Türkei: Menschenrechtlerin sofort freilassen!

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Dein Appell

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Sehr geehrter Herr Oberstaatsanwalt,

die bekannte Menschenrechtsverteidigerin Nimet Tanrıkulu befindet sich seit dem 29. November 2024 im Sincan-Frauengefängnis in Ankara in Untersuchungshaft. Im Dezember 2024 wurde Nimet Tanrıkulu wegen "Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung" vor einem Gericht in Ankara angeklagt, das sich gleichzeitig für nicht zuständig erklärte und die Strafverfolgungsakte nach Istanbul, der Provinz ihres Wohnsitzes, weiterleitete, wo sie inhaftiert worden war. Die erste Anhörung in ihrem Verfahren wird am 4. März 2025 vor dem Istanbuler Strafgerichtshof Nr. 24 stattfinden.

Amnesty International untersuchte die Fragen, die Nimet Tanrıkulu während Verhören gestellt wurden, und die Vorwürfe in der Anklageschrift. Dabei geht es insbesondere um frühere Reisen oder ihre Teilnahme an zivilgesellschaftlichen Veranstaltungen zu kurdischen Menschenrechtsfragen während des Friedensprozesses 2013/14. Außerdem überprüfte Amnesty International Zeugenaussagen oder Fragen dazu, dass ihr Handy Signale vom selben Ort gesendet habe, wie die Handys weiterer Verdächtiger. Keiner der gegen Nimet Tanrıkulu erhobenen Vorwürfe kann für sich genommen als materielle Verbindung zu einer bewaffneten Gruppe angesehen werden.

Ich fordere Sie daher auf, zu beantragen, dass Nimet Tanrıkulu aus der Untersuchungshaft entlassen wird, bis ihr Verfahren abgeschlossen ist.

Mit freundlichen Grüßen

Dear Chief Public Prosecutor Akın Gürlek,

I write to express my deep concern at the ongoing detention of the prominent human rights defender Nimet Tanrıkulu who has been held at Sincan women’s prison in Ankara since 29 November 2024. In December 2024, she was indicted for "membership of a terrorist organization" by a court in Ankara, which also ruled that it had no jurisdiction and transferred the prosecution file to Istanbul, the province of her residence and where she was detained. The first hearing in the prosecution will take place on 4 March at the Istanbul Heavy Penal Court no. 24.

Amnesty International examined the questions Nimet Tanrıkulu was asked during interrogation and allegations in the indictment, namely her historic travel, participation in civil society events relating to Kurdish human rights issues during the 2013/14 peace process, mobile phone signals from same base station as other individuals and witness statements. None of the accusations levelled against Nimet Tanrıkulu could be considered on their own as constituting material links with an armed group.

The speed with which an indictment has been drawn up is welcome, however, Amnesty International believes that the accusations in the indictment appear to be a series of inferences and vague allegations rather than rely on material evidence that demonstrate that she is guilty of having committed an internationally recognizable offence. This fits into a pattern documented by the organization of how baseless anti-terrorism charges have been used to target and silence peaceful, legitimate dissent in Türkiye.

I therefore call on you to request that Nimet Tanrıkulu is released from pre-trial detention pending her prosecution.

Yours sincerely,

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Bitte abschicken bis: 19.03.2025

Appell an

Mr Akın Gürlek
Istanbul Chief Public Prosecutor
Çağlayan Meydanı
Şişli Merkez Mah.
Abide-i Hürriyet Cad. No: 223
Şişli/İstanbul    
TÜRKEI

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Türkiye
S. E. Herrn Ahmet Başar Şen
Tiergartenstr. 19-21
10785 Berlin
Fax: 030-275 90 915
E-Mail: botschaft.berlin@mfa.gov.tr

Amnesty fordert:

  • Ich fordere Sie daher auf, zu beantragen, dass Nimet Tanrıkulu aus der Untersuchungshaft entlassen wird, bis ihr Verfahren abgeschlossen ist.

Sachlage

Im Dezember 2024 wurde Nimet Tanrıkulu wegen "Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung" vor einem Gericht in Ankara angeklagt, das sich gleichzeitig für nicht zuständig erklärte und die Strafverfolgungsakte nach Istanbul, der Provinz ihres Wohnsitzes, weiterleitete, wo sie inhaftiert worden war. Die erste Anhörung in ihrem Verfahren wird am 4. März 2025 vor dem Istanbuler Strafgerichtshof Nr. 24 stattfinden.

