Marler Medienpreis für Menschenrechte 2015
Der Marler Medienpreis Menschenrechte wird dieses Jahr zum neunten Mal verliehen
© Amnesty International
10. September 2015 – Am 24. Oktober werden die Preisträger des 9. Marler Medienpreises Menschenrechte im Rathaus der Stadt Marl bekannt gegeben. Am diesjährigen Wettbewerb beteiligten sich 15 Sender, darunter auch erstmals das Schweizer Fernsehen. Die Jury, bestehend aus Mitgliedern von Amnesty International, hatte die schwierige Aufgabe, aus über 120 Fernsehbeiträgen die Nominierungen und Preisträger in den Sparten Magazin, Doku und Film auszuwählen.
Die ersten Gewinner sind bereits bekannt: Den Ehrenpreis vergibt die Jury an den Israeli Uri Avnery, der sich immer wieder mit Nachdruck in die politischen und gesellschaftlichen Debatten in Deutschland einmischt. Der Sonderpreis geht an die Kabarettsendung "Die Anstalt" des ZDF für die Syriensendung im November des vergangenen Jahres.
Ehrenpreis
▶ Uri Avnery
Ein Journalist, ein Politiker, ein Aktivist, ein Publizist. In Deutschland geboren und vor der Nazidiktatur geflohen, mischt er sich auch heute noch in die deutsche Öffentlichkeit ein - mahnend, erinnernd, anklagend und fordernd. Eine wichtige Stimme in einer Zeit geistiger Vereinfachung und Verflachung.
Sonderpreis
▶ Die Anstalt: "Der syrische Flüchtlingschor", ZDF (18.11.2014)
Buch: Dietrich Krauß, Max Uthoff, Claus von Wagner
Regie: Frank Hof
Redaktion: Stephan Denzer, Christian Schier
Kabarett soll Spaß machen, trotz ernster Themen soll man Tränen lachen. Am Ende aber wird das Übersteigerte Realität und die, über die geredet wurde, stehen auf der Bühne. Die Tränen bleiben und Betroffenheit greift Platz. Und Betroffenheit ist der erste Schritt zu Aktion.
DAS SIND DIE NOMINIERUNGEN:
Magazin - Inland
▶ "FC Lampedusa, Fußballmärchen von der Elbe", Sky Sport News (13.11.2014)
Redaktion: Arndt Hegmans
Autor: Willie Schumann
Es ist eine Erfolgsgeschichte, die zeigt, wie durch Mannschaftssport eine Quelle der Hoffnung, der Kraft und der Gemeinschaft gebildet werden kann.
▶ Panorama: "Fluchthelfer – Gestern Helden, heute Kriminelle", NDR (6.11.2014)
Redaktion/Autor: Stefan Buchen
Der Beitrag schildert eindrücklich, wie sogenannte Schleuser syrische Flüchtlinge vor dem Tod bewahren und in Deutschland dafür bestraft werden - der Innenminister spricht von "Banden", denen man das Handwerk legen muss. Diese Problematik ist in der deutschen Öffentlichkeit kaum bekannt.
▶ Monitor: "Kontrolle nach Hautfarbe – Wie der Staat Minderheiten schikaniert", WDR (20.2.2014)
Redaktion: Monika Wagner
Autoren: Peter Onneken, Isabel Schayani
Der Magazinbeitrag "Kontrolle nach Hautfarbe" entlarvt anhand von Tatsachen die staatlich geförderte Diskriminierung durch "Racial Profiling" als unbegründet und menschenrechtswidrig. Er zeigt außerdem, wo auch in der Mitte unserer Gesellschaft Misstrauen und Vorurteile geschürt werden. Vor dem Hintergrund der allgemeinen Stimmungslage in Bezug auf die Flüchtlingsthematik halten wir diesen Beitrag für hochaktuell und für einen erhellenden, wertvollen Impuls in der oft von Vorurteilen geprägten Debatte um Flüchtlinge in Deutschland.
Magazin - Ausland
▶ "Warten in der Todeszelle", SRF (11.9.2013)
Redaktion: Mario Poletti
Autorin: Karin Bauer
Der Beitrag stellt sehr vielschichtig dar, wie ungerecht und menschenverachtend das System der Todesstrafe in den USA ist. Interviews mit Todeskandidaten sind dafür eindrückliche Zeugnisse. Es wird auch deutlich, dass es der Justiz – besonders der Staatsanwaltschaft – oft weit weniger um die Suche nach der Wahrheit geht, als um die Sicherung eigener Machtpositionen.
