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Uns gehört die Welt: Sieben Frauen, die für unsere Rechte eintreten
© Jack Taylor/Getty Images
Von China bis Syrien und von Kenia bis Ägypten erheben sich Mädchen und Frauen und riskieren ihr Leben, um für ihre Überzeugungen einzustehen. Aktivistinnen, Rechtsanwältinnen, Schwestern und Studentinnen – sie alle haben ihr Leben aufs Spiel gesetzt, für verlorene geliebte Menschen gekämpft und sich auch für Fremde stark gemacht. Jetzt ist es an der Zeit, diesen Frauen den gebührenden Respekt zu zollen. Im Folgenden stellen wir sieben inspirierende Menschenrechtsverteidigerinnen aus aller Welt vor.
Wu Rongrong, China
© Amnesty International
Wu Rongrong hat einige Bekanntheit erlangt: Sie gehört zu den fünf chinesischen Frauenrechtlerinnen, die 2015 kurz vor dem Weltfrauentag festgenommen wurden, weil sie eine Kampagne gegen sexualisierte Gewalt geplant hatten. Die Festnahmen lösten einen internationalen Sturm der Entrüstung aus und auch Prominente, wie beispielsweise Hillary Clinton, setzten sich für die "Feminist Five" ein. Zwar wurden die Feministinnen schließlich freigelassen, doch sie stehen nach wie vor unter Beobachtung.
Bis zu ihrer Festnahme war Wu Rongrong aktives Mitglied der Frauenrechtsorganisation Women’s Rights Action Group, die mit mutigen und kreativen Aktionen auf Geschlechterungleichheit und Sexismus aufmerksam machte. So rasierten sich die Frauen die Haare ab, um auf die strengeren Zugangsbedingungen zu Universitäten für Frauen hinzuweisen oder veranstalteten eine Protestaktion, bei der die Demonstrierenden Brautkleider trugen, die mit roter Farbe bespritzt waren, um auf häusliche Gewalt aufmerksam zu machen.
"So erfahren etwa Überlebende sexualisierter Gewalt nicht nur furchtbaren Schmerz, sondern müssen sich darüber hinaus auch noch damit auseinandersetzen, dass es keinen wirksamen Rechtsschutz gibt. Man könnte sicher dazu beitragen, die Fälle sexualisierter Gewalt zu reduzieren, indem man die Betroffenen dazu ermutigt, Schadensersatz zu fordern anstatt ihnen auch noch die Schuld für den Übergriff zuzuschieben", sagt Wu Rongrong.
Neben ihrem Einsatz für Frauenrechte arbeitet Wu Rongrong als Sozialarbeiterin und Therapeutin. Außerdem macht sie ein Master-Studium im Bereich Menschenrechte in Hongkong.
Noura Ghazi Safadi, Syrien
© Amnesty International
Für die syrische Menschenrechtsanwältin Noura Ghazi ist der Einsatz für die Rechte von gewaltlosen politischen Gefangenen eng mit den Themen Liebe, Hoffnung und Familie verknüpft. Sie wurde 1981 in Damaskus geboren und arbeitet seit Jahren in den Bereichen Menschenrechte, Inhaftierungen und Verschwindenlassen. Durch die Festnahme ihres Vaters machte sie bereits als Kind Erfahrungen mit Menschenrechtsverletzungen an politischen Gefangenen. Ihr Ehemann, der Internet-Aktivist Bassel Khartabil Safadi, wurde 2012 im Auftrag der syrischen Regierung festgenommen und im Jahr 2015 hingerichtet.
"Mein Vater war mehrmals als politischer Gefangener inhaftiert", sagt Noura. "Ich besuchte ihn immer im Adra-Gefängnis und nahm an seinen Gerichtsverhandlungen teil. Einmal geriet ich dabei mit dem befehlshabenden Beamten der Polizisten aneinander, die [meinen Vater] zum Gericht brachten. Ich schwor sowohl ihm als auch meinem Vater, dass ich Anwältin werden und gewaltlose politische Gefangene verteidigen würde. Da war ich zwölf Jahre alt. Und als Bassel [Nouras Ehemann] festgenommen wurde, wurde die Verteidigung meines eigenen gewaltlosen politischen Gefangenen zu meiner Obsession."
"Seit der Hinrichtung meines Mannes [habe ich das Gefühl,] dass mich jeder Fall eines Gefangenen betrifft und dass es in meiner Verantwortung liegt, für ihn zu kämpfen. Ich denke, dass Frauen für diese Aufgabe bestens geeignet sind, da sie beim Aufbau von Syriens Zukunft eine zentrale Rolle einnehmen. Frauen haben gezeigt, dass sie jedes Hindernis überwinden können – unabhängig davon ob es um Sicherheit, die Gemeinschaft oder das Leben im Allgemeinen geht."
