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lit.COLOGNE: Ein Mammutabend für die Menschenrechte
Jubiläumsgala "50 Jahre Amnesty" auf dem Literaturfestival lit.COLOGNE, 17. März 2011 in Köln.
© Amnesty International / Claudia Ast / Ralf Juergens
Amnesty International – 50 Jahre Einsatz für die Menschenrechte! Von Anfang an im Fokus: Das Schicksal von Autoren, die aufgrund ihrer kritischen Texte und Meinungsäußerungen verfolgt werden. Was passte da besser als eine Amnesty-Jubiläumsgala auf dem Literaturfestival lit.COLOGNE? Ein Rückblick auf einen bewegenden literarisch-musikalischen Abend ganz im Zeichen der Menschenrechte:
Wassily Nemitz (18) ist Sprecher einer Jugendgruppe in Köln und aktiv in der Amnesty-Koordinationsgruppe Jugend. Als Mitglied des Organisationsteams bereitet er die Amnesty-Jahresversammlung 2011 vor, die an Pfingsten in Köln stattfindet. Für das Jugendportal redefreiheit.amnesty.de sitzt er im Redaktionsteam. Mitarbeit an diesem Rückblick: Julia Schell
17. März 2011, kurz vor 16 Uhr – ich parkte mein Fahrrad an der Kölner Lanxess-Arena. Eine große Runde Amnesty-Mitglieder des Kölner Bezirks wartete schon vor einem der Eingänge, bepackt mit zahlreichen Amnesty-Materialien. Gespannt waren wir alle: Werden sich die Gäste wohl für unsere Anliegen interessieren? Oder sind sie nur wegen der "Promis" gekommen?
Schon bald wurden wir eingelassen und konnten zwei große Amnesty-Stände aufbauen. Im Backstage-Bereich lagerten zahlreiche 50-Jahre-Amnesty-Jubiläumshefte und Menschenrechtserklärungen im Handformat. Wir holten die Materialien, hängten Amnesty-Banner und Plakate im Foyer der Arena auf. Um 18 Uhr war es dann soweit – die Tore öffneten sich und die ersten Zuschauer strömten herein. Bis zum Beginn der Veranstaltung sollten es fast 7.000 werden, die im Zeichen von Amnesty die Arena betraten. Und das Interesse war groß – sehr groß sogar.
Amnesty-Lesung auf dem internationalen Literaturfestival lit.COLOGNE,17. März 2011, Köln.
© lit.COLOGNE
Viele Besucher machten an den Ständen Halt, unterschrieben Petitionslisten für "Menschen in Gefahr", deckten sich mit Info-Material ein und bestärkten uns im Gespräch in unserem Einsatz für die Menschenrechte. Es war wirklich sehr motivierend, das zu erleben. Der absolute Höhepunkt war natürlich die Veranstaltung selbst:
Ein "Mammutabend" im Namen der Menschenrechte schrieb die FAZ und übertrieb dabei keineswegs: Drei Stunden lang lasen, rezitierten und interpretierten prominente Gäste unter Verzicht ihrer Gage ausgewählte Texte verfolgter Autoren wie z.B. der aktuellen Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller, des Chilenen Antonio Skármeta, des Kubaners Carlos Aguilera, der Tunesierin Sihem Bensedrine sowie Klassikern wie Bertolt Brecht und Joachim Ringelnatz. Ihnen allen und dem gemeinsamen, weltweiten Engagement für das Recht auf freie Meinungsäußerung widmete Amnesty diesen Abend.
Es war beeindruckend Herbert Grönemeyer, Katja Riemann, Charlotte Roche und weitere Prominente, die sich im Namen von Amnesty für verfolgte Autoren einsetzten, live zu sehen. Ich saß in der dritten Reihe und war immer wieder begeistert, wenn ich mich umdrehte und tausende von Menschen hinter mir sah, die sich für Menschenrechte, Amnesty und unsere gemeinsame Arbeit interessierten. Moderator Roger Willemsen hat auf der Bühne erwähnt: Dieser Abend war die größte Veranstaltung, die je in Deutschland zu Gunsten der Menschenrechte stattgefunden hat!