▶ Weltspiegel Extra: "Chinas offene Wunde", NDR (5.6.2014)
Redaktion: Christine Hasper
Autorin: Christine Adelhardt
Auch 25 Jahre nach dem Massaker auf dem Tian’anmen-Platz sind die damaligen Ereignisse wie eine offene Wunde für China: Für die Politik, die keinerlei Aufarbeitung zulässt und für die Betroffenen, die heute noch darunter leiden und zudem durch die Behörden eingeschüchtert werden. Besonders bewegend ist die Begegnung zwischen der Mutter eines getöteten Demonstranten und einem damals beteiligten Soldaten.
▶ Weltspiegel Indien: "Polizisten foltern Verdächtige", NDR (19.10.2014)
Redaktion: Claudia Buckenmaier
Autor: Gábor Halász
Folter und schwere Misshandlungen durch die Polizei sind nicht nur ein lokales Problem, sondern meist ungestrafter Alltag in der größten Demokratie der Welt. Gábor Halász kann über dieses Thema berichten, weil ein ehemaliger Polizist zum öffentlichen Ankläger wurde und weil ehemalige Opfer nicht mehr schweigen, obwohl sie bedroht werden.
Doku – Inland
▶"Das tödliche Erbe der NATO", NDR (23.9.2014)
Redaktion: Lutz Ackermann, Dietmar Schiffermüller
Autoren: Niklas Schenck, Ronja von Wurmb-Seibel
Über einen Zeitraum von neun Monaten wurde sorgfältig recherchiert. Der Film berichtet schonungslos und eindringlich von den Folgen des Todes zweier Brüder für deren Familie durch Blindgänger der NATO-Truppen, aber auch von den halbherzigen Bemühungen der NATO, dem Sterben in Afghanistan endlich Einhalt zu gebieten.
▶ Die Story im Ersten: "Waffen für die Welt – Export außer Kontrolle", SWR (24.2.2014)
Redaktion: Christian von Behr (RBB), Thomas Reutter (SWR), Hans-Michael Kassel (SWR)
Autoren: Daniel Harrich, Danuta Harrich-Zandberg
Wie kommen diese Waffen, insbesondere Sturmgewehre, in die Hände von Massenmördern, korrupter Polizei und Bürgerwehren? Für seinen Dokumentarfilm "Waffen für die Welt – Export außer Kontrolle" begab sich der Filmemacher Daniel Harrich in äußerst gefährliche Situationen, um aufzudecken, wie deutsche Firmen ohne die Kontrolle der deutschen Regierung dazu beitragen, dass tagtäglich Menschrechtsverletzungen begangen werden.
▶ ZDFzeit: "Riskante Reise – Europa und die Flüchtlingsströme", ZDF (20.5.2014)
Redaktion: Beate Höbermann, Claudia Ruete
Autoren: Michael Richter, Özgür Uludag
Dank intensiver Recherchen und erschütternder Berichte erhält der Zuschauer ein klares Bild des unwürdigen Umgangs Europas mit Menschen in Not. So stellt der Film ein starkes Plädoyer für die Einrichtung sicherer Fluchtwege und einer aktiven Zuwanderungspolitik dar, die den unterschiedlichen Bedürfnissen der Menschen und dem humanitären Selbstverständnis Europas gerecht wird.
Doku – Ausland
▶ "Art War", ZDF ARTE, ARTE Thema (7.5.2014)
Buch und Regie: Marco Wilms
Produktion: Marco Wilms, Marlen Burghardt
Redaktion: Kathrin Brinkmann
_Ein differenzierter Bericht über die pro-demokratische Kunstszene in Ägypten, die mit Musik, Dichtung und Wandmalerei auf die Straße geht, um gegen Propaganda und Zensur zu protestieren und den politischen Diskurs zu fordern und fördern. Durch die geschickte Regie der Filmemacher wirken das Engagement, die furiose Energie und die Ästhetik des Protests in Ägypten unmittelbar auf den hiesigen Zuschauer ein und machen den Film zu einem hoch informativen und gleichzeitig sinnlichen und emotionalen Erlebnis.-
▶ "Camp 14 – Total Control Zone", WDR ARTE (5.3.2014)
Buch und Regie: Marc Wiese
Produktion: Valérie Lang (Engstfeld Film)
Redaktion: Sabine Rollberg (WDR/ARTE), Tibet Sinha (WDR), Christian Baudissin (BR)
"Camp 14 - Total Control Zone" erzählt die Geschichte des ehemaligen Gefangenen Shin Dong-hyuk, der in einem Gefangenenlager in Nordkorea geboren und aufgewachsen ist und nach vielen Jahren nach Südkorea flieht. Dieser Film gibt den beteiligten Personen den nötigen Raum, um ihre Geschichte zu erzählen und ermöglicht es so, die eigentlich unvorstellbare Brutalität und das Menschenverachtende im Lagerleben zu erfahren.
