Haftstrafe für friedliche politische Aktivitäten
Hossein Rafiee
© Private
Der pensionierte Hochschullehrer Mohammad Hossein Rafiee Fanood musste im Iran eine Gefängnisstrafe antreten, zu der er 2004 wegen friedlicher politischer Aktivitäten verurteilt wurde. Der 70-Jährige leidet an gesundheitlichen Problemen, u. a. an Bluthochdruck und einer Herzerkrankung. Er ist ein gewaltloser politischer Gefangener.
Appell an
RELIGIONSFÜHRER
Ayatollah Sayed 'Ali Khamenei
The Office of the Supreme Leader
Islamic Republic Street – End of Shahid
Keshvar Doust Street, Tehran, IRAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Twitter: @khamenei_ir (Englisch) oder @Khamenei_fa (Persisch)
E-Mail: über die Website: http://www.leader.ir/langs/en/index.php?p=suggest
OBERSTE JUSTIZAUTORITÄT
Ayatollah Sadegh Larijani
c/o Public Relations Office
Number 4, Deadend of 1 Azizi
Above Pasteur Intersection
Vali Asr Street, Tehran, IRAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
E-Mail: info@humanrights-iran.ir
Sende eine Kopie an
PRÄSIDENT
Hassan Rouhani
The Presidency
Pasteur Street
Pasteur Square
Tehran
IRAN
Twitter: @HassanRouhani (Englisch) oder @Rouhani_ir (Persisch)
BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK IRAN
S. E. Herrn Alireza Sheikh Attar
Podbielskiallee 65-67
14195 Berlin
Fax: 030-8435 3535
E-Mail:info@iranbotschaft.de
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Persisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 2. Oktober 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.
Amnesty fordert:
LUFTPOSTBRIEFE, TWITTERNACHRICHTEN UND E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
-
Lassen Sie Mohammad Hossein Rafiee Fanood bitte umgehend und bedingungslos frei, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der nur deshalb festgehalten wird, weil er friedlich von seinen Rechten auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit Gebrauch gemacht hat.
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Heben Sie bitte die gegen ihn verhängten Urteile und Strafen auf und stellen Sie sicher, dass er jede benötigte medizinische Versorgung erhält.
- Ich möchte Sie zudem daran erinnern, dass die UN-Mindestgrundsätze für die Behandlung von Gefangenen verlangen, dass alle für Gefangene, insbesondere für deren nächtliche Unterbringung, vorgesehenen Räume allen Erfordernissen der Gesundheit zu entsprechen haben.
PLEASE WRITE IMMEDIATELY
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Calling on the Iranian authorities to release Hossein Rafiee (Mohammad Hossein Rafiee Fanood) immediately and unconditionally, as he is a prisoner of conscience held solely for peacefully exercising his rights to freedom of expression and association.
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Urging them to quash his convictions and sentences, and ensure he receives any medical attention he requires.
- Reminding them that the UN Minimum Rules on the Treatment of Prisoners require that all prison accommodation, including sleeping accommodation, meet all requirements of health.
Sachlage
Mohammad Hossein Rafiee Fanood wurde am 16. Juni von Angehörigen des Geheimdienstministeriums ohne Haftbefehl festgenommen. Erst später am selben Tag und auf Anordnung des Generalstaatsanwalts von Teheran brachten die Angehörigen des Geheimdienstministeriums den zuständigen Staatsanwalt dazu, einen Haftbefehl auszustellen. Mohammad Hossein Rafiee Fanood wurde in die Abteilung 8 des Evin-Gefängnisses verlegt, die nur unzureichend mit angemessenen Schlafgelegenheiten und Sanitäreinrichtungen ausgestattet ist. Die Zellen sind stark überfüllt, schlecht belüftet, schmutzig und von Insekten befallen.
Erst einen Monat nach seiner Festnahme erfuhr Mohammad Hossein Rafiee Fanood den Grund für seine Inhaftierung: Ihm wurde mitgeteilt, er müsse eine vierjährige Haftstrafe antreten, zu der ihn das Revolutionsgericht im Jahr 2004 verurteilt hatte. Er war damals schuldig befunden worden, "Mitglied einer illegalen Gruppierung" zu sein, weil er der verbotenen politischen Partei und national-religiösen Gruppierung Melli Mazhabi angehörte.
Am 25. Mai 2015 wurde Mohammad Hossein Rafiee Fanood von der Abteilung 15 des Teheraner Revolutionsgerichts zu weiteren sechs Jahren Gefängnis verurteilt, weil er auf seiner Webseite zu sozialen und politischen Themen Stellung genommen hatte. Der Vorwurf der "Mitgliedschaft in einer illegalen und sicherheitsgefährdenden Gruppierung [Melli Mazhabi]" brachte ihm fünf Jahre Haft ein. Weil er Medien, "die gegen den Staat sind", Interviews gegeben und "sicherheitsgefährdende Aussagen" gemacht haben soll, wurde er wegen "Verbreitung von Propaganda gegen das System" zu einem weiteren Jahr Gefängnis verurteilt. Zusätzlich erhielt er eine Geldstrafe wegen Nutzung einer Satellitenschüssel, was im Iran verboten ist. Man verbot ihm darüber hinaus zwei Jahre lang jegliche Beteiligung an politischen oder journalistischen Aktivitäten. Mohammad Hossein Rafiee Fanood hat Rechtsmittel eingelegt. Bisher steht jedoch noch kein Datum für eine Anhörung fest.
