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Bahrain: Menschrechtler braucht medizinische Behandlung
Der bahrainisch-dänische Menschenrechtsverteidiger und gewaltlose politische Gefangene Abdulhadi Al-Khawaja (Archivaufnahme)
© privat
Der inhaftierte dänisch-bahrainische Menschenrechtsverteidiger Abdulhadi Al-Khawaja hatte am 28. Februar 2023 Herzrhythmusstörungen, wurde seither jedoch nicht von einem Herzspezialisten behandelt, obwohl dies bei seiner Untersuchung dringend empfohlen wurde. Abdulhadi Al-Khawaja ist ein gewaltloser politischer Gefangener. Er muss umgehend und bedingungslos freigelassen werden.
Appell an
Kronprinz und Premierminister
Sheikh Salman bin Hamad Al Khalifa
Court of the Crown Prince
P.O Box 29091, Riffa
BAHRAIN
Sende eine Kopie an
Botschaft des Königreichs Bahrain
S.E. Herrn Abdulla Abdullatif Al Shaikh Abdulla
Klingelhöfer Str. 7
10785 Berlin
Fax: 030-8687 7788
E-Mail: info@bahrain-embassy.de
Amnesty fordert:
- Ich bitte Sie, Abdulhadi Al-Khawaja unverzüglich und bedingungslos freizulassen, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der nur wegen der friedlichen Ausübung seiner Menschenrechte inhaftiert ist.
- In der Zwischenzeit bitte ich Sie dringend, insbesondere aufgrund seiner ernsten Gesundheitsprobleme dafür zu sorgen, dass er zeitnah eine angemessene medizinische Versorgung entsprechend internationalen Menschenrechtsstandards erhält.
Sachlage
Der Menschenrechtsverteidiger Abdulhadi Al-Khawaja verbüßt wegen seiner Beteiligung an den friedlichen Protesten 2011 in Bahrain eine lebenslange Haftstrafe im Jaw-Gefängnis. Seit zwölf Jahren befindet er sich bereits willkürlich in Haft. Am 28. Februar 2023 hatte er Herzrhythmusstörungen, woraufhin er im Krankenhaus der bahrainischen Streitkräfte eine Untersuchung erhielt und die Empfehlung ausgesprochen wurde, ihn an einen Herzspezialisten zu überweisen.
Noch während der Versorgung im Krankenhaus wollte ein Mann, der sich als Leiter des Sicherheitsdienstes des Krankenhauses ausgab, Abdulhadi Al-Khawaja Handschellen anlegen, wogegen sich dieser wehrte. Er wurde daraufhin ins Gefängnis zurückgebracht, ohne kardiologisch untersucht worden zu sein. Die Behörden gaben später bekannt, dass Abdulhadi Al-Khawaja am 19. März einen Termin in der Kardiologie habe. Die Gefängnisverwaltung teilte ihm jedoch mit, dass der Termin auf unbestimmte Zeit verschoben worden sei.
Maryam, die Tochter von Abdulhadi Al-Khawaja, hat angegeben, dass die Gefängnisbehörden ihrem Vater am frühen Morgen des 26. März mitteilten, er habe einen Termin bei einem Herzspezialisten und einem Urologen. Abdulhadi Al-Khawaja wurde in Handschellen in einen gepanzerten Bus gebracht und wartete dort auf den Transport ins Krankenhaus. Laut Angaben anderer Inhaftierter werden die Gefangenen während dieser Fahrten manchmal stundenlang im Fahrzeug belassen. Abdulhadi Al-Khawaja sagte seiner Tochter, dass er schlussendlich doch nicht zu seinen Terminen gebracht wurde. Am 6. April veröffentlichte die staatliche Nachrichtenagentur Bahrain News Agency eine Stellungnahme der Krankenhausverwaltung, in der es hieß, dass Abdulhadi Al-Khawaja "kürzlich die nötige medizinische Versorgung erhalten hat, die aufzeigte, dass er an keinerlei Herz- oder Brustproblemen leidet". In der Stellungnahme hieß es weiter, dass er "am 26. März 2023 zwei Arzttermine hatte... doch er weigerte sich, im vorgesehenen Bus ins Krankenhaus gebracht zu werden". Abdulhadi Al-Khawaja bestreitet diese Schilderung. Weitere Krankenhaustermine wurden nicht eingehalten, u. a. am 9. April und 4. und 11. Mai.
