Indigene Gemeinschaft gefährdet

Der paraguayische Kongress riskiert die Einhaltung eines rechtlich bindenden Urteils des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte seitens des paraguayischen Staates. Der Kongress beschäftigt sich derzeit mit einem Gesetzesentwurf der, falls er abgelehnt werden sollte, eine ausgesprochen positive vorrausgegangene Entscheidung auf nationaler und internationaler Ebene zu kollektivem Landbesitz durch die indigene Bevölkerung untergraben würde.

Appell an

VORSITZENDER DES AUSSCHUSSES FÜR AGRARREFORM
Silvio Adalberto Ovelar Benítez
Presidente de la Comisión de Reforma Agraria y Bienestar Rural
Honorable Cámara de Senadores
14 de Mayo y Avda. República
Asunción, PARAGUAY
(korrekte Anrede: Estiamdo Senador)
Fax: (00 595) 0 21 414 5027
E-Mail: sovelar@senado.gov.py

PRÄSIDENT DES SENATS
Enrique González Quintana
Presidente de la Honorable Cámara de Senadores
de la República del Paraguay
Honorable Cámara de Senadores
14 de Mayo y Avda. República
Asunción, PARAGUAY
(Korrekte Anrede: Estimado Sr. Presidente de la Cámara de Senadores)
E-Mail: gquintana@senado.gov.py
Fax: (00 595) 0 21 414 5905

Sende eine Kopie an

MENSCHENRECHTSORGANISATION
Tierraviva
Manuel Domínguez Nº 1073 e/ EEUU y Brasil
Asunción, PARAGUAY
Fax: (00 595) 21 202 039, (00 595) 21 209 092, (00 595) 982 344 034
E-Mail: tierraviva@tierraviva.org.py

BOTSCHAFT DER REPUBLIK PARAGUAY
I.E. Frau Liliane Lebron De Wenger
Hardenbergstraße 12, 10623 Berlin
Fax: 030-31 99 86 17
E-Mail: embapyde@t-online.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 24. Juli 2009 keine Appelle mehr zu verschicken.

RECOMMENDED ACTION: PLEASE SEND APPEALS TO ARRIVE AS QUICKLY AS POSSIBLE, IN PERSIAN, ARABIC, ENGLISH OR YOUR OWN LANGUAGE:

  • expressing concern that despite the expiry of the three-year deadline established by the Inter-American Court to return the land to the Yakye Axa, the community continue to live in deplorable conditions on the side of the Pozo Colorado-Concepción highway;

  • urging members of the Agrarian Reform and Rural Welfare Commission and the other three commissions studying the bill (No. 00538) to give the bill their approval, in line with their obligations set out in the Inter-American Court judgement, and with the rights of Indigenous Peoples clearly enshrined in the Paraguayan constitution.

  • reminding the Congress that by approving this bill and returning the land to the Yakye Axa, land which has a cultural, historical and spiritual significance for the community, would not only comply with an international legal obligation, but also demonstrate their commitment to ensuring that Paraguay’s Indigenous Peoples live with dignity.
    .

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE, IN DENEN SIE

  • Ihre Sorge zum Ausdruck bringen, dass obwohl die vom Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte festgelegte dreijährige Frist abgelaufen ist, die Yakye Axa weiterhin unter unzumutbaren Bedingungen am Rand der Straße zwischen Pozo Colorado und Concepción leben;

  • die Mitglieder des Ausschusses für Agrarreform und ländliches Wohlergehen sowie der anderen drei Ausschüsse, die den Gesetzesentwurf (Nr. 00538) prüfen, auffordern, dem Entwurf zuzustimmen, entsprechend ihrer Verpflichtung durch das Urteil des Interamerikanischen Gerichtshofs und die in der paraguayischen Verfassung klar verankerten Rechte der indigenen Bevölkerung;

  • den Kongress daran erinnern, dass die Verabschiedung des Gesetzesentwurfs und die Rückgabe des Landes an die Yakye Axa, für die es eine kulturelle, historische und spirituelle Bedeutung hat, nicht nur einer internationalen rechtlichen Verpflichtung entspräche, sondern auch das Engagement der Regierung verdeutliche, der indigenen Bevölkerung Paraguays ein Leben in Würde zuzusichern.