Hintergrundinformation
Mohammad Hossein Rafiee Fanood ist ein pensionierter Chemiedozent an der Universität Teheran und unterhält eine eigene Webseite: www.mhrafieefanood.com. Er unterstützte zudem öffentlich die Verhandlungen über das iranische Atomprogramm mit den sogenannten P5+1-Verhandlungsmächten China, Frankreich, Russland, Deutschland, Großbritannien und USA. Mohammad Hossein Rafiee Fanood ist außerdem Mitglied des Nationalen Friedensrats, der 2008 von der Nobelpreisträgerin Shirin Ebadi gegründet wurde. Aus Protest gegen seine Festnahme und Inhaftierung trat er nach seiner Festnahme in den Hungerstreik und weigerte sich, seine Medikamente zu nehmen. Am 20. Juni beendete er den Hungerstreik, nachdem seine Frau und sein Freundeskreis ihn darum gebeten hatten. Sie waren in Sorge, dass er seine Gesundheit aufs Spiel setze, da er bereits an Bluthochdruck, einer Schilddrüsenerkrankung und diversen Allergien leidet und täglich Medikamente einnehmen muss.
Seit er in der Abteilung 8 des Evin-Gefängnisses festgehalten wird, berichtet Mohammad Hossein Rafiee Fanood über die dort herrschende Überfüllung: Er teilt sich eine 20-Quadratmeter-Zelle mit 27 weiteren Männern, von denen zehn – einschließlich er selbst – auf dem Boden schlafen müssen, da die Zelle nur mit 18 Betten ausgestattet ist. Mohammad Hossein Rafiee Fanood sagte zu seiner Tochter: "Ich frage mich, ob wir hier in einem Gefängnis sind oder in einer Folterkammer." Er berichtete zudem, dass in der Abteilung nur fünf Toiletten und Duschen für mindestens 200 Häftlinge vorhanden seien und sich ununterbrochen Schlangen vor den Toiletten und Duschen bildeten. Es gibt zwar einen Gefängnisarzt, allerdings verfügt dieser offenbar über keinerlei medizinische Ausstattung, sodass der Blutdruck von Mohammad Hossein Rafiee Fanood nicht regelmäßig gemessen werden kann.
Mohammad Hossein Rafiee Fanood war im Februar 2001 gemeinsam mit weiteren Mitgliedern der verbotenen politischen Partei und national-religiösen Gruppierung Melli Mazhabi festgenommen worden. Die Gruppierung wird mit der politischen Organisation "Iranische Freiheitsbewegung" in Verbindung gebracht, die soziale und politische Reformen fordert und ebenfalls verboten ist. Damals verbrachte er sechs Monate in Untersuchungshaft und wurde für einen Großteil dieser Zeit in Einzelhaft gehalten, bevor man ihn gegen Kaution freiließ. 2004 wurde er zu vier Jahren Haft verurteilt, doch allem Anschein nach wurde der Urteilsspruch erst im Juni 2015 umgesetzt.
Das im Mai 2013 verabschiedete islamische Strafgesetzbuch des Iran beinhaltet vage formulierte "Straftaten" wie zum Beispiel "Verbreitung von Propaganda gegen das System", "Schüren öffentlicher Unruhe", "Beleidigung von islamischen Heiligkeiten" und "Mitgliedschaft in einer illegalen Gruppierung". Diese unklar definierten Bestimmungen werden regelmäßig dazu eingesetzt, um die friedliche Wahrnehmung der Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit einzuschränken. Mit derartigen Gesetzen und Praktiken verletzt der Iran seine Pflichten als Vertragsstaat des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR). Artikel 18, 19, 21, und 22 des IPbpR garantieren Gedanken-, Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit.
In Artikel 10 der UN-Mindestgrundsätze für die Behandlung von Gefangenen heißt es: "Alle für Gefangene, insbesondere für deren nächtliche Unterbringung, vorgesehenen Räume haben allen Erfordernissen der Gesundheit zu entsprechen; dabei sind die klimatischen Verhältnisse und insbesondere die verfügbare Luftmenge, eine Mindestbodenfläche, Beleuchtung, Heizung und Belüftung zu berücksichtigen." Starke Überfüllung, ein unhygienisches Umfeld und der Mangel an Schlafgelegenheiten können in Verbindung mit lang anhaltender Unterbringung unter solchen Bedingungen grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung gleichkommen. Dies verstößt gegen Artikel 7 des IPbpR, der Folter und andere Misshandlung verbietet.