Amnesty Journal 12. Februar 2010

Schöne Kleider...

…und Schuhe gehörten zu Kakenya Ntaiyas Vorstellung von einem guten Leben. Es klingt nach dem abgegriffenen Klischee eines Mädchentraums, führte aber in ihrem Fall zu einem ganz ungewöhnlichen Lebensweg. Sie wusste, ihr Traum konnte nur Wirklichkeit werden, wenn sie nicht den Nachbarsjungen heiratet, dem sie versprochen war. Gegen die Tradition setzte sie durch, dass sie weiter die Schule besuchen durfte statt früh zu heiraten. Als erstes Mädchen aus ihrem Dorf hat sie studiert.

So fremd uns die Lebensbedingungen sein mögen, unter denen Ntaiya in Kenia aufwuchs, so nahe und nachvollziehbar sind die Wünsche – von Kleidern und Schuhen bis zu einem selbstbestimmten Leben –, die sie zu einem Beispiel für die "starken Mädchen" werden ließ, die wir in unserem Schwerpunkt vorstellen.

Fremd ist vielen in Deutschland auch die Gesellschaft in der Türkei. Dabei gibt es viele Verbindungen: Das Land ist ein beliebtes Urlaubsziel, viele Deutsche haben türkische Eltern, viele Türken leben in Deutschland. Wir nähern uns in dieser Ausgabe dem Land aus vier verschiedenen Blickwinkeln – auf den Seiten 40, 50, 62 und 72. Der Kampf um die Pressefreiheit spielt dabei eine Rolle, aber auch der positive Einfluss einer Fernsehserie. Die Krimis über die Fälle des Frauennotrufs der Polizei haben geholfen, die Stimmung zu ­ändern: Gewalt in der Familie wird nicht mehr totgeschwiegen.

Einen noch direkteren Einfluss haben Filme in manchen Ländern Afrikas. Welche Rolle Filme in Afrika spielen und wie es um "Nollywood", die expandierende Filmindustrie in Nigeria, bestellt ist, weiß [Dorothee Wenner](http://www.amnesty.de/journal/2010/februar/wir-wollen-unsere-geschichten-selbst-erzaehlen ""Wir wollen unsere Geschichten selbst erzählen""). Sie ist Afrikabeauftragte der Berlinale.

Filme aus Afrika wird sicher auch unsere Jury für den Amnesty-Filmpreis sichten, der auf der Berlinale im Februar vergeben wird. Wir sind gespannt, welche Entscheidung die Schauspielerin Barbara Sukowa, der Regisseur Pagonis Pagonakis und Chloe Baird-Murray von der britischen Amnesty-Sektion treffen werden. Den Gewinner werden wir Ihnen in der nächsten Ausgabe, die am 26. März erscheint, vorstellen. Wer sich schon vorher informieren möchte, kann aktuelle Berichte zur Berlinale und zu vielen anderen Themen aus dem Journal auf www.amnesty.de lesen.

Nach Redaktionschluss erreichten uns die Meldungen von dem verheerenden Erdbeben in Haiti. Sie lassen unsere Reportage überholt erscheinen. Auch Wharf Jérémie, aus dem unser Autor berichtet, ist zerstört. Nur von Alinx Jean-Baptiste wissen wir, dass er die Katastrophe überlebt hat. Von den anderen Menschen, die in dem Text vorgestellt werden, haben wir noch keine Nachricht.

Ferdinand Muggenthaler ist Redakteur des Amnesty Journals

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