Joy Wathagi, Kenia
© Amnesty International
Joy Wathagi ist eine Jugendaktivistin von Amnesty International in der kenianischen Hauptstadt Nairobi und sie setzt sich aktiv für eine junge Frau ein, die Tausende Kilometer von ihr entfernt lebt. Die 18-jährige Schülerin Taibeh Abbasi lebt in Norwegen und träumt davon, Ärztin zu werden. Ihr droht jedoch die Abschiebung nach Afghanistan – in ein Land, in dem sie noch nie war. Als Joy hörte, dass Taibehs Mitschülerinnen und Mitschüler Proteste gegen ihre Abschiebung organisierten, wollte auch sie ihre Solidarität ausdrücken und entschloss sich, sich an der Social-Media-Kampagne #TellNorway zu beteiligen, um auf Taibehs Fall aufmerksam zu machen.
"Als ich erfuhr, dass Norwegen die Abschiebung von Jugendlichen plant, machte mich das sehr traurig und ich wollte etwas dagegen tun", sagt Joy.
"Ich erinnerte mich an all die geflüchteten Menschen, die in mein Land kamen, nach Kenia. Ich habe Leute aus Somalia, dem Sudan und Ruanda kennengelernt und erkannt, dass sie das gleiche Recht haben, hier zu leben, wie diejenigen, die in Kenia geboren wurden. Ich bin mit vielen geflüchteten Kindern aufgewachsen und zur Schule gegangen und wir sind Freunde fürs Leben geworden. Es würde mir wirklich weh tun, wenn sie zurückgeschickt würden."
"Geflüchtete Menschen aus Afghanistan finden bei ihrer Rückkehr die gleiche Situation vor, vor der sie geflohen sind. Das ist grausam und ungerecht. Sie sind doch ein Teil der norwegischen Gesellschaft geworden und müssen auch so behandelt werden. Warum ich bei der #TellNorway-Kampagne mitmache? Weil ich entschlossen bin, Menschenleben zu retten und mich dafür einzusetzen, dass diese Leute die Chance haben, ein sicheres, würdevolles und erfülltes Leben zu führen."
Shackelia Jackson, Jamaika
© Amnesty International/Ina Strøm
Die Trauer machte Shackelia Jackson zur Aktivistin. Am 20. Januar 2014 bereitete ihr Bruder Nakiea Jackson in dem Restaurant, in dem er arbeitete, gerade hektisch das Mittagessen vor, als er von der Polizei erschossen wurde. Später hieß es, Nakiea habe einem Mann ähnlich gesehen, der wegen eines Raubüberfalls gesucht wurde. Seitdem kämpft Shackelia dafür, dass die Verantwortlichen für den Tod ihres Bruders zur Rechenschaft gezogen werden – trotz aller Einschüchterungsversuche und Schikanen durch die Polizei.
"Der Schmerz, der meiner Familie und mir angetan wurde, zwang mich dazu, Gerechtigkeit für meinen Bruder und für alle Opfer von Polizeigewalt zu fordern", sagt sie. "Ich bin zu einer verzweifelten Schwester geworden, die den Mund aufmacht, damit diese Ungerechtigkeit nicht vergessen wird."
Shackelia hat sich mit zahlreichen anderen jamaikanischen Familien zusammengetan, die ähnliche Tragödien erlebt haben, um der Polizeigewalt im Land ein Ende zu setzen.
"Ich war vollkommen fixiert auf diese lebensverändernde Aufgabe, gesetzgebende und ausführende Gewalt so zu verändern, dass es Gerechtigkeit für alle gibt und dass der staatlichen Gewalt und dem Terror in Jamaika ein Ende bereitet wird. Ich tue das, um zukünftige Leben zu retten. Und trotz unzähliger Versuche der jamaikanischen Behörden, mich von meinem Vorhaben abzubringen, lasse ich mich nicht beirren und weigere mich, aufzugeben."
"Ich bin deshalb so unbeirrbar, weil ich enorme Unterstützung erfahre. Amnesty International und andere Organisationen haben mir eine weltweite Plattform gegeben, um meine tragische Geschichte neu zu schreiben. Güte und Freundlichkeit erinnerten mich daran, dass ich verletzt, nicht aber gebrochen bin."
Azza Soliman, Ägypten
© IN-LIGHTING
Azza Soliman erhebt mutig ihre Stimme für Überlebende von Folter, willkürlicher Verhaftung, häuslicher Gewalt und Vergewaltigung in Ägypten. Sie ist Mitbegründerin des Centre for Egyptian Women's Legal Assistance (Ägyptisches Rechtshilfezentrum für Frauen) und der Anwaltskanzlei Lawyers for Justice and Peace (Anwältinnen und Anwälte für Gerechtigkeit und Frieden), welche mittellosen Frauen und Mädchen rechtlichen Beistand, Alphabetisierungskurse und weitere Unterstützung anbietet.
