Ohne medizinische Versorgung

Der 29-jährige Igor Koktisch (englische Transkription: Igor Koktysh), ein gesellschaftskritischer Musiker und Unterstützer der belarussischen Opposition, erlitt in einem ukrainischen Gefängnis einen schweren Asthmaanfall. Das Gefängnis verweigerte ihm die dringend erforderliche medizinische Versorgung. Seine Frau ist um das Leben ihres Mannes besorgt, sollte dieser im Gefängnis noch einen weiteren schweren Asthmaanfall erleiden. Igor Koktisch ist ein gewaltloser politischer Gefangener.

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER UKRAINE
I.E. Frau Nataliia Zarudna
Albrechtstraße 26
10117 Berlin
Fax: 030-2888 7163
E-Mail: ukremb@t-online.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Ukrainisch, Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 18. Januar 2010 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE

  • Fordern Sie die ukrainischen Behörden auf, Igor Koktisch umgehend und bedingungslos freizulassen.

  • Drängen Sie darauf, dass Igor Koktisch - falls es durch die Entlassungsformalitäten zu einer kurzen Verzögerung seiner Freilassung kommt - die für ihn notwendige medizinische Versorgung unverzüglich erhält, entsprechend der europäischen Strafvollzugsvorschriften und Standards des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe.

  • Appellieren Sie an die ukrainischen Behörden, Igor Koktisch effektiven und dauerhaften Schutz vor der Abschiebung in ein Land, wo er der Gefahr eines Todesurteils, Folter oder schweren Menschenrechtsverletzungen ausgeliefert ist, zu gewähren.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the Ukrainian authorities to release Igor Koktysh immediately and unconditionally;

  • Calling on them to ensure immediately, in the event that there is a short delay pending finalisation of arrangements for his release, that Igor Koktysh receives full and immediate access to necessary medication and treatment, in accordance with the European Prison Rules and the standards of the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment;

  • Urging them to ensure that he is provided with effective and durable protection against return to any country where he would be at risk of the death penalty, torture or other grave human rights violations.

Sachlage

Gegenwärtig wird Igor Koktisch in der Haftanstalt SIZO in der Stadt Simferopol im Süden der Ukraine festgehalten. Er ist Asthmatiker und leidet an einer Reihe von Folgeerscheinungen. Nach Aussagen seiner Frau erlitt er am 28. November einen schweren Asthmaanfall und wurde daraufhin in die Krankenabteilung der Haftanstalt verlegt, erhielt dort jedoch keine Medikamente. Normalerweise bringt seine Frau ihm die Medikamente ins Gefängnis, die er zur Behandlung des Asthmas regelmäßig einnehmen muss. Bis Montag den 30. November erhielt Igor Koktisch keine medikamentöse Behandlung, da das Besuchsrecht nur an Wochentagen gilt. Seine Frau erklärte Amnesty International, dass die Haftanstalt keine Versorgung mit Medikamenten vorsieht; die dort zuständigen Ärzte geben an, für Arzneimittel kein Budget zu haben. Seinem Anwalt berichtete Igor Koktisch, dass er befürchte, im Gefängnis zu sterben, denn im Falle eines erneuten schweren Asthmaanfalls wären die Gefängnisärzte nicht angemessen ausgestattet um ihm zu helfen. Die prekären Verhältnisse im SIZO-Gefängnis werden wahrscheinlich zu einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes führen. Viele der Fenster seien mit Metallblechen verriegelt und es dringe daher kaum Licht und nur wenig Luft in die Zelle hinein, unterrichtete sein Anwalt Amnesty International. In einer Zelle seien zudem häufig mehr als vier Insassen untergebracht, von denen viele rauchten.

Igor Koktisch, der belarussischer Staatsbürger ist, befindet sich seit Juni 2007 in der Ukraine in Auslieferungshaft. Wegen seiner gesellschaftspolitischen Aktivitäten in Belarus wurde er bedroht und misshandelt. Im Januar 2001 war Igor Koktisch in Belarus wegen Mordes angeklagt worden. Igor Koktisch konnte jedoch beweisen, dass er sich zum Zeitpunkt des Mordes in einer anderen Stadt aufgehalten hatte. Amnesty International geht davon aus, dass die Anklage konstruiert ist, um ihn für sein gesellschaftspolitisches Engagement zu bestrafen. Nach einem Jahr Haft, in dem er gefoltert worden sein soll, wurde er schließlich freigesprochen. Igor Koktisch zog nach dem Freispruch in die Ukraine. Im April 2002 legte die belarussische Generalstaatsanwaltschaft Rechtsmittel gegen das Urteil ein, woraufhin der Fall für ein Wiederaufnahmeverfahren an die niedrigere Instanz zurückverwiesen wurde. Igor Koktisch führte seine politischen Aktivitäten in der Ukraine fort bis er am 25. Juni 2007 von ukrainischen Polizeikräften verhaftet wurde. Dies geschah auf Antrag belarussischer Behörden, die seine Auslieferung gefordert hatten. Er ist nach Artikel 139 des belarussischen Strafgesetzbuches des "Mordes in einem besonders schweren Fall" angeklagt, für den auch die Todesstrafe verhängt werden kann.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Ukraine ist das letzte Land in Europa und in der ehemaligen Sowjetunion, das noch Hinrichtungen vollstreckt und die Todesstrafe für eine Anklage auf "Mord in besonders schwerem Fall" vorsieht. Im Oktober 2007 legte Igor Koktisch beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Beschwerde gegen seine Auslieferungshaft in der Ukraine ein. Ebenso nannte er die fehlende Möglichkeit seine Inhaftierung anzufechten, das Fehlen effektiver Rechtsmittel im ukrainischen Recht sowie seine Auslieferung durch die Ukraine nach Belarus eine Verletzung seiner Menschenrechte nach Artikel 2, 3, 5 und 13 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Am 10. Oktober 2007 forderte der Europäische Gerichtshof die ukrainischen Behörden auf, Igor Koktisch nicht an Belarus auszuliefern bis sein Fall geklärt sei. Der Fall ist noch vor dem Europäischen Gerichtshof anhängig.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat bereits in drei Fällen entschieden, dass das Verfahren im Zusammenhang mit der Auslieferungshaft einer willkürlichen Inhaftierung gleichkommt und ein Verstoß gegen Artikel 5 der Europäischen Menschenrechtskonvention darstellt. In zwei dieser Fälle sind die Betroffenen inzwischen wieder freigelassen worden.