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Bahrain: Für Minderjährige muss Jugendstrafrecht gelten!

Child detainees in Bahrain
© Demotix/Satraawi Bahrain
Vier Minderjährige stehen unter anderem wegen Brandstiftung und der Verwendung von Molotowcocktails vor Gericht. Das auf Terrorismusbekämpfung spezialisierte Gericht behandelt die Fälle nach Erwachsenenstrafrecht. Mindestens zwei der Angeklagten wurden ohne ihre Rechtsbeistände verhört.
Appell an
Khaled bin Ali Al Khalifa
82 Road No. 7
Diplomatic Area
Manama
BAHRAIN
Sende eine Kopie an
Botschaft des Königreichs Bahrain
S. E. Herrn Abdulla Abdullatif Al Shaikh Abdulla
Klingelhöferstr. 7
10785 Berlin
Fax: 030-868 777 88
E-Mail: info@bahrain-embassy.de
Amnesty fordert:
- Bitte untersuchen Sie, weshalb die Jungen ohne Rechtsbeistand oder gesetzlichen Vormund verhört wurden und überweisen Sie ihre Fälle an die Strafjustiz für Minderjährige, die seit der Ratifizierung von Gesetz Nr. 4/2021 durch den König zuständig ist.
- Ich fordere Sie auf, alle vier Jungen in einer Art und Weise zu behandeln, die ihrem besten Interesse als Minderjährige entspricht. Stellen Sie sicher, dass die Inhaftierung nur als letztes Mittel und für möglichst kurze Zeit eingesetzt wird und dass Alternativen zur Inhaftierung während des gesamten Verfahrens vorgezogen werden.
Sachlage
Die vier Minderjährigen Husain Abdulrasool Salman Abdulla Husain (16), Sayed Hasan Ameen Jawad Abdulla (16), Faris Husain Habib Ahmed Salman (17) und Mohammed Jaafar Jasim Ali Abdulla (16) müssen sich derzeit in einem Verfahren vor der Abteilung 4 des Hohen Strafgerichts verantworten. Das auf Terrorismusbekämpfung spezialisierte Gericht behandelt ihre Fälle nach Erwachsenenstrafrecht. Sie werden beschuldigt, am 14. Februar 2020 in dem Dorf Karrana nordwestlich der Hauptstadt Manama Brandstiftung begangen und Molotowcocktails verwendet zu haben. Ihnen drohen jeweils zwischen zwei und zehn Jahre Haft.
Am 30. November 2020 wurde Husain Abdulrasool von der Kriminalpolizei vorgeladen, ohne Anwesenheit eines Rechtsbeistands oder eines Elternteils verhört und dann in Gewahrsam genommen. Die Kriminalpolizei verwies seinen Fall an die Staatsanwaltschaft für Terrorstraftaten. Am 10. Februar 2021 wurden die anderen drei Jungen und ihre Väter ebenfalls von der Kriminalpolizei vorgeladen und angewiesen, am nächsten Tag vor Gericht zu erscheinen. Am 11. Februar fand vor dem Gericht die erste Anhörung der vier Jungen statt. Dabei wurden drei von ihnen angeklagt und inhaftiert, obwohl alle vier die Vorwürfe bestritten. Später verhörte die Kriminalpolizei Sayed Hasan ohne die Anwesenheit seines Rechtsbeistands oder seines Vaters. Am 16. und 24. Februar hielt das Gericht zwei weitere Anhörungen ab; die nächste ist für den 4. März 2021 angesetzt. Die vier Jungen werden weiterhin in der Jugendstrafanstalt in Dry Dock festgehalten.
Als Vertragsstaat der UN-Kinderrechtskonvention verstößt Bahrain mit diesem Vorgehen gegen seine Verpflichtungen. Die vier Jungen sind unter 18 Jahre alt und daher minderjährig. Demnach müssten sie nach dem Jugendrecht behandelt werden. Laut dem UN-Ausschuss für Kinderrechte sollten Minderjährige immer im Rahmen von spezialisierten Kinderjustizsystemen und in einer Art und Weise behandelt werden, die mit der Förderung des Gefühls der Würde und des Wertes des Kindes im Einklang steht.
Hintergrundinformation
Im Februar 2020 erhielt die Familie von Husain Abdulrasool Salman Abdulla Husain einen Anruf, dass sein Vater ihn zur Kriminalpolizei begleiten solle. Die beiden begaben sich zum Gebäude der Kriminalpolizei, wo Husain Abdulrasool ohne Rechtsbeistand und ohne seinen Vater verhört wurde. Er wurde über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe informiert und gezwungen, ein Dokument zu unterschreiben. Außerdem wurde ihm mitgeteilt, dass er bis zu seiner Freilassung unter Beobachtung gestellt würde. Parallel dazu wurde auch sein Vater zu ihm befragt. Danach hörte der Vater, wie die Ermittler_innen seinen Sohn anschrien, er solle gestehen. Husain Abdulrasool Salman Abdulla Husain erzählte seiner Familie später, dass er zudem ins Gesicht geschlagen worden sei.
