Weiteren Studierenden droht Abschiebung

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Die ägyptischen Behörden haben zehn weitere uigurische Studierende nach China abgeschoben. Damit steigt die Gesamtzahl für Juli auf 22 an. Etwa 200 weitere Personen sind in Gefahr, in das asiatische Land abgeschoben zu werden. Dort drohen ihnen schwere Menschenrechtsverletzungen.

Appell an

Magdy Abdel Ghaffar

Ministry of Interior

Fifth Settlement

Neu-Kairo


ÄGYPTEN

Sende eine Kopie an

Stellvertretende Beauftragte für Menschenrechte im Aussenministerium

Laila Bahaa Eldin


Ministry of Foreign Affairs

Corniche el-Nile

Kairo

ÄGYPTEN


Fax: (00 202) 2574 9713

E-Mail: contact.us@mfa.gov.eg

Twitter: @MfaEgypt

Botschaft der Arabischen Republik Ägypten

S. E. Herrn Badr Ahmed Mohamed Abdelatty

Stauffenbergstraße 6-7

10785 Berlin


Fax: 030-477 1049

E-Mail:
embassy@egyptian-embassy.de

Amnesty fordert:

  • Hiermit fordere ich Sie nachdrücklich auf, Ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen und Abschiebungen von Uigur_innen von Ägypten nach China einzustellen, wo ihnen schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.
  • Ich bitte Sie außerdem, dafür zu sorgen, dass die inhaftierten uigurischen Studierenden die Möglichkeit erhalten, einen Asylantrag zu stellen, und dass ihre Fälle auf Einzelfallbasis geprüft werden. Außerdem müssen sie die Möglichkeit erhalten, gegen geplante Abschiebungen Widerspruch einzulegen.
  • Zudem bitte ich Sie, dafür zu sorgen, dass die inhaftierten Uigur_innen die Möglichkeit erhalten, Rechtsmittel gegen ihre anhaltende Inhaftierung einzulegen und sie vor Misshandlungen zu schützen. Außerdem müssen alle Misshandlungsvorwürfe umfassend und unparteiisch untersucht werden.

Sachlage

Die ägyptischen Behörden haben zehn weitere uigurische Studierende nach China abgeschoben. Damit steigt die Gesamtzahl für Juli auf 22 an. Etwa 200 weitere Personen sind in Gefahr, in das asiatische Land abgeschoben zu werden. Dort drohen ihnen schwere Menschenrechtsverletzungen.

Am 1. Juli begannen die Behörden in Ägypten mit einer Reihe von Festnahmen chinesischer Staatsangehöriger. Betroffen sind vor allem Uigur_innen, doch Berichten zufolge auch muslimische Studierende, bei denen es sich um Hui- und Han-Chines_innen handelt. Am 6. Juli schoben die ägyptischen Behörden mindestens zwölf uigurische Studierende nach China ab, zehn weitere folgten zwischen dem 11. und 14. Juli. Weder die ägyptischen noch die chinesischen Behörden gaben etwas über ihr weiteres Schicksal oder ihren Aufenthaltsort bekannt.

Nach Informationen von Amnesty International halten die ägyptischen Behörden weiterhin mehr als 200 uigurische Studierende fest, wovon die meisten im Tora-Gefängnis in Kairo inhaftiert sind. Viele der Betroffenen studieren an der Al-Azhar-Universität in Kairo. Die Inhaftierten wurden bisher mindestens viermal von ägyptischen und chinesischen Beamt_innen verhört, wobei sie zu ihrem Studium, ihren Aktivitäten und ihrem Aufenthalt in Ägypten befragt wurden. Nach den Angaben eines Anwalts, der einige der Studierenden vertritt, wurden diese von ägyptischen Polizeikräften körperlich misshandelt. Außerdem wurde ihnen Wasser und Lebensmittel verweigert, die ihnen in die Haftanstalt geschickt worden waren.

Der Radiosender Radio Free Asia berichtete, dass am 23. Juli vier chinesische Sicherheitskräfte in Begleitung von zwei ägyptischen Polizisten in Zivil versucht hätten, einen uigurischen Aktivisten in seiner Wohnung in Kairo festzunehmen. Dieser konnte jedoch entkommen. Nach Informationen von Amnesty International verstecken sich uigurische Studierende und haben aufgrund des harten Durchgreifens der Sicherheitskräfte momentan Angst, ihre Wohnungen zu verlassen.

