Menschenrechtler inhaftiert

Freiheit für gewaltlose politische Gefangene im Iran!

Freiheit für gewaltlose politische Gefangene im Iran!

Der iranische Menschenrechtsverteidiger Saeed Shirzad ist seit vier Monaten im Teheraner Evin-Gefängnis inhaftiert, ohne dass er Kontakt zu seinem Rechtsbeistand aufnehmen durfte. Ihm wird vorgeworfen, in Kontakt zu Familien politischer Gefangener zu stehen und mit dem Büro des UN-Sonderberichterstatters über die Menschenrechtssituation in der Islamischen Republik Iran zu kooperieren. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener, der sich nur deshalb in Haft befindet, weil er sich friedlich für die Menschenrechte engagiert.

Appell an

RELIGIONSFÜHRER
Ayatollah Sayed 'Ali Khamenei
The Office of the Supreme Leader
Islamic Republic Street – End of Shahid Keshvar Doust Street
Tehran
IRAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: info_leader@leader.ir
Twitter: @khamenei_ir

OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT
Ayatollah Sadegh Larijani
[c/o] Public Relations Office, Number 4
2 Azizi Street intersection
Tehran
IRAN
Betreff: FAO Ayatollah Sadegh Larijani
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)

Sende eine Kopie an

PRÄSIDENT
Hassan Rouhani
The Presidency
Pasteur Street
Pasteur Square
Tehran, IRAN
Twitter: @HassanRouhani (Englisch)
@Rouhani_ir (Persisch)

BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
Herrn Seyed Mohammad Eman, Botschaftsrat
Podbielskiallee 65-67
14195 Berlin
Fax: 030-8435 3535
E-Mail: info@iranbotschaft.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 14. November 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, TWITTER-NACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Sorgen Sie bitte dafür, dass Saeed Shirzad sofort und bedingungslos freigelassen wird, da er allein wegen seiner friedlichen Aktivitäten für die Menschenrechte in Haft gehalten wird.

  • Bitte stellen Sie sicher, dass Saeed Shirzad in allen Phasen des Verfahrens Zugang zu einem Rechtsbeistand seiner Wahl hat.

  • Sorgen Sie bitte zudem dafür, dass Saeed Shirzad vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt wird, dass er nicht mehr in Einzelhaft gehalten wird und auch nicht gezwungen wird, ein "Geständnis" abzulegen.

  • Ich möchte Sie außerdem an die UN-Mindestgrundsätze für die Behandlung von Gefangenen erinnern, die vorschreiben, dass unterschiedliche Kategorien von Gefangenen voneinander getrennt untergebracht werden müssen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the Iranian authorities to release Saeed Shirzad immediately and unconditionally, as he is a prisoner of conscience, held solely for his peaceful human rights activism.

  • Urging them to respect his right to the assistance of a lawyer of his choosing at all stages.

  • Calling on them to ensure that he is protected from all forms of torture and other ill-treatment, and that he is no longer held in solitary confinement or coerced to make a "confession".

  • Reminding them of the UN Minimum Rules on the Treatment of Prisoners which require the separation of the different categories of prisoners.

Sachlage

Der 27-jährige Saeed Shirzad ist Mitglied der iranischen Organisation zum Schutz von Straßenkindern und arbeitenden Minderjährigen. Der Menschenrechtler befindet sich seit dem 2. Juni in Haft, davon musste er über zwei Monate im Evin-Gefängnis in Einzelhaft verbringen und hatte weder Kontakt zu seiner Familie noch zu einem Rechtsbeistand. Er wurde unter Druck gesetzt, ein auf Video aufgezeichnetes "Geständnis" abzulegen, bevor man ihn in Trakt 8 des Gefängnisses verlegte, in dem Häftlinge inhaftiert sind, die wegen nicht-politischer Straftaten verurteilt wurden. Der Rechtsbeistand von Saeed Shirzad durfte ihn bislang nicht im Gefängnis besuchen und hat auch keinen Zugang zu den Gerichtsakten.