Sachlage

Im Juli 2008 versäumte Paraguay die Drei-Jahres-Frist, um traditionell indigenes Land an die indigene Yakye-Axa-Gemeinde zurück zu geben. Sollte dem Urteil des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte weiterhin nicht entsprochen werden, bedeutet dies eine lebensbedrohliche Situation für die BewohnerInnen der Gemeinde, die auf einem schmalen Streifen Land entlang einer stark befahrenen Straße leben und nicht mehr auf traditionelle Weise ihren Lebensunterhalt sicherstellen können. Sie sind gezwungen, unter unzumutbaren und erniedrigenden Bedingungen zu leben und haben einen äußerst eingeschränkten Zugang zu Wasser, Gesundheitsversorgung, Bildung und anderer Grundversorgung. Dabei ist der Staat verpflichtet, ihnen diese Versorgung zu gewährleisten, bis sie ihr Land wieder in Anspruch nehmen können. Seit dem Urteilsspruch 2005 sind neun Personen an vermeidbaren Erkrankungen gestorben. In der vergangenen Woche ist Berichten zufolge der 21-jährige José Carlos Ramos Valdón an Tuberkulose gestorben, einer ebenfalls vermeidbaren Krankheit. Zwischen November 2008 und Mai 2009 erhielt die indigene Yakye-Axa-Gemeinde lediglich eine Nahrungsmittellieferung im Februar 2009, die zudem nur der Hälfte einer monatlichen Ration entsprach.

Im November 2008 unterzeichnete Präsident Lugo einen Gesetzentwurf, der die 15.963 Hektar Land, die die Yakye Axa für sich beanspruchen, als "von sozialem Interesse" deklarierte. Der Entwurf sieht vor, dass das Land enteignet wird, was dem Staat erlauben würde, es in Besitz zu nehmen, um es anschließend an die Yakye Axa zurückzugeben und dem Landbesitzer eine Abfindung für den Verlust zu zahlen.
Zur Zeit behandeln vier Kongressausschüsse den Entwurf. Amnesty International liegen Informationen vor, nach denen einer der wichtigsten Ausschüsse, der Ausschuss für Agrarreform und ländliche Wohlfahrt, dem Kongress vermutlich nahe legen wird, den Entwurf abzulehnen. Es besteht ebenfalls Grund zur Sorge, dass ein anderer wichtiger Ausschuss, der Ausschuss für Haushalt und Finanzen, eine ähnliche Haltung einnehmen könnte. Ohne eine positive Beurteilung dieser beiden Ausschüsse ist es unwahrscheinlich, dass der Kongress den Gesetzentwurf verabschieden wird.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Das Gericht befasste sich 2006 mit einem ähnlichen Fall, der die nahe gelegene Sawhoyamaxa-Gemeinde betraf. Aus Regierungskreisen heißt es, dass man noch immer versuche, direkt mit dem Landbesitzer des traditionellen Landes der Sawhoyamaxa zu verhandeln. Es sind allerdings drei Jahre vergangen, ohne dass ein Ergebnis dieser Verhandlungen veröffentlicht worden wäre. Die Frist für die Rückgabe des Landes ist am 19. Mai 2009 verstrichen. Seit dem Urteil zu dem Fall 2006 sind 22 Angehörige der Sawhoyamaxa an vermeidbaren Erkrankungen gestorben, die meisten von ihnen Kinder. Zwischen Dezember 2008 und Januar 2009 sind allein sechs Angehörige der Gemeinde, darunter vier Kleinkinder, gestorben, nachdem sie unter Diarrhöe und Erbrechen gelitten hatten (siehe UA 40/09 vom 16. Februar 2009). Nach den jüngsten Todesfällen bleiben schwerwiegende Bedenken bezüglich der unzureichenden medizinischen Versorgung und der unzureichenden und unregelmäßigen Wasser- und Nahrungsversorgung bestehen.

Beide Urteile stellen signifikante internationale Präzedenzfälle für kollektiven Landbesitz indigener Bevölkerungsgruppen dar. Daher ist es umso wichtiger, dass der Staat jede Möglichkeit wahrnimmt, sowohl national als auch international zu demonstrieren, dass er bereit ist, internationalem Recht zu entsprechen und seine freiwillig eingegangenen rechtlichen Zusagen ernst zu nehmen. Paraguay hat die Amerikanische Menschenrechtskonvention vor beinahe 20 Jahren ratifiziert und akzeptierte die Zuständigkeit des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte 1993. Entspricht der Staat nun nicht den beiden Urteilen, würde dies eine klare Botschaft an die indigene Bevölkerung Paraguays sein, dass obwohl die aktuelle Regierung versprochen hat, wichtige Themen bezüglich indigener Menschenrechte anzugehen, sie ihren Worten noch immer Taten folgen lassen muss. Ebenso würde eine fehlende Umsetzung Paraguays Position im interamerikanischen System und auf internationaler Ebene untergraben.

Abgesehen von dem Urteil des Interamerikanischen Gerichtshofs erkennt auch die paraguayische Verfassung das Recht der indigenen Bevölkerung auf kommunalen Landbesitz an und verpflichtet den Staat, ihnen betreffende Grundstücke kostenlos zur Verfügung zu stellen.