Drohende Zwangsräumung
Etwa 32 von HIV und AIDS betroffenen Familien droht die Zwangsräumung aus Borei Keila im Zentrum von Phnom Penh. Die Familien haben gegen die geplante Umsiedlung in ein Gebiet 20 km außerhalb der Hauptstadt protestiert. Dort hätten sie keine Einnahmequellen und wären vom Zugang zu medizinischer Versorgung und zur Grundversorgung abgeschnitten. Trotz der Proteste kündigten die örtlichen Behörden die Zwangsräumung für Mai 2009 an.
Appell an
GOUVERNEUR
Kep Chuktema, Governor, Phnom Penh Municipality, #69 Blvd. Preah Monivong, Phnom Penh, KAMBODSCHA
(korrekte Anrede: Dear Governor)
Fax: 00 855 23 426 101
E-Mail: phnompenh@phnompenh.gov.kh
Sende eine Kopie an
PRÄSIDENT DES KAMBODSCHANISCHEN ROTEN KREUZES
Lok Chumteav Bun Rany Hun Sen
President
Cambodian Red Cross, # 17 Street Cambodian Red Cross (street 180)
Phnom Penh, KAMBODSCHA
(korrekte Anrede: Dear Lok Chumteav)
E-Mail: info@redcross.org.kh
INNENMINISTER
Sar Kheng
Minister of Interior and Deputy Prime Minister
Ministry of Interior,
75 Norodom Blvd, Khan Chamkarmon
Phnom Penh, KAMBODSCHA
(korrekte Anrede: Dear Minister)
Fax: 00 855 23 212708
E-Mail: moi@interior.gov.kh
BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS KAMBODSCHA
S.E. Herrn Widhya Chem
Benjamin-Vogelsdorff-Straße 2, 13187 Berlin
Fax: 030-4863 7972
E-Mail: REC-Berlin@t-online.de
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Khmer, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 21. Mai 2009 keine Appelle mehr zu verschicken.
Please send appeals to arrive as quickly as possible, in English, French, Khmer or your own language:
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expressing concern that 32 families living with HIV and AIDS at Borei Keila, Phnom Penh, are at risk of forced eviction to an inadequate resettlement site, with no clean water, sanitation, electricity or health services;
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calling on the authorities to protect the 32 families from forced eviction, and ensure that they are immediately assessed to determine their eligibility for flats in the new buildings which are being constructed as part of the 2003 land-share agreement;
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calling on the authorities to guarantee adequate alternative housing with security of tenure for those determined to be ineligible, including access to health services for continuation of anti-retroviral treatment and treatment for HIV and AIDS related illnesses or opportunistic infections;
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calling on the authorities to ensure that the families are not discriminated against because of their health status, either in the assessment process for eligibility for housing at Borei Keila, or provision of alternative adequate housing;
- calling on the government to end all forced evictions as a matter or urgency.
Amnesty fordert:
SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE, IN DENEN SIE
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Ihre Sorge darüber ausdrücken, dass 32 von HIV und AIDS betroffene Familien aus Borei Keila in Phnom Penh die Zwangsräumung und Umsiedlung in ein unzulängliches Gebiet ohne sauberes Wasser, sanitäre Ein-richtungen, Strom und Gesundheitsversorgung droht;
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die Behörden auffordern, die 32 Familien vor der Zwangsräumung zu schützen und sicherzustellen, dass unver-züglich geprüft wird, ob sie einen Anspruch auf eine Wohnung in den Gebäuden haben, die momentan im Zuge des Landnutzungsabkommens von 2003 gebaut werden;
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die Behörden auffordern, für diejenigen, denen kein solcher Anspruch gewährt wird, eine adäquate alternative Unterbringung und Mieterschutz zu garantieren, einschließlich Zugang zur Gesundheitsversorgung zur Weiter-führung der antiretroviralen Therapie und der Behandlung von Erkrankungen, die auf HIV und AIDS zurückzuführen sind bzw. der Behandlung von opportunistischen Infektionen;
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die Behörden auffordern, sicherzustellen, dass die Familien nicht aufgrund ihres Gesundheitszustandes diskriminiert werden, weder im Zusammenhang mit der Prüfung ihres Anspruchs auf Wohnraum in Borei Keila noch hinsichtlich angemessener alternativer Unterbringung;
- die Regierung auffordern, alle Zwangsräumungen dringend einzustellen.
Sachlage
In jeder Familie benötigt mindestens eine Person Zugang zu antiretroviraler Therapie und zur Behandlung von Er-krankungen, die auf AIDS zurückzuführen sind. Das Gebiet, in das die Familien umgesiedelt werden sollen, weist keine angemessenen Gesundheitsdienstleistungen auf, und die anfallenden Transportkosten, um antiretrovirale The-rapien fortführen und Zugang zu medizinischer Versorgung gewährleisten zu können, wären untragbar. Die Familien durften keinen Antrag auf Unterbringung in neuen Wohnbauten, die in Borei Keila gerade errichtet werden, stellen.