Wegen Azzas mutiger und selbstloser Arbeit stuften die ägyptischen Behörden sie als Spionin und nationale Bedrohung ein. Im Dezember 2016 wurde Azza festgenommen und von den Behörden befragt. Nach kurzem Gewahrsam ließ man sie zwar wieder frei, warf ihr jedoch vor, ausländische Finanzmittel entgegenzunehmen, um Ägyptens Ansehen zu schaden. Azza darf seitdem nicht ausreisen, ihre Finanzmittel wurden eingefroren und ihr droht eine Haftstrafe. Diese beeindruckende Frau hat den Kampf jedoch trotzdem nicht aufgegeben.
"Der Kampf für die Frauen- und Menschenrechte ist lang und ermüdend", sagt Azza. "Trotzdem bin ich nach wie vor voller Hoffnung. Die überwältigenden Briefe voller Unterstützung und Liebe, die ich [durch die Amnesty-Kampagne Schreib für Freiheit!] erhalten habe, erinnern mich daran, dass ich nicht alleine bin und dass meine Arbeit geschätzt und anerkannt wird. Ich sehe, wie neue Generationen den Stab übernehmen und den Weg zu einer besseren Zukunft bereiten. Eines Tages werden wir all diese Schwierigkeiten und Herausforderungen überwinden – und deshalb lasse ich mich nicht unterkriegen!"
Zhang Leilei*, China
© Private
Die Aktivistin Zhang Leilei hat es sich zur Aufgabe gemacht, der sexuellen Belästigung in China ein Ende zu setzen. 2017 entwarf sie U-Bahn-Plakate, mit denen sie das Bewusstsein für dieses Problem schärfen wollte. Als diese von der zuständigen Behörde abgelehnt wurden, verwandelte Zhang Leilei sich kurzerhand selbst in eine menschliche Reklametafel – und Frauen im ganzen Land taten es ihr gleich!
Jetzt weitet Zhang Leilei ihren Aktivismus auf die Universitäten aus. Vor kurzem wurde ein Professor entlassen, nachdem ihm eine ehemalige Studentin Belästigung vorgeworfen hatte. Dieser Vorfall entfachte eine große öffentliche Debatte und Zhang Leilei sah die Chance, ihre Sache voranzutreiben. Gemeinsam mit anderen rief sie Studierende und Ehemalige auf, offene Briefe an ihre jeweiligen Universitäten zu schreiben, um die Einrichtung geeigneter Anlaufstellen zu fordern, bei denen Betroffene sexuelle Belästigungen melden können. Dazu brauchte es nicht viel Überzeugungsarbeit.
Weniger als zwei Wochen nachdem Zhang Leilei ihren Aufruf gestartet hatte, hatten Studierende und Ehemalige von knapp 70 Universitäten ihre offenen Briefe veröffentlicht. Diese haben schon jetzt konkrete Auswirkungen – nationalen Berichte zufolge plant das chinesische Bildungsministerium neue Mechanismen, um sexueller Belästigung am Campus vorzubeugen.
*Zhang Leilei ist ein Pseudonym
Hortense Lougué, Burkina Faso
© Amnesty International
Hortense Lougué ist wahrscheinlich eine der meistbeschäftigten Frauen in ganz Burkina Faso. Sie wuchs in einem Land voller Ungerechtigkeit und Ungleichheit auf, in dem Mädchen zur Heirat gezwungen werden können oder weiblicher Genitalverstümmelung (WGV) ausgesetzt werden. Deshalb entschied sie sich, ihr Leben der Beendigung geschlechtsbasierter Gewalt zu widmen, und rief eine Vielzahl von Projekten ins Leben, um Bildung und Menschenrechte im Land zu verbessern. Jetzt arbeitet Hortense Lougué mit jungen Mädchen und Frauen, die zwangsverheiratet wurden oder eine WGV erlitten. Sie klärt über die Möglichkeiten auf, um diese Probleme anzugehen.
Sie sagt: "Ich war erst Aktivistin, dann Generalsekretärin, schließlich Programmkoordinatorin. Heute bin ich verantwortliche Direktorin der Association of Support and Awakening Pugsada (Vereinigung zur Unterstützung und zum Aufbruch Pugsada), einer Organisation, die den rechtlichen Status und die sozioökonomischen Lebensbedingungen von Mädchen verbessern will. Ich leite zehn verschiedene Projekte und mit viel Entschlossenheit und Durchhaltevermögen engagieren wir uns für die Verbesserung der Leben von Mädchen und Frauen in Burkina Faso."
Viele dieser Frauen sind Teil einer internationalen Amnesty-Kampagne, die die Anerkennung und den Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen und –verteidigern in der ganzen Welt stärkt.
Weitere Informationen findest du auf www.amnesty.org/brave
Dieser Blog-Text erschien zuerst auf Englisch auf www.amnesty.org