Seit Jahrzehnten werden Uigur_innen immer wieder Opfer von schweren Menschenrechtsverletzungen durch die chinesische Regierung. Dazu zählen willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen, Haft ohne Kontakt zur Außenwelt und starke Einschränkungen ihrer Religionsfreiheit und sozialen und kulturellen Rechte. Bei einer Rückführung nach China wären das Leben und die Freiheit der festgenommenen uigurischen Studierenden gefährdet.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Uiguren sind eine größtenteils muslimische ethnische Minderheit, die hauptsächlich in der Autonomen Region Xinjiang auf dem Gebiet der Volksrepublik China lebt. Seit den 1980er-Jahren werden Uigur_innen immer wieder Opfer von systematischen schweren Menschenrechtsverletzungen wie willkürliche Festnahme und Inhaftierung, Haft ohne Kontakt zur Außenwelt und starke Einschränkungen ihrer Religionsfreiheit und sozialen und kulturellen Rechte. Die lokalen Behörden kontrollieren die Religionsausübung weiterhin streng. So ist es beispielsweise allen Staatsbediensteten und Kindern unter 18 Jahren verboten, in Moscheen zu beten. Die Politik der chinesischen Regierung schränkt den Gebrauch der uigurischen Sprache und die Religionsfreiheit in erheblichem Maße ein und fördert den Zustrom von Han-Chinesen in die Region.

Laut Berichten des Radiosenders Radio Free Asia haben die chinesischen Behörden seit Mai 2017 mit einer Kampagne begonnen, um im Ausland studierende Uigur_innen nach China zurückzuholen. Radio Free Asia sind Informationen zugekommen, wonach der Verbleib der Studierenden, die bisher nach China zurückgeführt wurden, unbekannt ist. Medienberichten zufolge haben die chinesischen Behörden außerdem die Reisepässe der Uigur_innen beschlagnahmt, um ihre Bewegungsfreiheit einzuschränken. Im vergangenen Jahr hat China die Einschränkungen für die Ausübung der islamischen Religion noch verschärft. Dazu gehört das Verbot muslimischer Kindernamen, das Zwingen von Kindern und Regierungsmitarbeiter_innen, während des Ramadan zu essen, sowie die Überwachung der Bevölkerung zuhause, um sicherzustellen, dass nicht gebetet wird.

Seit Jahrzehnten werden die Menschenrechte von Uigur_innen verletzt, doch in den vergangenen Jahren hat sich die Situation noch weiter verschärft. Seit den Angriffen auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001 nutzen die chinesischen Behörden den "Krieg gegen den Terror" als Vorwand dafür, die Uigur_innen noch stärker zu unterdrücken. Sie stellen die Manifestation von Unzufriedenheit seitens der Uigur_innen in den Kontext des internationalen Terrorismus und klassifizieren ungewünschte Ausdrücke uigurischer kultureller Identität als "separatistisches" Verhalten.

Im Mai 2014 begann in der autonomen Region Xinjiang eine einjährige Kampagne im Namen der Terrorbekämpfung, in deren Rahmen es zu zahlreichen Festnahmen, summarischen Gerichtsverfahren und Massenverurteilungen kam. Die Regierung forderte eine bessere "Zusammenarbeit" zwischen Strafverfolgungsbehörden und Gerichten, wodurch Befürchtungen laut wurden, dass das Recht der Angeklagten auf faire Gerichtsverfahren nicht gesichert sei. Die Kampagne mit dem Namen "Hartes Durchgreifen" wurde in den darauffolgenden Jahren noch ausgeweitet und die Behörden stellten zusätzliche Mittel für Polizeiarbeit und Einsatzkräfte zum "Erhalt der sozialen Stabilität" bereit. Daher entschließen sich viele Uigur_innen, aus dem Land zu fliehen. Als Reaktion darauf schikanieren die chinesischen Behörden die zurückgebliebenen Verwandten der Geflüchteten, um ihre Rückkehr zu erwirken. Außerdem werden verstärkt Anstrengungen unternommen, um den Einsatz von uigurischen Aktivist_innen in anderen Ländern für Menschenrechte und politische Rechte stark einzuschränken. Viele im Ausland lebende Uigur_innen, darunter auch Asylsuchende und geflüchtete Menschen, sind daher zunehmend besorgt, dass sie nach China zurückgeführt werden könnten. In den vergangenen Jahren sind zahlreiche uigurische Asylsuchende aus südost- und zentralasiatischen Ländern nach China zurückgeführt worden.

Ägypten ist Vertragsstaat des UN-Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention) und ist daher verpflichtet, Personen nicht in Gebiete aus- oder zurückzuweisen, in denen aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Religion, Staatsangehörigkeit, Mitgliedschaft einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe oder ihrer politischen Überzeugung ihre Freiheit oder ihr Leben bedroht sind.