Haft für Menschenrechtler

Der Menschenrechtsverteidiger Dr. Abdulkareem Yousef Al-Khoder ist auf der Grundlage des Antiterrorgesetzes von 2014 zu zehn Jahren Gefängnis und einem anschließenden zehnjährigen Reiseverbot verurteilt worden. Amnesty International betrachtet ihn als gewaltlosen politischen Gefangenen.

Appell an

KÖNIG
His Majesty King Salman bin Abdul Aziz Al Saud
The Custodian of the two Holy Mosques
Office of His Majesty the King
Royal Court, Riyadh, SAUDI-ARABIEN
(Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 966) 11 403 3125 (über das Innenministerium)
Twitter: @KingSalman

INNENMINISTER
His Royal Highness Prince Mohammed
bin Naif bin Abdul Aziz Al Saud
Ministry of the Interior, P.O. Box 2933
Airport Road, Riyadh 11134, SAUDI-ARABIEN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 966) 11 403 3125 (über das Innenministerium)

Sende eine Kopie an

VORSITZENDER DER STAATLICHEN MENSCHENRECHTSKOMMISSION
Bandar Mohammed 'Abdullah al-Aiban

Human Rights Commission
PO Box 58889, Riyadh 11515

King Fahd Road, Building No. 3, Riyadh
SAUDI-ARABIEN
Fax: (00 966) 11 418 5101

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS SAUDI-ARABIEN
S.E. Herrn
Prof. Dr. med Ossama Abdulmajed Ali Shobokshi
Tiergartenstr. 33-34
10785 Berlin
Fax: 030-8892 5179 oder 030-8892 5176
E-Mail: deemb@mofa.gov.sa

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 4. Dezember 2015 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS, TWITTERNACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie höflich auf, Dr. Abdulkareem Yousef Al-Khoder umgehend und bedingungslos freizulassen, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der sich nur aufgrund der friedlichen Ausübung seiner Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit in Haft befindet.

  • Bitte stellen Sie sicher, dass der Schuldspruch und die gegen Dr. Abdulkareem Yousef Al-Khoder verhängte Strafe aufgehoben werden.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the authorities to release Dr Abdulkareem Yousef al-Khoder immediately and unconditionally as he is a prisoner of conscience held solely for peacefully exercising of his rights to freedom of expression and assembly.

  • Urging them to ensure that Dr al-Khoder’s conviction and sentence are quashed.

Sachlage

Ein Sondergericht für Antiterror- und Sicherheitsangelegenheiten (SCC) in Riad hat Abdulkareem Yousef Al-Khoder am 19. Oktober zu zehn Jahren Gefängnis und einem anschließenden Reiseverbot derselben Dauer verurteilt. Abdulkareem Yousef Al-Khoder ist Gründungsmitglied der saudi-arabischen Organisation für bürgerliche und politische Rechte (ACPRA). Er war ursprünglich von einem Strafgericht zu acht Jahren Haft verurteilt worden. Dieses Urteil wurde von einem Berufungsgericht aufgehoben, woraufhin das SCC den Menschenrechtler nun zu zehn Jahren Haft verurteilte.

Das Urteil gegen Abdulkareem Yousef Al-Khoder erging aufgrund ähnlicher Anklagen wie im ursprünglichen Gerichtsverfahren vor dem Strafgericht von Buraydah. Er wurde unter anderem wegen "Anstiftung zu Unruhen durch den Aufruf zu Demonstrationen", "Beleidigung der Justizbehörden" und "Beteiligung an der Gründung einer nicht genehmigten Organisation" (Bezug auf ACPRA) schuldig gesprochen. Ähnlich wie andere Menschenrechtsverteidiger_innen weigert sich auch Abdulkareem Yousef Al-Khoder die Legitimität des SCC anzuerkennen.

Abdulkareem Yousef Al-Khoder befindet sich seit dem 24. April 2013, dem vierten Anhörungstag in seinem Verfahren, in Haft, weil er sich geweigert hatte, den Gerichtssaal zu betreten, nachdem der Richter Frauen willkürlich den Zugang verwehrt hatte, und wurde daraufhin inhaftiert. Am 24. Juni 2013 wurde Abdulkareem Yousef Al-Khoder zu einer achtjährigen Haftstrafe mit einem anschließenden zehnjährigen Reiseverbot verurteilt. Ein Berufungsgericht hob das Urteil im Januar 2014 auf und begründete die Entscheidung damit, dass das ursprüngliche Urteil von einem Richter gefällt worden war, der nicht unparteiisch war, da er einen persönlichen Konflikt mit Abdulkareem Yousef Al-Khoder hatte.

