Amnesty Report Uganda 28. März 2023

Uganda 2022

Amnesty-Logo: Kerze umschlossen von Stacheldraht.

Berichtszeitraum: 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2022

Die ugandischen Behörden gingen auch weiterhin ohne rechtliche Grundlage gegen Proteste vor. Sie griffen auf Präventivhaft und Strafanzeigen zurück, um Kritik zu unterdrücken, und ordneten die Schließung einer LGBTI-Dachorganisation an. Der Präsident erteilte Sicherheitsausschüssen auf Distriktebene stärkere Befugnisse für die Autorisierung von Zwangsräumungen, wodurch das Risiko rechtswidriger Zwangsräumungen anstieg. Durch den geplanten Bau der Ostafrikanischen Rohölpipeline drohten Umweltschäden sowie eine Beeinträchtigung der Lebensgrundlagen und der Gesundheit der Bevölkerung. Uganda beherbergte beinahe 1,5 Millionen Flüchtlinge, von denen 100.000 im Jahr 2022 eintrafen.

Hintergrund

Am 1. Juli 2022 nahm Uganda 139 der 273 Empfehlungen aus der Allgemeinen Regelmäßigen Überprüfung durch den UN-Menschenrechtsrat (UPR-Prozess) an. Dazu gehörte die Umsetzung des Nationalen Aktionsplans für Menschenrechte und die Förderung des Rechts auf Gesundheit und Bildung für Mädchen. Wichtige weitere Empfehlungen zum Schutz der Menschenrechte wurden dagegen nicht angenommen.

Am 20. September 2022 bestätigte das Gesundheitsministerium einen Ebola-Ausbruch, nachdem ein Ansteckungsfall mit dem sudanesischen Ebola-Virus im Distrikt Mubende in Zentraluganda gemeldet worden war. Zum Jahresende gab es 142 bestätigte Ansteckungsfälle; 56 Personen starben und 86 erholten sich wieder von der Infektion.

Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit

Die Regierung nahm die UPR-Empfehlungen zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen, Akteur*innen der Zivilgesellschaft, Blogger*innen und Journalist*innen vor Einschüchterung und Schikane nicht an.

Vom 12. Mai 2022 an stand der Oppositionsführer Kizza Besigye unter Hausarrest, nachdem er versucht hatte, in der Hauptstadt Kampala einen Protestmarsch gegen die hohen Lebenshaltungskosten zu organisieren. Als er sein Haus am 23. Mai dennoch verließ, um seine Proteste in Kampala fortzusetzen, nahm die Polizei ihn fest und inhaftierte ihn. Kizza Besigye hatte als Leiter der Partei Forum für Demokratischen Wandel und der politischen Interessengruppe People’s Front for Transition auf einer Reihe von Demonstrationen als Redner die Inflation und die hohen Lebenshaltungskosten angeprangert. Die Polizei machte geltend, ihn mit der Inhaftierung an der Ausführung einer Straftat gehindert zu haben. Am 6. Juni wurde er gegen Kaution freigelassen. Am 14. Juni nahm die Polizei ihn erneut fest, weil er im Zentrum Kampalas gegen die wirtschaftliche Situation protestiert hatte. Kizza Besigye verbrachte wegen des Vorwurfs der Anstiftung zur Gewalt zwei Wochen in Untersuchungshaft, bevor er am 1. Juli gegen Zahlung einer Kaution in Höhe von 2,5 Mio. Uganda-Schilling (etwa 645 Euro) freigelassen wurde.

Am 30. Mai 2022 nahm die Polizei die Parlamentsabgeordnete Anna Adeke und die stellvertretende Bürgermeisterin von Kampala, Doreen Nyanjura, sowie die vier Aktivistinnen Wokuri Mudanda, Susan Nanyojo, Mariam Kizito und Alice Amony in Kampala fest, weil sie gegen die Inhaftierung von Kizza Besigye und die steigenden Lebenshaltungskosten protestiert hatten. Sie wurden wegen Anstiftung zur Gewalt und Abhaltens einer illegalen Demonstration angeklagt und im Luzira-Hochsicherheitsgefängnis von Kampala inhaftiert, bevor sie am 7. Juni gegen Kaution freigelassen wurden. Der Fall wurde von dem Gericht des Rechtszentrums Law Development Centre in Kampala mindestens viermal vertagt, bevor sämtliche Anklagen am 5. Dezember fallen gelassen wurden.

Am 13. Oktober unterzeichnete Präsident Museveni ein Änderungsgesetz gegen Computermissbrauch (Computer Misuse [Amendment] Bill 2022). Es sieht restriktive Bestimmungen in Bezug auf den unbefugten Zugang zu Informationen und Daten vor, einschließlich des Abfangens, Aufzeichnens und der Weitergabe. Bei Verstößen drohen schwere Strafen wie Geldbußen in Höhe von 15 Mio. Uganda-Schilling (etwa 3.500 Euro) und/oder Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren. Staatsbedienstete können bei einer Verurteilung entlassen oder zur Niederlegung ihres Amtes gezwungen werden.

