Verbleib unbekannt
Aktion in Berlin gegen das Verschwindenlassen
© Amnesty International / Foto: Henning Schacht
Fadhel Sayed Abbas Hasan Radhi ist seit seiner Festnahme am 29. September 2016 ohne Anklage inhaftiert. Er hat keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand und nur begrenzten telefonischen Kontakt zu seiner Familie. Seit dem 10. Dezember 2016 hat die Familie nichts mehr von ihm gehört und hat auch keinerlei Informationen über seinen Aufenthaltsort und sein Wohlergehen erhalten. Amnesty International befürchtet, dass er dem Verschwindenlassen zum Opfer gefallen ist und ihm Folter und Misshandlung drohen.
Appell an
KÖNIG
Shaikh Hamad bin 'Issa Al Khalifa
Office of His Majesty the King
P.O. Box 555
Rifa’a Palace, al-Manama
BAHRAIN
(Anrede: Your Majesty / Majestät)
Fax: (00 973) 1766 4587
INNENMINISTER
Shaikh Rashid bin 'Abdullah Al Khalifa
P. O. Box 13, al-Manama
BAHRAIN
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 973) 1723 2661
Twitter: @moi_Bahrain
MINISTER FÜR JUSTIZ UND ISLAMISCHE ANGELEGENHEITEN
Shaikh Khaled bin Ali bin Abdullah Al Khalifa
Ministry of Justice and Islamic Affairs
P.O. Box 450, al-Manama
BAHRAIN
Fax: (00 973) 1753 1284
E-Mail: über die Website http://www.moj.gov.bh/en
Twitter: @Khaled_Bin_Ali
Sende eine Kopie an
BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS BAHRAIN
S. E. Herrn Ebrahim Mohmood Ahmed Abdulla
Klingelhöfer Str. 7
10785 Berlin
Fax: 030-8687 7788
E-Mail: info@bahrain-embassy.de
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 14. März 2017 keine Appelle mehr zu verschicken.
Amnesty fordert:
FAXE, E-MAILS, TWITTER-NACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
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Geben Sie bitte den Verbleib und Aufenthaltsort von Fadhel Sayed Abbas Hasan Radhi bekannt und lassen Sie ihn sofort frei, sofern man ihn nicht einer international als Straftat anerkannten Handlung anklagt.
- Bitte gewähren Sie ihm umgehend regelmäßigen Kontakt zu seiner Familie, einem Rechtsbeistand und jegliche erforderliche medizinische Versorgung.
PLEASE WRITE IMMEDIATELY
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Urging the Bahraini authorities to immediately disclose the fate and whereabouts of Fadhel Sayed Abbas Hasan Radhi, and to release him unless he is promptly charged with a recognizable criminal offence, in accordance with international law and standards.
- Calling on them to provide him with prompt and regular access to his family, lawyer and any medical attention he may require and ensure that, pending his release, he is protected from torture and other ill-treatment.
Sachlage
Fadhel Sayed Abbas Hasan Radhi wurde am 29. September 2016 gegen 3:00 Uhr von Angehörigen der Kriminalpolizei in seiner Heimatstadt Hamad, südwestlich der Hauptstadt Manama festgenommen. Seiner Familie wurde weder mitgeteilt, wohin man ihn bringen würde, noch, was ihm zur Last gelegt wurde. Sie hörte dann auch nichts von ihm und erhielt einen ersten Anruf erst zwei Wochen später. Während dieses kurzen Telefonats teilte Fadhel Sayed Abbas Hasan Radhi seiner Familie mit, dass er bei der Kriminalpolizei festgehalten werde, sehr müde sei und sich nicht wohl fühle. Seine Familie hörte dann wieder bis zum 10. Dezember 2016 nichts von ihm. Dann rief er an und sagte, dass er immer noch bei der Kriminalpolizei festgehalten werde und nicht wisse warum. Seither fehlt jede Nachricht von ihm. Er hat während seiner gesamten Haft bislang keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand erhalten. Amnesty International ist besorgt, dass Fadhel Sayed Abbas Hasan Radhi ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand und nur willkürlich erlaubten Anrufen bei seiner Familie Gefahr läuft, gefoltert und in anderer Weise misshandelt zu werden, und dass die fortdauernde Weigerung Informationen zu seinem Aufenthaltsort zu geben, dem Verschwindenlassen gleichkommen könnte.
Die Schwester von Fadhel Sayed Abbas Hasan Radhi geht seit der Inhaftierung ihres Bruders zweimal in der Woche zur Staatsanwaltschaft und fragt, wo ihr Bruder festgehalten wird und was der Grund für seine Haft ist. Bislang hat sie keine Auskunft erhalten. Am 2. Januar sagte ihr die Staatsanwaltschaft schließlich, sie solle nach Hause gehen und dort auf einen Anruf ihres Bruders warten. Man sagte ihr zudem, dass er am 24. April der Staatsanwaltschaft vorgeführt werde. Am 6. Dezember 2016 reichte die Schwester eine Beschwerde im Büro der Ombudsperson ein. Laut ihrer Aussage erhielt sie am 14. Dezember die Auskunft, dass die Ombudsstelle nichts für ihren Bruder tun könne. Ebenfalls am 14. Dezember ging sie zur Kriminalpolizei. Ein Mitarbeiter teilte ihr mit, dass ihr Bruder dort festgehalten werde. Doch seine Familie hörte später, dass er in Abteilung 15 des Jaw-Gefängnisses im Süden von Manama festgehalten würde. Sie fragte erneut bei der Staatsanwaltschaft nach, erhielt jedoch keine Informationen. Seit dem 14. Dezember 2016 erhält Fadhel Sayed Abbas Hasan Radhis Familie trotz zahlreicher Nachfragen keine Informationen mehr. Amnesty International hat am 5. Januar an das Büro der Ombudsperson und an das Innenministerium geschrieben, wartet jedoch bis zur Stunde auf eine Antwort.