▶ Die Story im Ersten: "Tod vor Lampedusa – Europas Sündenfall" (6.10.2014)
Autorinnen: Ellen Trapp, Natalie Amiri
Redaktion: Thomas Reutter, Hans-Michael Kassel
Sprecher: Ulrike Folkerts, Benno Fürmann
Der dramatische Tod von 366 Flüchtlingen vor Lampedusa war Anlass für diese Dokumentation. Mit höchster Sorgfalt und eindringlichen Bildern wird die vollständige Reise von Menschen nachvollzogen, die gehofft haben, Gewalt und Armut in ihrem Heimatland Eritrea zu entkommen. In Zeiten großer Debatten über Flucht und Asyl leistet die Dokumentation einen bedeutsamen Beitrag zum Verständnis der komplexen Situation.
Film
▶ "Eine mörderische Entscheidung", NDR ARTE (30.8.2013)
Redaktion: Christian Granderath, Sabine Holtgreve (NDR), Andreas Schreitmüller (ARTE)
Buch: Hannah Ley, Raymond Ley
Produzent: Ulrich Lenze (cinecentrum)
Regie: Raymond Ley
Darstellung: Matthias Brandt, Axel Milberg, Vladimir Burlakov, Ludwig Trepte
Der Film überzeugt zum einen durch den Wechsel von Spielfilmszenen und realen Interviews. Zum anderen wird insbesondere das Dilemma, in dem Oberst Klein in Kundus steckt, sehr intensiv dargestellt. Man hat fast das Gefühl "in Echtzeit" dabei zu sein. Deutlich werden aber auch die fatalen menschenrechtlichen Folgen der Fehlentscheidung, insbesondere aus den Interviews mit Angehörigen der Opfer. Das Einwirken der verschiedenen Interessengruppen wird deutlich, ebenso das Leid der Bevölkerung unter dem Taliban-Regime. Der Film zeichnet nicht schwarz-weiß, sondern stellt das Thema differenziert dar. Dass das Verfahren eingestellt und Oberst Klein später befördert wird, entspricht dem Verlauf der realen Geschichte: kein Happy End, für niemanden.
▶ "Für immer ein Mörder – der Fall Ritter", ZDF ARTE (29.9.2014)
Redaktion: Günter van Endert (ZDF), Olaf Grunert (ARTE)
Buch: Holger Karsten Schmidt
Regie: Johannes Grieser
Produzent: Michael Smeaton (ffp new media)
Darstellung: Hinnerk Schönemann,Teresa Weißbach, Karl Kranzkowski, Oliver Stockowski
Am Polizisten Wolf wird das Dilemma deutlich: Der Konflikt zwischen Pflicht zur Aufklärung einerseits und seiner persönlichen Beziehung zu den Vorgesetzten. Auch die, im Zusammenhang mit der Forderung nach Aufarbeitung von Unrecht oft gestellte, Frage "was das alles jetzt noch bringen soll" wird gut thematisiert. Der Film dreht sich zwar um die DDR, aber die Handlung und die dargestellten Probleme weisen über diesen konkreten Fall hinaus.
▶ "Sternstunde ihres Lebens", WDR (21.5.2014)
Redaktion: Corinna Liedtke, Caren Toennissen-Brandt, Birgit Titze
Buch: Ulla Ziemann
Regie: Erica von Moeller
Produzentin: Juliane Thevissen (thevissen filmproduktion)
Darstellung: Iris Berben, Anna Maria Mühe, Rudolf Kowalski, Walter Sittler
Der Film erinnert daran, wie hart der Gleichheitsgrundsatz in Deutschland erkämpft werden musste. Er zeigt die Vorbehalte, eine Mischung aus traditionellem Denken, Angst vor Veränderung und Angst um den eigenen Machterhalt. Der Film lässt die Stimmung und die Konflikte um das Thema lebendig werden. Er zeigt aber auch, dass es sich lohnt, einen langen Atem zu haben und beharrlich für Menschenrechte zu kämpfen. Und nicht zuletzt wird durch den Film deutlich, welche Wirkung öffentlicher Druck für die Durchsetzung der Menschenrechte haben kann.
Weitere Informationen gibt es unter www.m3-amnesty.de.