Recht auf ein faires Gerichtsverfahren

Am 6. Juni 2022 entschied das Hohe Gericht in Kampala, dass die vom Obersten Amtsgericht in der Buganda Road festgelegten Kautionsbedingungen für Kizza Besigye zu hart und überzogen waren, und reduzierte seine Kaution von fast 30 Mio. Uganda-Schilling (etwa 7.740 Euro) auf 3 Mio. Uganda-Schilling (etwa 774 Euro) (siehe "Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit").

Willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen

Die Polizei ignorierte eine gerichtliche Anordnung vom 4. Januar 2022 zur Freilassung des Aktivisten und Schriftstellers Kakwenza Rukirabashaija. Er war in der Woche davor von Angehörigen des Sondereinsatzkommandos ohne Haftbefehl und unter Androhung von Gewalt in seinem Haus in Kampala festgenommen worden. Kakwenza Rukirabashaija wurde im Kitalya-Gefängnis in Kampala inhaftiert, nachdem die Polizei geltend gemacht hatte, er habe mit seinen Twitter-Posts Generalleutnant Muhoozi Kainerugaba, den Sohn des Präsidenten, stören wollen.

Am 11. Januar, 13 Tage nach seiner Festnahme, klagte die Polizei Kakwenza Rukirabashaija in einer geschlossenen Sitzung vor dem Obersten Amtsgericht in der Buganda Road an. Dort gab er an, gefoltert worden zu sein, als er sich ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft befand. Die Polizei ließ ihn am 26. Januar wieder frei, nachdem das Gericht aus medizinischen Gründen seine Freilassung gegen Kaution verfügt hatte. Im Februar floh Kakwenza Rukirabashaija aus Uganda.

Am 10. März 2022 führten Sicherheitskräfte eine Razzia in den Büros des Medien- und Nachrichtenunternehmens Digitalk TV in Kampala durch und nahmen den Schriftsteller Norman Tumuhimbise, die Journalistin Farida Bikobere und sieben weitere Mitarbeiter*innen im Zusammenhang mit einem Beitrag von Norman Tumuhimbise in den Sozialen Medien über die Veröffentlichung seiner beiden Romane fest. Alle wurden ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten. Sieben der Inhaftierten wurden am 16. März bedingungslos freigelassen. Am selben Tag wurden Norman Tumuhimbise und Farida Bikobere gemäß Absatz 25 bzw. 26 des Gesetzes gegen Computermissbrauch von 2011 wegen "beleidigender Kommunikation" und "Cyberstalking" gegenüber Präsident Museveni vor Gericht angeklagt. Außerdem wurde ihnen vorgeworfen, sie hätten ihre Onlineplattform dazu missbraucht, "den Frieden und die Ruhe des Präsidenten zu stören". Sie wurden im Luzira-Hochsicherheitsgefängnis inhaftiert und am 21. März gegen eine Kaution von jeweils 500.000 Uganda-Schilling (etwa 130 Euro) in bar freigelassen. Nach ihren Angaben wurden sie und ihre sieben Kolleg*innen in der Haft gefoltert. Ihr Fall war Ende 2022 noch anhängig.

Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen (LGBTI+)

In seiner Stellungnahme zu den Ergebnissen der Regelmäßigen Überprüfung durch den UN-Menschenrechtsrat (UPR-Prozess) im Juli 2022 wies Uganda die Empfehlungen zum Schutz der Rechte von LGBTI+ zurück.

Am 3. August ordnete das staatliche Büro für Nichtregierungsorganisationen (NGO Bureau) die Schließung von Sexual Minorities Uganda (SMUG) an, einer Dachorganisation, die sich für den Schutz der Rechte von LGBTI+ einsetzt. Die Behörden führten an, SMUG habe sich nicht ordnungsgemäß unter dem NGO-Gesetz von 2016 beim NGO Bureau registrieren lassen. Im Jahr 2018 hatte SMUG die Entscheidung der ugandischen Registrierungsstelle angefochten, die Organisation nicht gemäß Absatz 18 des Unternehmensgesetzes von 2012 registrieren zu wollen, da ihr Name "unerwünscht und nicht registrierbar" sei. Am 27. Juni 2018 hatte das Hohe Gericht die Entscheidung der Registrierungsstelle bestätigt.