Hintergrundinformation
Amnesty International hat einen ähnlichen Fall wie den von Fadhel Sayed Abbas Hasan Radhi dokumentiert: Al-Sayed Alawi Hussain al-Alawi, 43 Jahre alt, befindet sich seit Oktober 2016 ohne Anklage und Zugang zu einem Rechtsbeistand in Haft. Seit dem 14. Dezember 2016 hat seine Familie keine Informationen zu seinem Verbleib und seinem Wohlergehen. Amnesty International befürchtet, dass Al-Sayed Alawi Hussain al-Alawi genau wie Fadhel Sayed Abbas Hasan Radhi Opfer des Verschwindenlassens wurde und ihm Folter und Misshandlung drohen (siehe https://www.amnesty.de/urgent-action/ua-275-2016-1/verbleib-unbekannt).
Amnesty International hat in Bahrain Fälle dokumentiert, in denen Menschen willkürlich festgenommen und inhaftiert und Gefangene gefoltert und anderweitig misshandelt wurden, vor allem im Gewahrsam der Kriminalpolizei. Nach Angaben von Gefangenen wurden sie gezwungen, "Geständnisse" abzulegen, die als Beweismaterial gegen sie benutzt werden oder mit denen andere in den Prozess hineingezogen werden. Zu den dokumentierten Methoden gehören: Schläge, Stehen über lange Zeiträume, Schlafentzug und Häftlinge ohne Kleidung lassen.
Das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand gehört zu den grundlegenden Maßnahmen zum Schutz vor Folter und anderweitiger Misshandlung und zu den essentiellen Normen der internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren. Es ist wichtig, dass Gefangene die Möglichkeit haben, bereits zu einem frühen Zeitpunkt gegen ihre Inhaftierung vorzugehen. Eine solche Haftüberprüfung gehört zu den Maßnahmen zum Schutz vor Folter und anderweitiger Misshandlung, erzwungene "Geständnisse", dem Verschwindenlassen und anderen Menschenrechtsverletzungen.
Inhaftierte Personen müssen zudem Zugang zu ihren Familien und Freund_innen sowie zu medizinischem Fachpersonal erhalten. Dieser Zugang darf nur Bedingungen und Einschränkungen unterworfen werden, wenn diese erforderlich und angemessen sind sowie einem legitimen Zweck dienen. Gemäß Völkerrecht und internationalen Standards haben festgenommene und inhaftierte Personen das Recht, jemanden über ihre Ingewahrsamnahme und ihren Haftort zu informieren oder über die Behörden informieren zu lassen. Darüber hinaus müssen sie Zugang zu Räumlichkeiten erhalten, in denen sie mit ihren Angehörigen kommunizieren und Besuch von diesen empfangen können.
Wie auch das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand ist das Recht auf Kontakt zur Außenwelt und Besuche eine grundlegende Schutzvorkehrung gegen Folter, anderweitige Misshandlungen und weitere Menschenrechtsverletzungen. So wird es Personen, die sich um das Wohlergehen eines Gefangenen sorgen, ermöglicht, den Haftort und den Gesundheitszustand der Betroffenen zu begutachten. Dies stellt zudem eine grundlegende Maßnahme zum Schutz vor dem Verschwindenlassen dar.
Die Unabhängige Untersuchungskommission Bahrains (Bahrain Independent Commission of Inquiry - BICI) wurde am 29. Juni 2011 vom König einberufen und damit beauftragt, während der Proteste 2011 begangene Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen und einen Bericht zu erstellen. Nach der Veröffentlichung dieses Berichts am 23. November 2011 verpflichtete sich die bahrainische Regierung öffentlich zur Umsetzung der darin enthaltenen Empfehlungen. Der Bericht beleuchtete die Reaktion der Regierung auf die Massenproteste und dokumentierte weitreichende Menschenrechtsverletzungen. In einer der Schlüsselempfehlungen forderte der Bericht die Regierung auf, die Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen wie Folter und exzessive Gewaltanwendung vor Gericht zu stellen und unabhängige Untersuchungen zu Foltervorwürfen durchzuführen.
Im Jahr 2012 richtete die bahrainische Regierung zwei Institutionen ein, um mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen und sicherzustellen, dass die Regierung ihrer Rechenschaftspflicht nachkommt: die Ombudsperson im Innenministerium und die Sonderermittlungseinheit. Beide Institutionen haben weitreichende rechtlich abgedeckte Mandate und sind befugt und mit den notwendigen Ressourcen ausgestattet, um schnell und effizient mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen staatlicher Stellen zu untersuchen. Sie können dabei selbst aktiv werden oder auf Beschwerden reagieren. Die Ombudsperson ist seit der Einrichtung der Ombudsstelle im Allgemeinen ihrer Aufgabe, Vorwürfe über Folter und andere schwere Menschenrechtsverletzungen an die Sonderermittlungseinheit weiterzuleiten, nachgekommen. In einigen Fällen hat sie jedoch nicht umgehend dafür gesorgt, dass Gefangene vor Folter und anderer Misshandlung geschützt oder derartige Vorwürfe wirksam untersucht wurden. Amnesty International hat im November 2016 einen englischsprachigen Bericht zur Einrichtung der beiden Institutionen veröffentlicht:
Window-dressing or pioneers of change? An assessment of Bahrain’s human rights oversight bodies (https://www.amnesty.org/en/documents/mde11/5080/2016/en/).