Ohne Anklage in Haft

Premierministerin Sheikh Hasina bei der Trauerfeier für die Opfer des Anschlags vom 1. Juli 2016 in Dhaka

Am 2. Juli 2017 ist Hasnat Karim seit einem Jahr in Haft. Er wurde während des Angriffs auf ein Restaurant in Dhaka am 1. Juli 2016 festgenommen und ist seitdem ohne Anklage inhaftiert. Da ihm auch weiterhin die nötige spezielle ärztliche Behandlung von den Gefängnisbehörden verweigert wird, verschlechtert sich sein Gesundheitszustand in der Haft zusehends.

Appell an

Sheikh Hasina

Prime Minister’s Office


Old Sangshad Bhaban

Tejgaon 1215 Dhaka

BANGLADESCH

 

Sende eine Kopie an

Botschaft der Volksrepublik Bangladesch

S. E. Herrn Imtiaz Ahmed

Kaiserin-Augusta-Allee 111

10553 Berlin


 

Amnesty fordert:

  • Bitte lassen Sie Hasnat Karim umgehend frei oder klagen Sie ihn einer nach dem Völkerrecht strafbaren Handlung an.
  • Ich fordere Sie dringend auf, Hasnat Karim umgehend Zugang zu der medizinischen Versorgung zu gewähren, die er benötigt, auch wenn er dazu in ein Krankenhaus außerhalb des Gefängnisses gebracht werden muss. Stellen Sie zudem bitte sicher, dass er während seiner Inhaftierung regelmäßigen und angemessenen Zugang zu seiner Familie und einem Rechtsbeistand seiner Wahl hat.

Sachlage

Am 2. Juli 2017 ist Hasnat Karim seit einem Jahr in Haft. Er wurde während des Angriffs auf ein Restaurant in Dhaka am 1. Juli 2016 festgenommen und ist seitdem ohne Anklage inhaftiert. Da ihm auch weiterhin die nötige spezielle ärztliche Behandlung von den Gefängnisbehörden verweigert wird, verschlechtert sich sein Gesundheitszustand in der Haft zusehends.

Hasnat Karim ist Staatsbürger des Vereinigten Königreichs und Bangladeschs und arbeitet als Geschäftsmann. Am 1. Juli 2016 aß er gemeinsam mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Dhaka im Restaurant "Holey Artisan Bakery" zu Abend, als bewaffnete Männer das Lokal stürmten und mehr als 20 Menschen töteten. Die Familie wurde direkt nach dem Angriff von der Polizei zum Verhör mitgenommen. Dieses fand am 2. Juli statt. Außer Hasnat Karim wurden alle am 3. Juli wieder freigelassen.

Trotz wiederholter Nachfrage weigerte sich die Polizei einen Monat lang, Hasnat Karims Familie und deren Rechtsbeistand Auskünfte zu den Gründen für seine Inhaftierung und zu seinem Aufenthaltsort zu geben. Am 4. August 2016 schließlich wurde er einem Gericht in der bangladeschischen Hauptstadt Dhaka vorgeführt. Nachdem er mehrere Wochen in Untersuchungshaft gehalten worden war, brachte man Hasnat Karim am 2. September 2016 in das Kashimpur-Zentralgefängnis außerhalb von Dhaka, wo er seitdem inhaftiert ist.

Hasnat Karim wurde gemäß Abschnitt 54 der Strafprozessordnung von Bangladesch inhaftiert, weil er der Beteiligung an dem Anschlag auf das Restaurant "Holey Artisan Bakery" am 1. Juli verdächtigt wurde. Abschnitt 54 ermöglicht es der Polizei, eine Person, die eines Verbrechens verdächtigt wird, festzuhalten, ohne sie formell anzuklagen. Eine offizielle Anklage gegen Hasnat Karim steht immer noch aus und eine Freilassung auf Kaution wurde ihm von verschiedenen Gerichten insgesamt sechs Mal verweigert, ohne dass jemals Gründe für die Entscheidung angegeben worden wären. Am 31. Mai 2017 ließ die Polizei zum sechsten Mal die Frist zur Anklageerhebung in Hasnat Karims Fall verstreichen; eine neue Frist wurde nicht festgelegt.

In der Haft hat sich Hasnat Karims Gesundheitszustand seit Januar 2017 rapide verschlechtert, da er unter Schwindel, einer heftigen Ohrentzündung und einer Harnwegsinfektion leidet. Trotz wiederholter Bitten seiner Familie haben die Gefängnisbehörden Hasnat Karim nicht erlaubt, die benötigte ärztliche Behandlung außerhalb des Gefängnisses durchführen zu lassen. Seine Familie kann keinen Rechtsbeistand finden, der seinen Fall übernehmen möchte; sie glauben, dass dies der Angst geschuldet ist, dass die Behörden es jedem vergelten, der seinen Fall übernimmt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am Abend des 1. Juli stürmten bewaffnete Männer das Restaurant "Holey Artisan Bakery" in Gulshan in Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch. Die Angreifer töteten während der Belagerung des Restaurants, die die ganze Nacht andauerte, 20 Geiseln, darunter 18 ausländische Staatsangehörige und zwei Menschen aus Bangladesch.

In den vergangenen drei Jahren haben gewalttätige Gruppen in Bangladesch Dutzende säkulare Blogger_innen, Aktivist_innen, Akademiker_innen und Angehörige religiöser Minderheiten wegen ihrer schriftlichen Beiträge und Aktivitäten, die sie als "beleidigend für den Islam" betrachten, angegriffen und getötet. Im Jahr 2015 wurden zwei ausländische Staatsangehörige bei gezielten Angriffen getötet. Bislang ist außer im Fall des 2013 getöteten Bloggers Ahmed Rajib Haider niemand wegen solcher Tötungen zur Verantwortung gezogen worden. Amnesty International hat die bangladeschischen Behörden wiederholt dazu aufgefordert, Personen, die mutmaßlich für solche Angriffe verantwortlich sind, in fairen Verfahren und ohne Rückgriff auf die Todesstrafe vor Gericht zu stellen, und die weitverbreitete Straflosigkeit in Verbindung mit derartigen Angriffen zu beenden. Bangladesch darf die Menschenrechte nicht im Namen der nationalen Sicherheit opfern und muss die Rechte aller Verdächtigen – einschließlich des Rechts auf ein faires Verfahren – respektieren.