Das Vorgehen gegen SMUG erfolgte vor dem Hintergrund des zunehmend enger werdenden zivilgesellschaftlichen Handlungsspielraums und vermehrter Angriffe auf die LGBTI-Gemeinschaft. Am 19. Mai 2022 nahm die Polizei zwei Mitarbeiter von SMUG wegen der "Förderung von Homosexualität" in Gewahrsam, als diese auf der Polizeiwache Ntinda in Kampala eine böswillige Sachbeschädigung im Büro von SMUG anzeigen wollten. Sie wurden des tätlichen Angriffs auf die Person angeklagt, die sie anzeigen wollten, und auf das Polizeirevier in der Kira Road gebracht. Am 23. Mai wurden sie gegen Unterzeichnung einer schriftlichen Verpflichtung, auf Verlangen bei der Polizei zu erscheinen (Police Bond), freigelassen. Am 7. Juni nahm man sie erneut fest und stellte sie am 8. Juni vor Gericht, wo sie gegen Kaution freigelassen wurden. Vor der Anberaumung ihrer Anhörung für Januar 2023 wurden sie wiederholt vor Gericht geladen.

Am 8. Oktober 2022 erklärte Präsident Museveni, Homosexuelle würden in der ugandischen Gesellschaft immer noch als "abnorm" gelten.

Rechtswidrige Zwangsräumungen

Am 28. Februar 2022 verbot Präsident Museveni die Durchführung von Grundstücksräumungen ohne Zustimmung der Sicherheitsausschüsse der Distrikte. Dadurch erhielten die Ausschüsse mehr Befugnisse zur Genehmigung von Zwangsräumungen, und das Risiko rechtswidriger Zwangsräumungen nahm zu. Auch indigene Bevölkerungsgruppen waren von dieser Direktive betroffen, da sie den Sicherheitsorganen mehr Befugnisse zur Entscheidung von Landstreitigkeiten einräumte und eine Gefahr für die Unabhängigkeit der Justiz darstellen könnte.

Umweltzerstörung

Uganda beteiligte sich nach wie vor an den Plänen zum Bau der 1.443 Kilometer langen Ostafrikanischen Rohölpipeline (EACOP) durch besiedelte Gegenden und Wildtierreservate, landwirtschaftliche Flächen und Wasserquellen (siehe Länderkapitel Tansania).

Am 1. Februar 2022 gaben die Anteilseigner der EACOP, darunter TotalEnergies, die Uganda National Oil Company, die Tanzania Petroleum Development Corporation und die China National Offshore Oil Corporation, die endgültige Investitionsentscheidung und den Start des Pipelineprojekts bekannt. Das Projekt umfasst Gesamtinvestitionen in Höhe von ca. 10 Mrd. US-Dollar (etwa 9,5 Mrd. Euro).

Die Regierungen Ugandas und Tansanias verteidigten EACOP mit dem Argument, dass die Pipeline für die Entwicklung beider Länder notwendig sei. Nationale und internationale Aktivist*innen für Klimagerechtigkeit und zivilgesellschaftliche Gruppen stellten das Projekt jedoch infrage. Die Pipeline sei ökologisch bedenklich und gefährde den Wohnraum sowie die Lebensgrundlage, die Ernährungssicherheit und die Gesundheit der betroffenen Gemeinschaften, einschließlich der indigenen Bevölkerung. Die Ergebnisse einer Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfung, die zwischen 2010 und 2013 von der niederländischen Kommission für Umweltverträglichkeitsprüfung und dem norwegischen Entwicklungshilfeprogramm Oil for Development in Zusammenarbeit mit der ugandischen Umweltbehörde durchgeführt wurde, bestätigten die Argumente der Klimaaktivist*innen. Eine von zivilgesellschaftlichen Gruppen aus Kenia, Uganda und Tansania beim Ostafrikanischen Gerichtshof eingereichte Klage, mit der eine einstweilige Verfügung zur Verhinderung der Pipeline erreicht werden sollte, war nach zwei Jahren immer noch anhängig.

Sollte die Pipeline gebaut werden, wäre sie die größte beheizte Pipeline der Welt und würde jährlich durchschnittlich 10,9 Mio. Tonnen Rohöl von den Ölfeldern am Albertsee im Westen Ugandas zum Hafen von Tanga an der Nordküste Tansanias transportieren.

Rechte von Flüchtlingen und Migrant*innen

Im Jahr 2022 beherbergte Uganda laut Angaben der ugandischen Regierung und des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) 1.495.688 Flüchtlinge, von denen fast 100.000 im Laufe des Jahres ins Land gekommen waren. Da laut UNHCR bis November 2022 nur 45 Prozent des Finanzierungsbedarfs gedeckt waren, sahen sich die Behörden nicht in der Lage, angemessen auf die Situation zu reagieren und beispielsweise für die sozioökonomische Integration der Geflüchteten oder die Deckung des dringenden Bedarfs an medizinischer Versorgung, Wasser, Sanitär- und Hygieneeinrichtungen sowie Bildung zu sorgen. Im September 2022 warnte der UNHCR, dass er möglicherweise künftig nicht mehr in der Lage sein werde, die mit den Flüchtlingskindern arbeitenden Lehrkräfte zu bezahlen. Durch unzulängliche und unhygienische Lebensbedingungen sowie Überfüllung waren die Geflüchteten Risiken wie Krankheit und geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt.

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