Am 30. November 2020 wurde Husain Abdulrasool Salman Abdulla Husain erneut von der Kriminalpolizei vorgeladen. Er erschien mit seinem Vater und wurde festgenommen. Während seines Verhörs ohne Rechtsbeistand gestand er, am 14. Februar 2020 gemeinsam mit drei anderen Jungen an der Verbrennung von Reifen und dem Hantieren mit Molotowcocktails beteiligt gewesen zu sein. Der Fall wurde an die Staatsanwaltschaft für terroristische Straftaten weitergeleitet, die ihn gemäß Paragraf 277 Absatz 1, Paragraf 277a, Paragraf 277a Absatz 1 und Paragraf 277 Absatz 2a des Strafgesetzbuchs anklagte. Die Vorwürfe bezogen sich auf den Vorfall vom 14. Februar 2020 im Dorf Karrana nordwestlich der Hauptstadt Manama. Sie lauteten vorsätzliche Brandstiftung; Herstellung von Molotowcocktails mit anderen unbekannten Personen mit dem Ziel, sie zu verwenden und Leben und Eigentum zu gefährden; Beschaffung und Besitz von Molotowcocktails mit dem Ziel, sie zu verwenden und Leben und Eigentum zu gefährden; und Verwendung von Molotowcocktails mit dem Ziel, Leben und Eigentum zu gefährden. Außerdem wurde er gemäß Paragraf 178 und Paragraf 179 angeklagt, an einer illegalen Versammlung von mehr als fünf Personen teilgenommen zu haben, um durch Gewalt die öffentliche Sicherheit zu stören. Der Fall wurde an die Abteilung 4 des Hohen Strafgerichts verwiesen. Das Verweisdokument führte die Namen der vier Jungen auf und gab an, dass drei von ihnen – Sayed Hasan Ameen Jawad Abdulla, Faris Husain Habib Ahmed Salman und Mohammed Jaafar Jasim Ali Abdulla – auf der Flucht seien.
Sayed Hasan Ameen leidet an Sichelzellenanämie und eingeschränkter Herzfunktion. Im Oktober und November 2020 wurde er zweimal ins Krankenhaus eingeliefert. Während des ersten Krankenhausaufenthalts verbrachte er eine Woche auf der pädiatrischen Intensivstation des Salmaniya Medical Complex und wurde unter anderem wegen eines Krampfanfalls, einer Enzephalopathie und einer durch die Sichelzellenkrankheit bedingten vaso-okklusiven Krise behandelt.
Am 14. Februar 2021 ratifizierte der König das Gesetz Nr. 4/2021 über die Strafjustiz für Kinder und deren Schutz vor Misshandlung. Laut dem neuen Gesetz gilt jede Person unter 18 Jahren gemäß UN-Kinderrechtskonvention rechtlich als minderjährig. Für Straftaten, die vor dem 18. Geburtstag einer Person begangen wurden, sollen dementsprechend nun Jugendgerichte zuständig sein. Bis zuletzt galt im bahrainischen Strafrecht jede Person bereits ab dem Alter von 15 Jahren als Erwachsene_r, obwohl Bahrain Vertragsstaat der UN-Kinderrechtskonvention ist.
Laut Artikel 37 der UN-Kinderrechtkonvention haben die Vertragsstaaten sicherzustellen "(d) dass jedes Kind, dem die Freiheit entzogen ist, das Recht auf umgehenden Zugang zu einem rechtskundigen oder anderen geeigneten Beistand und das Recht hat, die Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung bei einem Gericht oder einer anderen zuständigen, unabhängigen und unparteiischen Behörde anzufechten, sowie das Recht auf alsbaldige Entscheidung in einem solchen Verfahren." Ferner ist laut Artikel 40 (2) sicherzustellen, "(a) dass kein Kind wegen Handlungen oder Unterlassungen, die zur Zeit ihrer Begehung nach innerstaatlichem Recht oder Völkerrecht nicht verboten waren, der Verletzung der Strafgesetze verdächtigt, beschuldigt oder überführt wird" sowie "(b) dass jedes Kind, das einer Verletzung der Strafgesetze verdächtigt oder beschuldigt wird" Anspruch darauf hat, "(ii) unverzüglich und unmittelbar über die gegen das Kind erhobenen Beschuldigungen unterrichtet zu werden, gegebenenfalls durch seine Eltern oder seinen Vormund, und einen rechtskundigen oder anderen geeigneten Beistand zur Vorbereitung und Wahrnehmung seiner Verteidigung zu erhalten" und "(iv) nicht gezwungen zu werden, als Zeuge auszusagen oder sich schuldig zu bekennen, sowie die Belastungszeugen zu befragen oder befragen zu lassen und das Erscheinen und die Vernehmung der Entlastungszeugen unter gleichen Bedingungen zu erwirken."