Verbleib unbekannt
Diese Urgent Action ist beendet.
Der Menschenrechtsverteidiger Wahid Baloch ist vier Monate, nachdem die Staatssicherheitsbehörden ihn mutmaßlich in Karatschi "verschwinden" ließen, freigelassen worden. Während der ganzen Zeit erhielt seine Familie keinerlei Informationen zu seinem Verbleib.
Der Menschenrechtsverteidiger Wahid Baloch ist am 26. Juli möglicherweise zum Opfer des Verschwindenlassens durch Angehörige der pakistanischen Sicherheitskräfte geworden. Seine Familie hat keinerlei Informationen zu seinem Verbleib. Er befindet sich in großer Gefahr, gefoltert, anderweitig misshandelt und sogar getötet zu werden. Hunderte andere Aktivist_innen, die in den vergangenen Jahren in Karatschi und der angrenzenden Provinz Belutschistan Opfer des Verschwindenlassens geworden sind, haben das gleiche Schicksal erlitten.
Appell an
PRÄSIDENT
Honourable Mr Mamnoon Hussain
President's Secretariat
Islamabad
PAKISTAN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 92) 51 920 8479
Twitter: @Mamnoon_hussain
PREMIERMINISTER
Muhammad Nawaz Sharif
Prime Minister House, Secretariat
Constitution Avenue, Islamabad
PAKISTAN
(Anrede: Dear Prime Minister / Sehr geehrter Herr Premierminister)
Fax: (00 92) 51 922 0404
Twitter: @pmln_org
MINISTERPRÄSIDENT VON SINDH
Murad Ali Shah
Chief Minister Secretariat
Dr. Zia ud Din Ahmed Road Karachi
PAKISTAN
(Anrede: Dear Chief Minister / Sehr geehrter Herr Ministerpräsident)
Fax: (00 92) 21 992 02000
Twitter: @SayedMuradShah
Sende eine Kopie an
BOTSCHAFT DER ISLAMISCHEN REPUBLIK PAKISTAN
S. E. Herrn Jauhar Saleem
Schaperstr. 29
10719 Berlin
Fax: 030-2124 4210
E-Mail: mail@pakemb.de oder berlin@mofa.gov.pk
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Urdu, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 9. September 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.
Amnesty fordert:
E-MAILS, FAXE, TWITTER-NACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
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Bitte ordnen Sie sofort eine Untersuchung zum Verbleib von Wahid Baloch an und sorgen Sie dafür, dass seine Familie umfassend und zu jeder Zeit über den Stand der Ermittlungen informiert wird.
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Sollte sich Wahid Baloch in staatlichem Gewahrsam befinden, lassen Sie ihn bitte sofort frei, sofern keine glaubwürdigen Beweise dafür vorliegen, dass er für eine als Straftat anerkannte Handlung verantwortlich ist. In diesem Fall wären eine Verlegung in eine offizielle Hafteinrichtung, eine zeitnahe Anklageerhebung und eine Untersuchungshaftanordnung durch ein unabhängiges Gericht erforderlich, wie es internationale Menschenrechtsstandards vorsehen.
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Bitte stellen Sie sicher, dass die Menschenrechte von Wahid Baloch zu jeder Zeit geschützt und respektiert werden. Sollte er sich in Haft befinden, gehören dazu auch die Rechte auf Leben und Schutz vor Folter und anderweitiger Misshandlung, auf Zugang zu seiner Familie, einen Rechtsbeistand seiner Wahl und angemessene medizinische Versorgung.
- Ordnen Sie bitte sofort eine unparteiische, unabhängige und wirksame Untersuchung zu seinem mutmaßlichen Verschwindenlassen an, veröffentlichen Sie die Ergebnisse dieser Untersuchung und stellen Sie die Verantwortlichen in fairen Verfahren vor Gericht, in denen nicht auf die Todesstrafe zurückgegriffen werden kann.
PLEASE WRITE IMMEDIATELY
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Urging the Pakistani authorities to order an immediate investigation into Wahid Baloch’s fate and whereabouts, keeping his family fully informed and updated at all times.
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Insisting that, if Wahid Baloch is in the state’s custody, that he is immediately released, or, if credible evidence of a recognised offence exists, is transferred to an official place of detention charged promptly and remanded by an independent court, in line with international human rights standards.
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Urging them to ensure that Wahid Baloch’s human rights are protected and respected at all time, including – if he is in custody – his right to life and freedom from torture and other ill-treatment, and that he is allowed access to his family, a lawyer of his choice and adequate medical care.
- Urging them to order an immediate, impartial, independent and efficient investigation into this apparent enforced disappearance, publicly disclose its findings and bring those responsible to justice in fair trials without recourse to the death penalty.