Der neue Richter entschied dann im Mai 2014, dass der Fall nicht in seine Zuständigkeit falle und aufgrund der Anklagepunkte an das SCC verwiesen werden solle. Diese Entscheidung hielt das Berufungsgericht später aufrecht. Das Strafgericht ordnete die Freilassung von Abdulkareem Yousef Al-Khoder bis zum Ausgang des Verfahrens an, aber die Behörden weigerten sich, den Menschenrechtler freizulassen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Dr. Abdulkareem Yousef Al-Khoder war bis zu seiner Entlassung im Oktober 2011 Professor für Vergleichende Rechtswissenschaften an der Fakultät für Islamische Rechtswissenschaften der Universität von al-Qassim. Er wurde allem Anschein nach aufgrund seiner Aktivitäten seiner Position enthoben. Bereits 2010 war ein Reiseverbot gegen ihn verhängt worden. Sein Fall ist der jüngste, in dem ein ACPRA-Mitglied für schuldig befunden und zu einer Haftstrafe vom Sondergericht SCC verurteilt wurde. Bereits am 14. Oktober hatte das SCC ein weiteres Gründungsmitglied der ACPRA, Dr. Abdulrahman al-Hamid, zu neun Jahren Haft und einem anschließenden neunjährigen Reiseverbot verurteilt (s. UA-102/2014, https://www.amnesty.de/urgent-action/ua-102-2014-1/menschenrechtler-haft).

Seit Februar 2014 setzen die Behörden das neue Antiterrorgesetz ein, um Menschenrechtsverteidiger_innen und friedliche Dissident_innen zu inhaftieren. Auf der Grundlage dieses neuen Gesetzes wurden Verfahren gegen Dr. Abdulkareem Yousef Al-Khoder und andere ACPRA-Mitglieder vor dem SCC wiedereröffnet, obwohl sie bereits vor Jahren von anderen Gerichten auf der Grundlage anderer Gesetze verurteilt worden waren bzw. bereits wegen ähnlicher Anklagen Haftstrafen verbüßten.

Seit 2012 verfolgen die saudi-arabischen Behörden zivilgesellschaftlich engagierte Aktivist_innen und Menschenrechtsverteidiger_innen, darunter auch ACPRA-Mitglieder, ohne mit irgendwelchen rechtlichen Folgen rechnen zu müssen. Dabei setzen die Behörden sowohl gerichtliche als auch willkürliche außergerichtliche Maßnahmen wie die Verhängung von Reiseverboten gegen sie ein. Am 9. März 2013 wurden zwei ACPRA-Mitbegründer – Dr. Abdullah bin Hamid bin Ali Al-Hamid, 66, und Mohammad bin Fahad bin Muflih Al-Qahtani, 47 – zu zehn und elf Jahren Haft mit anschließendem Reiseverbot derselben Dauer verurteilt. Sie wurden in einer Reihe von Anklagepunkten für schuldig befunden, darunter der Verletzung der Treuepflicht gegenüber dem Herrscher, des Ungehorsams gegenüber dem Staatsoberhaupt, der Infragestellung der Integrität von Staatsbediensteten, der Absicht, die Sicherheit des Landes zu gefährden und die Bevölkerung zu Protesten anzustiften, der Verbreitung falscher Informationen an ausländische Gruppierungen, des Verstoßes gegen Paragraf 6 des Gesetzes zur Informationstechnologie und der Gründung einer nicht genehmigten Organisation, der ACPRA (siehe UA-257/2012). Das Gericht ordnete außerdem die Auflösung von ACPRA, die Konfiszierung des Eigentums der Organisation und die Löschung ihrer Benutzerkonten in sozialen Medien an.

Der bekannte saudi-arabische Schriftsteller, Kommentator und Kritiker Dr. Zuhair Kutbi wurde am 15. Juli 2015 in seinem Haus in der Stadt Mekka von Angehörigen der Sicherheitskräfte abgeführt. Er wurde während seiner Inhaftierung geschlagen und an drei verschiedene Orte gebracht, an denen er verhört wurde. Bisher ist keine Anklage gegen ihn erhoben worden. Amnesty International geht davon aus, dass Dr. Zuhair Kutbi wegen Aussagen festgenommen worden ist, die er am 25. Juni 2015 in der TV-Sendung Fi al-Samim (Auf den Punkt) gemacht hatte. Er kritisierte in der Sendung, die auf dem Satellitenkanal Rotana Khalijia ausgestrahlt wird, die politische Unterdrückung in Saudi-Arabien und sprach sich für Reformen aus, zu denen auch die Umwandlung des politischen Systems in eine konstitutionelle Monarchie gehörte. (s. UA-188/2015, http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-188-2015/wegen-regierungskritik-haft)

Zu den weiteren Aktivist_innen, die von den Behörden verfolgt werden, gehört auch der Menschenrechtler Fadhel Maki al-Manasif, der am 17. April 2014 zu 15 Jahren Haft, anschließendem ebenso langem Reiseverbot und einer Geldstrafe in Höhe von umgerechnet ca. 24.000 Euro verurteilt wurde. Die Anklagepunkte gegen ihn bezogen sich auf seinen Aktivismus sowie auf seine Berichte und die Dokumentation der Diskriminierung der schiitischen Bevölkerungsgruppe in Saudi-Arabien. Seinen Angaben zufolge wurde er in Haft gefoltert und anderweitig misshandelt. (s. UA-304/2011, https://www.amnesty.de/urgent-action/ua-304-2011-2/aktivist-inhaftiert)