Hintergrundinformation
Der bekannte Menschenrechtsverteidiger und gewaltlose politische Gefangene Abdulhadi Al-Khawaja ist 61 Jahre alt und Mitbegründer der Menschenrechtsorganisation Gulf Centre for Human Rights (GCHR) und der NGO Bahrain Center for Human Rights (BCHR). Bis Anfang 2011 hat er für die Menschenrechtsgruppe Frontline Defenders als Schutzkoordinator für die Region Nahost und Nordafrika gearbeitet. Darüber hinaus war er 2003 mit Amnesty International im Rahmen einer Untersuchungskommission im Irak und ist Mitglied des internationalen Beratungsnetzwerks der NGO Business and Human Rights Resource Centre. Er setzt sich friedlich für die Menschenrechte ein und hat bereits mehrere Menschenrechtspreise erhalten. So wurde ihm im Oktober 2013 der Dignity – World without Torture Award verliehen. Zuletzt wurde er 2022 mit dem renommierten Martin Ennals Award for Human Rights Defenders ausgezeichnet. Abdulhadi Al-Khawaja verbüßt wegen seiner Beteiligung an den friedlichen Protesten 2011 in Bahrain eine lebenslange Haftstrafe im Jaw-Gefängnis. Er wurde im Jahr 2011 nach einem Verfahren vor einem Militärgericht schuldig gesprochen und verurteilt, und erneut 2012 nach einem Neuverfahren vor einem nicht militärischen Gericht. Unter anderem wurde ihm vorgeworfen, "Terrorgruppen gebildet zu haben mit dem Ziel, die Herrschaft des Königs zu beenden und die Verfassung zu ändern".
Am 4. Mai 2023 veröffentlichten die Vereinten Nationen einen gemeinsame Brief, der Anfang des Jahres vom UN-Sonderberichterstatter zur Lage von Menschenrechtsverteidiger*innen und fünf weiteren UN-Expert*innen an die Regierung von Bahrain geschickt worden war. Darin drückten sie ihre Sorge über den Fall von Abdulhadi Al-Khawaja aus, nicht zuletzt über seine willkürliche Inhaftierung und die neuerlichen Vorwürfe über Folter und andere Misshandlungen. Am 17. April 2023 hatte die bahrainische Regierung auf den Brief reagiert, indem sie Abdulhadi al-Khawaja nicht als Menschenrechtsverteidiger anerkannte, sondern als "Terroristen" bezeichnete. Weiter hieß es, er käme in den Genuss seiner Rechte, u. a. was Gesundheitsversorgung und Rechtsbeistand angehe.
Am 9. Mai 2023 begann Abdulhadi Al-Khawaja damit, täglich vor den Überwachungskameras des Gefängnishofes zu protestieren, um für sich und seine Mitgefangenen den Zugang zu Arztterminen einzufordern. Er hielt Schilder in die Kameras, auf denen stand: "Die Vorenthaltung medizinischer Behandlungen ist langsamer, systematischer Mord" und "Ihr macht euch der Folter schuldig und verhindert medizinische Behandlungen". Am 14. Mai sagte er seiner Familie, dass er seinen Protest vorübergehend aussetze, da die Gefängnisverwaltung bessere Bedingungen zugesichert und ihm den Zugang zu angemessener Behandlung versprochen habe. Er hat jedoch bis heute keinen Zugang zu der nötigen fachärztlichen Behandlung erhalten.
Am 15. Dezember 2022 verabschiedete das Europäische Parlament eine Dringlichkeitserklärung, in der unter anderem der Fall von Abdulhadi Al-Khawaja hervorgehoben und seine Freilassung gefordert wurde.
Bei einem Telefonat am 6. November 2022 berichtete Abdulhadi Al-Khawaja seinen im Ausland lebenden Töchtern, dass ihm eine Reihe weiterer neuer Verfahren drohten. Er sagte ihnen, dass am 3. November 2022 in seiner Abwesenheit ein Prozess vor dem Zweiten Strafgericht gegen ihn begann. Ihm wurde vorgeworfen, im November 2021 einen Plastikstuhl zerstört und einen Mitarbeiter des Jaw-Gefängnisses beleidigt zu haben, nachdem ihm verweigert wurde, mit seinen Töchtern zu telefonieren. Am 21. November 2022 begann sein zweites Verfahren wegen des Vorwurfs der Beamtenbeleidigung. Dabei geht es um einen Vorfall vom 30. März 2022, als Abdulhadi Al-Khawaja gegen das Normalisierungsabkommen mit Israel (Abraham-Abkommen) protestiert hatte und einem Gefängniswärter gesagt hatte, dass er ein schlechter Mensch sei, weil er Gefangene wie Tiere behandle.
Am 28. November 2022 sprach das Gericht Abdulhadi Al-Khawaja in beiden Fällen schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe. Die beiden Fälle wurden vor dem Zweiten Hohen Berufungsgericht für Strafsachen verhandelt. Das Gericht entschied außerdem am 29. Dezember 2022, dass Abdulhadi Al-Khawaja nicht das Recht habe, Rechtsmittel gegen seine Verurteilung wegen eines zweiten Falles der Beleidigung von Staatsbediensteten und gegen die Geldstrafe von 100 Bahrain-Dinar (etwa 250 Euro) einzulegen. Am 5. Januar 2023 bestätigte das Gericht seine Verurteilung und die Geldstrafe von 60 Bahrain-Dinar (etwa 150 Euro), weil er im November 2021 einen Stuhl zerbrochen und einen Staatsbediensteten beleidigt haben soll.
Abdulhadi Al-Khawaja durfte an keiner der Gerichtsverhandlungen teilnehmen.