Herbert Grönemeyer liest Lyrik von Mascha Kaléko, lit-COLOGNE-Gala für Amnesty International, 2011.
© Amnesty International / Claudia Ast / Ralf Juergens
Einer der berühmtesten Schriftsteller, die durch Amnesty freikamen, war wohl Wole Soyinka. Der spätere Literaturnobelpreisträger hatte in den sechziger Jahren die Militärregierung seiner Heimat Nigeria offen kritisiert und musste dafür fast zwei Jahre ins Gefängnis. Aus seinem geistreichen und humorvollen Buch "Die Ausleger" las Maria Schrader. Aktuell setzt Amnesty sich mit Petitionslisten für die Freilassung des Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo ein. Unter anderem in seinem Essay "Von Freiheit und Redlichkeit", den Benno Fürmann an diesem Abend verlas, prangert er die repressive Politik in China an – und sitzt für seine regimekritischen Äußerungen in Haft: er wurde zu 11 Jahren Gefängnis verurteilt!
Literatur entscheidet – für die Menschenrechte
Der Gala-Abend stand ganz im Geiste von Stéphane Hessel, Mitautor der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 – als Aufruf, das Weltgeschehen nicht den Machthabern und Drückebergern zu überlassen. Und Amnesty International gab engagierten Autoren an diesem Abend eine Stimme, die auf kritische Zustände hinweisen, die sich nicht mundtot machen lassen. Darauf wies auch die deutsche Amnesty-Generalsekretärin Monika Lüke gegenüber der Deutschen Welle hin, die von der Veranstaltung international berichtete.
Ein Höhepunkt des Abends war für mich der Auftritt von Dogan Akhanli: Der Kölner Autor türkischer Herkunft litt jahrelang unter Repressionen der türkischen Behörden. Letztes Jahr war er aus fadenscheinigen Gründen in der Türkei inhaftiert worden, Anfang Dezember 2010 wurde er freigelassen – nicht zuletzt weil sich so viele Menschen (auch aus Köln) für ihn eingesetzt hatten. Amnesty hatte das Gerichtsverfahren beobachtet und kritisiert, dass unter Folter erzwungene Aussagen zum Prozess zugelassen waren. Er selbst formulierte es an diesem Abend so:
"Ich bin vor vielen Jahren weggegangen als Untergrundkämpfer und zurückgekehrt als Schriftsteller".
Als Dogan Akhanli die Bühne betrat, brach tosender Applaus los – da bekam nicht nur ich Gänsehaut! Seine im Gefängnis verfasste humorvolle Kurzgeschichte "Sibirien" trugen Bastian Pastewka, Frank Schätzing und Benno Fürmann in verteilten Rollen vor. Oliver Jungen bemerkte dazu in der FAZ:
"Es war wohltuend, dass Empörung auch die Form es befreienden Lachens haben kann."
Gut tat auch die musikalische Rahmung durch Max Herre, Joy Denalane und Klee, die wunderbar für Stimmung sorgten. Überrascht hat mich der sonst für sein musikalisches Schaffen bekannte Herbert Grönemeyer: Er erwies sich als hervorragender Vorleser von Lyrik, z.B. von Gedichten von Mascha Kaléko. Auch die Schauspielerinnen Nina Hoss, Cordula Stratmann und Katja Riemann, die Schriftstellerin Charlotte Roche, der Schauspieler Ulrich Matthes und der "Lautpoet" Michael Lentz erhoben ihre Stimmen – für verfolgte Autoren, für die Menschenrechte, für Amnesty International. Die Nachrichtenagentur dpa resümiert:
Insgesamt erwies sich der Abend trotz schwerer Kost als leicht verdaulich, trotz Länge als kurzweilig. Reine Unterhaltung war es dennoch nicht. In den Texten ging es um Folter und Qualen. Die Macher brachten zudem aktuelle Probleme ein, neben Libyen ging es auch um die Katastrophe in Japan.