Amnesty International untersuchte die Fragen, die Nimet Tanrıkulu während Verhören gestellt wurden, und die Vorwürfe in der Anklageschrift. Dabei geht es insbesondere um frühere Reisen oder ihre Teilnahme an zivilgesellschaftlichen Veranstaltungen zu kurdischen Menschenrechtsfragen während des Friedensprozesses 2013/14. Außerdem überprüfte Amnesty International Zeugenaussagen oder Fragen dazu, dass ihr Handy Signale vom selben Ort gesendet habe, wie die Handys weiterer Verdächtiger. Keiner der gegen Nimet Tanrıkulu erhobenen Vorwürfe kann für sich genommen als materielle Verbindung zu einer bewaffneten Gruppe angesehen werden.

Die Schnelligkeit, mit der die Anklageschrift verfasst wurde, ist zu begrüßen. Amnesty International ist jedoch der Ansicht, dass die Anschuldigungen in der Anklageschrift eher aus einer Reihe von Schlussfolgerungen und vagen Behauptungen bestehen, als dass sie sich auf stichhaltige Beweise stützen, die belegen, dass sich Nimet Tanrıkulu einer international anerkannten Straftat schuldig gemacht hat. Amnesty International hat bereits in der Vergangenheit dokumentiert, wie in der Türkei Antiterrorgesetze und konstruierte Vorwürfe als Grundlage genommen werden, um Personen zum Schweigen zu bringen, die friedliche und legitime Kritik üben.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Nimet Tanrıkulu ist Mitbegründerin des Menschenrechtsvereins İHD. Sie ist seit mehreren Jahrzehnten menschenrechtlich engagiert, u. a. als Teil der Gruppe der Samstagsmütter/-leute, die sich aus Angehörigen von Opfern des Verschwindenlassens und deren Unterstützer*innen zusammensetzt und Wahrheit, Gerechtigkeit und Rechenschaftspflicht einfordert.

Am 26. November 2024 führte die Polizei in den frühen Morgenstunden eine Razzia in der Wohnung von Nimet Tanrıkulu durch und nahm sie im Rahmen einer laufenden strafrechtlichen Untersuchung, die einer Geheimhaltungsanordnung unterliegt, fest. Noch am selben Tag wurde sie von Angehörigen der Antiterror-Abteilung der Polizeibehörde Ankara nach Ankara gebracht. Im Zusammenhang mit denselben Ermittlungen wurden noch zwölf weitere Personen festgenommen, darunter Politiker*innen und Gewerkschafter*innen. Am 30. November wurden Nimet Tanrıkulu und acht weitere Personen gemäß Paragraf 314/2 des türkischen Strafgesetzbuchs vom Friedensstrafrichteramt Nr. 4 in Ankara wegen "Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation" in Untersuchungshaft genommen. Die übrigen vier Personen wurden freigelassen, wobei sie richterlicher Kontrolle unterliegen und sich regelmäßig auf einer Polizeiwache melden müssen. Zudem dürfen sie nicht ins Ausland reisen.

Am 3. Januar 2025 wurde die Anklageschrift nach Istanbul geschickt und vom Istanbuler Strafgerichtshof Nr. 24 angenommen. Nimet Tanrıkulu blieb im Frauengefängnis Sincan in Ankara.

Staaten sind verpflichtet, Menschenrechtsverteidiger*innen bei ihrer Arbeit zu schützen, z. B. wenn diese versuchen, Menschenrechtsverletzungen zu verhindern oder zu melden. Sie müssen ein Umfeld schaffen, in dem Menschenrechtsverteidiger*innen ihrer Tätigkeit sicher und ohne Repressalien nachgehen können. Die Behörden müssen außerdem sicherstellen, dass strafrechtliche Ermittlungen, Inhaftierungen und Strafverfahren nicht dazu missbraucht werden, um Menschenrechtsverteidiger*innen ins Visier zu nehmen. Denn solche Verfahren verletzen die Rechte der Betroffenen und haben möglicherweise eine abschreckende Wirkung auf all jene, die auf Menschenrechtsverletzungen aufmerksam machen. In der UN-Erklärung zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen ist festgeschrieben, dass Staaten die Pflicht haben, ein solches begünstigendes Umfeld für Menschenrechtsverteidiger*innen zu schaffen.

Amnesty International hat bereits in der Vergangenheit dokumentiert, wie in der Türkei Antiterrorgesetze und konstruierte Vorwürfe zur Grundlage genommen werden, um Personen zum Schweigen zu bringen, die friedliche und legitime Kritik üben. So wurden bekannte Journalist*innen, Akademiker*innen, Menschenrechtler*innen und andere zivilgesellschaftliche Akteure willkürlich inhaftiert und vor Gericht gestellt. Wenn sie in unfairen Gerichtsverfahren für schuldig befunden wurden, drohten ihnen lange Haftstrafen.