Sachlage
Augenzeug_innen zufolge wurde der Menschenrechtsverteidiger, politische Aktivist und ethnische Belutsche Wahid Baloch am Nachmittag des 26. Juli von maskierten Männern in Zivil an einer Mautstelle außerhalb von Karatschi verschleppt. Der Vorfall ereignete sich in der Nähe einer der Hauptstützpunkte der Pakistan Rangers, dem paramilitärischen Arm der Polizei. Wahid Baloch befand sich zusammen mit Freunden auf dem Weg von der Stadt Mirpurkhas nach Karatschi. Seine Begleiter blieben unverletzt. Örtliche Polizist_innen sagten der Familie von Wahid Baloch, dass sie keinerlei Informationen darüber hätten, wer ihn entführt hätte und wo er sich befinde. Nach Amnesty International vorliegenden Informationen haben die Behörden keine zeitnahe und umfassende Untersuchung zu dem Vorfall durchgeführt, obwohl es eine lange Geschichte von Fällen gibt, in denen Sicherheitskräfte für das Verschwindenlassen von belutschischen Aktivist_innen verantwortlich waren. Dass es derartige Vorfälle bereits seit langer Zeit gibt, haben 2013 auch der Ministerpräsident von Belutschistan und der Oberste Gerichtshof Pakistans anerkannt. Wahid Baloch ist Telefonist in einem staatlichen Krankenhaus in Karatschi. Zudem setzte er sich aktiv für die Menschenrechte ein und nahm regelmäßig an öffentlichen Protesten teil, bei denen Aufklärung in Fällen gefordert wurde, in denen Belutsch_innen von Sicherheitskräften entführt und mutmaßlich zum Opfer des Verschwindenlassens geworden sind.
Aktivist_innen, die sich für eine Ausweitung der Selbstbestimmung der belutschischen Bevölkerungsgruppe einsetzen oder Gerechtigkeit für Menschenrechtsverletzungen durch staatliche Akteur_innen fordern, werden von den pakistanischen Behörden als "staatsfeindlich" betrachtete und besonders häufig zum Opfer solcher Menschenrechtsverletzungen. Die Entführung von Wahid Baloch passt zu einem Muster von Fällen des Verschwindenlassens von Personen, die der Gemeinschaft der ethnischen Belutschen in der Provinz Belutschistan und in und um Karatschi in der Provinz Sindh angehören.
Hintergrundinformation
Menschenrechtsverteidiger_innen und politische Aktivist_innen, die der Gemeinschaft der ethnischen Belutschen angehören, werden in der pakistanischen Provinz Belutschistan und in und um Karatschi in der angrenzenden Provinz Sindh immer wieder entführt, zu Opfern des Verschwindenlassens, gefoltert und außergerichtlich hingerichtet. Hunderte Personen sollen bereits zum Opfer derartiger Menschenrechtsverletzungen geworden sein, genaue Zahlen gibt es aufgrund des geheimen Charakters der Entführungen und Tötungen jedoch nicht. Unter den bisherigen Opfern, bei denen es sich hauptsächlich um Männer handeln soll, sollen auch Kinder gewesen sein. Einige Betroffene werden an die Polizei übergeben und vor Gericht gestellt. Viele werden jedoch tot aufgefunden und weisen Schussverletzungen und mutmaßliche Folterspuren auf. Angehörige der Opfer und belutschische Gruppen beschuldigen die pakistanischen Sicherheitskräfte, für diese Verbrechen verantwortlich zu sein. Insbesondere sehen sie Angehörige des Grenzkorps (Frontier Corps), einer bundesweit agierenden paramilitärischen Gruppierung, der paramilitärischen Gruppe Rangers und der Geheimdienste in der Verantwortung. Im Dezember 2013 erkannte der Ministerpräsident der Provinz Belutschistan, Dr. Abdul Malik Baloch, an, dass staatliche "Einrichtungen" für den "rechtswidrigen Freiheitsentzug" von belutschischen Aktivist_innen verantwortlich waren. Seine Aussage entsprach Erklärungen des Obersten Richters des Obersten Gerichtshofs von Pakistan, die dieser zu einem früheren Zeitpunkt 2013 bei Anhörungen zu gerichtlichen Haftprüfungen gemacht hatte. In diesen Fällen ging es unter anderem auch um mutmaßliches Verschwindenlassen.
Gemäß dem Völkerrecht sind die Rechte auf Leben und Schutz vor Folter und anderweitiger Misshandlung unveräußerlich und gelten unter allen Umständen. Pakistan ist durch verschiedenen Menschenrechtsabkommen zur Wahrung und zum Schutz dieser Rechte verpflichtet. Unter anderem ist das Land Vertragsstaat des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte und des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe. Darüber hinaus stellt das Verschwindenlassen eine international als Straftat anerkannte Handlung dar und ist gemäß Völkergewohnheitsrecht, welches für alle Staaten bindend ist, verboten. Unter Artikel 2 der UN-Erklärung über Menschenrechtsverteidiger_innen heißt es, dass jeder Staat die Pflicht hat, alle Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um die Menschenrechte auf seinem Hoheitsgebiet zu schützen. Menschenrechtsverteidiger_innen werden in Pakistan jedoch weiterhin wegen ihrer friedlichen Aktivitäten festgenommen, inhaftiert und gefoltert. Zudem sind sie Bedrohungen und Schikanen ausgesetzt. Amnesty International fordert die Regierung Pakistans auf, für ein Umfeld zu sorgen, in dem es möglich ist, die Menschenrechte zu wahren und friedlich politische Ansichten auszudrücken, ohne Angst vor Vergeltungsmaßnahmen und Einschüchterungen haben zu müssen.