, wo auch Marfa Rabkova anfänglich festgehalten wurde, ist mittlerweile ein Synonym für Schläge und andere unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung durch die Behörden geworden. Dutzende hochrangige politische und zivilgesellschaftliche Aktivist_innen sowie ihnen nahestehende Personen wurden aufgrund konstruierter Anklagen festgenommen und danach in Untersuchungshaft gehalten. Marfa Rabkova und alle in diesem Kontext inhaftierten Menschen müssen umgehend freigelassen werden und alle anderen Menschenrechtsverletzungen müssen sofort aufhören. Dazu gehört auch die Auflösung von friedlichen Protesten, Massenfestnahmen und die Folter und andere Misshandlungen von Inhaftierten.