Untersuchungshaft für Menschenrechtler

Ägypten - Streetart

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Am 9. Februar ordnete ein Gericht 45 Tage Untersuchungshaft für den Menschenrechtsverteidiger Ezzat Ghoniem an. Ezzat Ghoniem und Azzoz Mahgoub waren am 1. März 2018 inhaftiert worden. Eine gerichtliche Anordnung vom 4. September 2018, sie freizulassen, wurde nicht umgesetzt. Stattdessen ließen die Behörden sie am 14. September 2018 verschwinden. Ezzat Ghoniem blieb bis zum 9. Februar verschwunden. An diesem Tag sahen ihn Rechtsänwält_innen am Strafgericht in Kairo. Azzoz Mahgoub wird immer noch ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten.

Appell an

Nabil Sadek

Office of the Public Prosecutor

Dar al-Qada al-Ali, Down Town, Cairo,

ÄGYPTEN

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK ÄGYPTEN

S. E. Herrn Badr Ahmed Mohamed Abdelatty

Stauffenbergstraße 6-7, 10785 Berlin


Fax: 030-477 1049

E-Mail:
embassy@egyptian-embassy.de

Amnesty fordert:

  • Bitte stellen Sie sicher, dass Ezzat Ghoniem umgehend und bedingungslos freigelassen wird und geben Sie Auskunft über das Schicksal und den Verbleib von Azzoz Mahgoub. Beide wurden nur aufgrund ihrer friedlichen Menschenrechtsarbeit und der Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung inhaftiert.
  • Lassen Sie bitte alle Anklagen gegen Ezzat Ghoniem und Azzoz Mahgoub fallen und stellen Sie zudem sicher, dass die beiden bis zu ihrer Freilassung vor Folter und anderweitiger Misshandlung geschützt sind und dass ihre Haftbedingungen den internationalen Standards entsprechen.
  • Ich möchte höflich darauf dringen, dass umgehend eine unabhängige, zielführende und unparteiische Untersuchung zu den Umständen um Ezzat Ghoniems Verschwindenlassen zwischen dem 14. September 2018 und dem 9. Februar 2019 sowie der fortgesetzten Haft ohne Kontakt zur Außenwelt von Azzoz Mahgoub durchgeführt wird. Veröffentlichen Sie die Ergebnisse und stellen Sie sicher, dass alle Tatverdächtigen im Zusammenhang mit Verstößen  gegen die Rechte der Gefangenen in fairen Verfahren vor Gericht gestellt werden.

Sachlage

Am 9. Februar ordnete ein Gericht für den Menschenrechtsverteidiger und Anwalt Ezzat Ghoniem für die Dauer des Verfahrens 441/2018 Untersuchungshaft für vorerst 45 Tage an.

Am 1. März 2018 waren Ezzat Ghoniem und Azzoz Mahgoub unter den Anschuldigungen "Beitritt zu einer verbotenen Gruppe", "Verbreitung falscher Nachrichten" und "Weitergabe falscher Informationen an internationale Körperschaften" festgenommen worden. Ihre 15-tägige Haftanordnung wurde bis zum 4. September 2018 immer wieder verlängert. Dann ordnete ein Gericht unter der Auflage, sich zweimal wöchentlich auf einer Polizeiwache zu melden, ihre vorläufige Freilassung an. Sie wurden jedoch nicht freigelassen. Stattdessen ließen Angehörige des Geheimdienstes sie am 14. September verschwinden. Da sie die Auflagen ihrer Bewährung in dieser Lage nicht einhalten konnten, wurde am 20. Oktober 2018 von dem Richter, der auch die letzte Anordnung gegen Ezzat Ghoniem ausgestellt hatte, Haftbefehl gegen die beiden erlassen. Ezzat Ghoniem war bis zum 9. Februar verschwunden. An diesem Tag sahen ihn Rechtsänwält_innen mit verbundenen Augen in einem Glaskäfig am Strafgericht in Kairo. Azzoz Mahgoub befindet sich ebenfalls nach wie vor im Gewahrsam der Behörden. Sein Schicksal und sein Verbleib sind weiterhin nicht bekannt.

Amnesty International ist der Ansicht, dass die Vorwürfe gegen Ezzat Ghoniem und Azzoz Mahgoub jeder Grundlage entbehren und sie lediglich aufgrund ihrer friedlichen Menschenrechtsarbeit und der Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung inhaftiert wurden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am 1. März 2018 nahmen die ägyptischen Behörden Ezzat Ghoniem, den Mitbegründer der Ägyptischen Koordinierungsbüros für Rechte und Freiheiten, fest, als er in Gizeh auf dem Heimweg war. Sicherheitskräfte hielten ihn drei Tage lang ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft und leugneten gleichzeitig seine Inhaftierung. Die Staatsanwaltschaft der Staatssicherheit verhörte ihn in dieser Zeit, ohne dass er Zugang zu einem Rechtsbeistand hatte. Angehörige des Geheimdienstes filmten Ezzat Ghoniem ohne dessen Einverständnis. Ausschnitte aus diesem Video erschienen später auf der Facebook-Seite des Innenministeriums, auf der Ezzat Ghoniem außerdem beschuldigt wurde, Teil einer organisierten "Menschenrechtsterrorismus-Verschwörung" zu sein. Am 1. März 2018 nahmen die ägyptischen Behörden auch den Anwalt Azzoz Mahgoub fest. Azzoz Mahgoub ist der Rechtsbeistand von Mona Mahmoud (auch bekannt als "Om Zubida"), die sich seit der Veröffentlichung eines BBC-Beitrags in Haft befindet. Darin hatte sie die Folter und das Verschwindenlassen ihrer Tochter geschildert. Azzoz Mahgoub und Ezzat Ghoniem wurden beide mit der Begründung einer gegen sie laufenden Untersuchung im Tora-Gefängnis festgehalten.

Am 4. September 2018 ordnete ein Gericht ihre vorläufige Freilassung unter der Auflage an, sich zweimal wöchentlich auf einer Polizeiwache zu melden. Doch die Behörden hielten Azzoz Mahgoub und Ezzat Ghoniem weiter in Gewahrsam und schnitten sie am 14. September 2018 in Haft vom Kontakt zur Außenwelt ab. Am 20. Oktober 2018 erließ das Gericht einen Haftbefehl gegen die beiden Angeklagten mit der Begründung, sie hätten gegen die Bewährungsauflagen verstoßen. Ezzat Ghoniem tauchte am 9. Februar 2019 nach fast vier Monaten des Verschwindenlassens endlich wieder auf: Er wurde gesehen, als ihn die Behörden einem Gericht vorführten. Amnesty International wurde berichtet, dass er mit verbundenen Augen in einem Glaskäfig stand und dieselbe Kleidung trug, in der er im September 2018 dem Gericht vorgeführt worden war. Ezzat Ghoniem gab an diesem Tag vor Gericht an, dass er an einem geheimen Ort festgehalten worden sei, man ihm nicht gestattet habe, zu seinen Rechtsbeiständen oder seiner Familie Kontakt aufzunehmen. Außerdem sei er während dieser rechtswidrigen Haft nicht über die Gründe seiner Inhaftierung in Kenntnis gesetzt worden. Er erklärte dem Gericht, dass er nicht gegen die Bewährungsauflagen verstoßen habe, da er sie wegen seiner Inhaftierung nicht hätte befolgen können. Dennoch verhängte das Gericht 45 Tage Untersuchungshaft. Azzoz Mahgoub befindet sich nach wie vor ohne Kontakt zur Außenwelt im Gewahrsam der Behörden. Über sein Schicksal und seinen Verbleib ist nichts bekannt.