Das vorgesehene Umsiedlungsgebiet, Tuol Sambo im Bezirk Dangkor, liegt an einer Müllhalde und bildet eine ei-gene Wohn-Enklave. Die Behausungen bestehen aus grünem Blech und heben sich von den anderen Unterkünften dieses Gebiets ab. Der Wohnraum ist zu klein für eine Durchschnittsfamilie, und die Behausungen sind so dicht ge-baut, dass Sicherheit und Belüftung nicht garantiert werden können. Sowohl der Boden als auch die Gebäude sind instabil. Des Weiteren gibt es auf diesem Gebiet weder sauberes Wasser noch sanitäre Einrichtungen oder Strom. Unter solchen Bedingungen besteht die ernsthafte Gefahr opportunistischer Infektionen. Die meisten der Familien leben in bitterer Armut und befürchten, wegen ihrer HIV-Infizierung in Tuol Sambo noch stärkerer Stigmatisierung und Diskriminierung ausgesetzt zu sein. In der Nachbarschaft nennt man dieses Dorf schon jetzt "Aids Village".
Die meisten der 32 Familien verdienen sich ihren Lebensunterhalt entweder als Müllsammler oder Träger auf einem Markt nahe Borei Keila, oder als Tagelöhner, wofür sie täglich zwischen 6000 und 10.000 Riel (etwa 2,25-4 US$) bekommen. Eine einfache Fahrt von Tuol Sambo zu ihrem gegenwärtigen Arbeitsplatz kostet etwa 15.000 Riel. Die Zwangsräumung würde sie also tatsächlich ihrer Existenzgrundlage berauben.
Die Familien leben momentan in Borei Keila, einer großen städtischen Armengemeinde. Sie ist Teil eines Land-nutzungsabkommens aus dem Jahr 2003 zwischen einem privaten Bauunternehmen, der Gemeinde Phnom Penh und den Anwohnern. Durch das Abkommen erwarb das Bauunternehmen das Recht, einen Teil von Borei Keila ge-werblich zu nutzen, während für die ursprünglich über 1700 Anwohner neue Unterkünfte auf einem anderen Teil des Grundstücks geschaffen werden sollten. 2007 siedelte die Stadtverwaltung von Phnom Penh die Familien in sogenannte "Green Houses" um. Dies waren befristete Unterkünfte, in denen die Menschen unter entsetzlichen Be-dingungen lebten, damit eine Reihe mehrstöckiger Wohngebäude gebaut werden konnten. Die Familien sind über-zeugt, dass sie aufgrund ihrer HIV-Infizierung von den Behörden diskriminiert und zur Räumung gezwungen werden, ohne zu prüfen, ob sie einen Anspruch auf eine Wohnung in den neu errichteten Gebäuden hätten.
Hintergrundinformation
In den letzten zehn Jahren ist in Kambodscha die Zahl angezeigter Landstreitigkeiten, –beschlagnahmungen und Räumungen, darunter auch Zwangsräumungen, stetig angestiegen. Die Betroffenen sind fast ausschließlich arme, marginalisierte Personengruppen, die sich nicht zur Wehr setzen können. Der Anstieg solcher Fälle ist das Ergebnis fehlender Rechtsstaatlichkeit, eines äußerst schleppenden rechtlichen Reformprozesses sowie der grassierenden Korruption.
Amnesty International gingen im Jahr 2008 Berichte über 27 Zwangsräumungen zu, von denen geschätzte 23.000 Menschen betroffen waren. Etwa 150.000 Kambodschanern kann jederzeit die Zwangsräumung drohen – als Folge von Landstreitigkeiten, Landraub, landwirtschaftlichen und städtischen Großprojekten. Geschätzte 70.000 von diesen leben in Phnom Penh. Die Verbreitung von HIV ist in Kambodscha Berichten zufolge rückläufig. Waren im Jahr 2003 noch 1,2% der erwachsenen Bevölkerung zwischen 15 und 49 Jahren betroffen, so waren es im Juni 2007 laut UNAIDS noch 0,9%. Die Zahl der HIV-Infizierten wird auf 67.200 Erwachsene und 3800 Kinder geschätzt.
Als Vertragsstaat des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und weiterer internationaler Menschenrechtsabkommen wie beispielsweise dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, die Zwangsräumung und ähnliche Menschenrechtsverletzungen verbieten, ist Kambodscha verpflichtet, die Zwangsräumungen einzustellen und die Bevölkerung davor zu schützen. Unter Zwangsräumungen versteht man Räumungen, die ohne hinreichende Ankündigung und Konsultation mit den Betroffenen, ohne rechtliche Schutz-maßnahmen und ohne die Zusicherung einer adäquaten alternativen Unterbringung vorgenommen werden. Wohnungseigentümern und Mietern wie auch Personen, die illegal Wohnraum besetzen, sollte ein Mindestmaß an Mieterschutz gewährt werden, darunter Schutz vor Zwangsräumungen, Drangsalierungen und Drohungen.
Kambodscha ist außerdem verpflichtet, eine angemessene Gesundheitsversorgung für alle BürgerInnen zu gewähr-leisten, einschließlich Zugang zu Behandlung für die Menschen, die mit HIV und AIDS leben müssen. Die Internatio-nalen Richtlinien für HIV/AIDS und Menschenrechte fordern Staaten ebenfalls auf, in Verbindung mit HIV universellen Zugang zu Gütern, Dienstleistungen und Informationen zu gewährleisten, und dass diese "nicht nur erhältlich, akzep-tabel und von guter Qualität, sondern auch für alle zugänglich und erschwinglich sein müssen".