Der Abschluss eines für alle Beteiligten bewegenden Abends: Stéphane Hessels Streitschrift "Empört euch!", die von allen Künstlern gemeinsam verlesen wurde – eine "ansteckende Empörung" (FAZ). Was daraus wird? Das kommt auf jeden Einzelnen an!
Mit einer Unterschrift auf Appellbriefen und Petitionen (auch online), als Teilnehmer bei Amnesty-Aktionen und Veranstaltungen, als Spender, Förderer oder Mitglied von Amnesty International kann sich Jede und Jeder einsetzen für die Menschenrechte.
Musikalische Rahmung des Abends: Unter anderem mit der Sängerin Joy Denalane.
© Amnesty International / Claudia Ast / Ralf Juergens
Ein erstes direktes Zeichen, dass diese Botschaft angekommen ist: Nach der Veranstaltung verteilten wir Kölner Amnesty-Aktivisten noch mehr Jubiläumshefte als vorher, sie wurden uns fast schon aus den Händen gerissen. Viele Menschen haben gesehen, dass das, wofür sich Amnesty seit Jahren einsetzt, nicht umsonst ist. Und dass unsere Arbeit – leider – weiter bitter nötig ist. Und deswegen hören wir auch nicht auf: Schon Mitte Juni wird die Jahresversammlung der deutschen Amnesty-Sektion in Köln stattfinden. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren – unter anderem ist eine große Open-Air-Veranstaltung auf dem Kölner Roncalliplatz zum 50. Geburtstag von Amnesty International geplant.
Nach einer Stunde Aufräumen verließ ich gegen Mitternacht den Ort dieser wunderbaren lit.COLOGNE-Gala ganz im Zeichen der Menschenrechte, und radelte hinein in die dunkle Kölner Nacht. Danke an alle, die diesen erfreulichen, inspirierenden Abend möglich gemacht haben!
Amnesty-Bezirk Köln | lit.COLOGNE | Amnesty.de-Sonderseite "Literatur" | Amnesty-Themengruppe Meinungsfreiheit
Aktualisierung vom 30. Mai 2011: Auf vielfachen Wunsch ergänzen wir diesen Rückblick mit der auf der lit.COLOGNE-Gala vorgelesenen Literatur:
- Eleanor Roosevelts Rede vor der Versammlung der Vereinten Nationen in Paris am 9. November 1948
- "Der Weg nach Hollywood" von Samuel Shimon (Irak)
- "Lieder aus dem Gefängnis" von Sergio Vesely (Chile)
- "Gedicht eines Straßenkindes" (Brasilien)
- "Weißt Du noch?" von María Cecilia Barbetta (Argentinien)
- "Erscheinungen" von Francisco Heredia (Argentinien)
- "Sie nahmen mir die Mutter und gaben mir ein Gewehr" China Keitetsi (Uganda)
- "Mein Iran" von Shirin Ebadi (Iran)
- "Weihnachtslied, chemisch gereinigt" von Erich Kästner
- "Das Buch des Außenseiters" von Fadhil al-Azzawi (Irak)
- "Die Ausleger" von Wole Soyinka (Nigeria)
- "Von Freiheit und Redlichkeit" von Liu Xiaboo (China)
- "Sibirien" von Dogan Akhanli (Türkei)
- "Diktatur" von Sihem Bensedrine (Tunesien)
- "Geografie der Angst" von Hamid Skif (Algerien)
- "Knochen" von Chenjerai Hove (Simbabwe)
- "Scham. Lajja" von Taslima Nasrin (Bangladesh)
- "Cristina und ihre Attrappe" Herta Müller (Rumänien)
- "Einmal sollte man" von Mascha Kaléko (Österreich-Ungarn/Polen)
- "Empört Euch!" von Stéphane Hessel (Frankreich)