Die Behörden haben noch keine Anklage gegen Saeed Shirzad erhoben, haben ihn allerdings über die gegen ihn vorliegenden Vorwürfe informiert, als sie ihn am 18. August der Staatsanwaltschaft im Evin-Gefängnis vorführten. Unter anderem lauten die Anschuldigungen auf "Versammlung und Verabredung zu einer Straftat gegen die nationale Sicherheit" und "Propaganda gegen das System". Die Vorwürfe scheinen sich auf seine friedlichen Menschenrechtsaktivitäten zu beziehen, darunter laut Angaben der Behörden der Kontakt zu den Familien politischer Gefangener und die Zusammenarbeit mit dem Büro des UN-Sonderberichterstatters über die Menschenrechtssituation in der Islamischen Republik Iran.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Saeed Shirzad wurde am 2. Juni an seinem Arbeitsplatz, einer Raffinerie in Tabriz in der Provinz Ost-Aserbaidschan, festgenommen. Die Angehörigen des Geheimdienstministeriums legten bei der Festnahme keinen Haftbefehl vor und hielten Saeed Shirzad eine Nacht lang in einer Hafteinrichtung des Ministeriums in Tabriz fest. Dann wurde er in die Trakt 209 des Evin-Gefängnisses verlegt, der nach vorliegenden Informationen dem Geheimdienstministerium untersteht.

Nach Angaben von Saeed Shirzad warfen ihm die Verhörbeamt_innen des Geheimdienstministeriums während seiner Zeit in Einzelhaft vor, die verbotene Oppositionsgruppe der Volksmudschaheddin (People's Mojahedin Organization of Iran – PMOI) zu unterstützen. Außerdem drohten sie ihm mehrfach, ihn wegen "Feindschaft zu Gott" (moharebeh) schuldig zu befinden und hinrichten zu lassen. Saeed Shirzad hat immer wieder beteuert, dass er keine Verbindungen zur PMOI unterhält und die Anschuldigung offenbar allein darauf beruhe, dass er 2014 die Tochter eines PMOI-Gefangenen unterstützt hat, die sich aufgrund der Inhaftierung ihres Vaters in finanziellen Schwierigkeiten befand und deshalb befürchten musste, die Universitätsgebühren nicht mehr zahlen zu können. Saeed Shirzad hat einen Freund vom Gefängnis aus telefonisch gebeten, einen Beitrag auf Facebook zu stellen, in dem er klarstellt: "als Menschenrechtler und Kinderrechtsaktivist sehe ich keinen Unterschied zwischen der Familie eines Gefangenen, der Verbindungen zu einer Organisation hat und der Familie eines linksgerichteten, liberalen, kurdischen oder belutschischem Gefangenen."

Saeed Shirzad war schon einmal am 21. August 2012 festgenommen worden, als er und mehrere weitere Aktivist_innen in der von einem Erdbeben betroffenen Stadt Varzaghan (Varzaqan) in der Provinz Ost-Aserbaidschan Hilfsgüter an die Betroffenen verteilten. Er wurde damals 19 Tage lang im Gefängnis von Ahar in Ost-Aserbaidschan festgehalten und dann gegen Kaution aus der Haft entlassen. Im Januar 2013 verurteilte ihn die Abteilung 26 des Teheraner Revolutionsgerichts zu einem Jahr Haft. Die Strafe wurde für fünf Jahre zur Bewährung ausgesetzt.

Laut Artikel 9 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR), zu dessen Vertragsstaaten der Iran gehört, darf niemand willkürlich festgenommen oder in Haft gehalten werden. Die Inhaftierung gilt als willkürlich, wenn einer Person die Freiheit entzogen wird, weil sie im IPbpR garantierte Rechte wahrgenommen hat. Eine Inhaftierung kann außerdem als willkürlich betrachtet werden, wenn die Rechte des Gefangenen auf ein faires Verfahren verletzt wurden. Dazu gehören die Rechte, vor dem Gerichtsverfahren einen Rechtsbeistand konsultieren zu dürfen, unverzüglich einem Gericht vorgeführt zu werden, die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit der Inhaftierung anzufechten und ausreichend Zeit und Mittel zu haben, um die Verteidigung vorzubereiten. Die Standards der Fairness sehen außerdem vor, dass Gefangene bis zur Eröffnung des Gerichtsverfahrens aus der Haft entlassen werden. Zudem steht ihnen eine Entschädigung zu, wenn sie rechtswidrig in Haft gehalten wurden.

Paragraf 48 der neuen iranischen Strafprozessordnung, die im April 2014 in Kraft trat, sieht vor, dass "eine angeklagte Person das Recht hat, zu Beginn der Inhaftierung einen Rechtsbeistand zu fordern". In der Anmerkung zu dem Paragrafen wird jedoch erwähnt, dass, wenn die angeklagte Person wegen des Verdachts auf bestimmte Straftaten festgenommen wurde, darunter organisiertes Verbrechen, Verbrechen gegen die nationale Sicherheit, Diebstahl und Drogendelikte, es der Person bis zu einer Woche nach der Festnahme verwehrt werden kann, einen Rechtsbeistand zu konsultieren.