Verschwundener Arzt gefoltert aufgefunden

Ein Stuhl steht in einem leeren sonst dunklen Raum direkt unter einer hellen Glühbirne

Am 19. September 2019 wurde Dr. Peter Magombeyi lebend aufgefunden, nachdem er vier Tage zuvor verschleppt worden war. Allerdings war der Arzt desorientiert und verletzt. Er gab an, dass er in einem Keller festgehalten und gefoltert worden sei. Es wird befürchtet, dass ihm von seinen Entführen eine unbekannte Substanz injiziert wurde. Die Regierung wirft ihm vor, die Entführung vorzutäuschen. Außerdem versuchte sie seine Ausreise ins Ausland zu verhindern, wo er sich momentan in medizinischer Behandlung befindet. Dr. Peter Magombeyi droht bei seiner Rückkehr nach Simbabwe die Festnahme und eine Anklage wegen "Vortäuschung einer Entführung".

Appell an

His Excellency President

Emmerson Mnangagwa

Munhumutapa Building

Private Bag 7700

Causeway, Harare

SIMBABWE

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Simbabwe

Herrn Enos Mafemba

Geschäftsträger a.i.

Kommandantenstraße 80

10117 Berlin

Fax: 030-2045 5062


E-Mail: infor@zimembassyberlin.com

 

Amnesty fordert:

  • Bitte weisen Sie als Staatsoberhaupt den Innenminister an, sämtliche erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Umstände des Verschwindens von Dr. Peter Magombeyi umgehend, unparteiisch und zielführend zu untersuchen. Stellen Sie sicher, dass die Verantwortlichen in fairen Verfahren vor Gericht gestellt werden.
  • Garantieren Sie Dr. Peter Magombeyi eine sichere Rückkehr, sodass er weder Schikane noch Einschüchterungsversuche oder eine willkürliche Festnahme befürchten muss.
  • Ergreifen Sie bitte Maßnahmen, damit alle Fälle von Verschwindenlassen in Simbabwe gründlich, unparteiisch und zielführend untersucht werden. Sorgen Sie dafür, dass die Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden und dass die Betroffenen und ihre Angehörigen Zugang zur Justiz sowie wirksamen Rechtsbehelfen bekommen, und dass die internationalen Regeln zur Wiedergutmachung erfüllt werden, wozu Ausgleich, Schadensersatz, Rehabilitierung und Genugtuung gehören, einschließlich der Garantie, dass sich das Geschehene nicht wiederholen wird.

Sachlage

Am 19. September 2019 wurde Dr. Peter Magombeyi in dem Dorf Nyabira, etwa 33 Kilometer von Harare entfernt, lebend aufgefunden. Er war am 14. September aus seinem Haus in Harare verschleppt worden. Dr. Peter Magombeyi ist amtierender Vorsitzender des Krankenhausärzteverbands von Simbabwe und hatte in dieser Funktion zwei Wochen vor seinem Verschwinden dem Minister für Gesundheits- und Kinderversorgung einen landesweiten Streik der Ärzt_innen angekündigt. Momentan hält er sich zur medizinischen Behandlung in Südafrika auf. Es wird befürchtet, dass er von seinen Entführen vergiftet wurde. Die Regierung von Simbabwe wirft ihm vor, die Entführung vorgetäuscht zu haben.

Die Behörden sind rechtlich dazu verpflichtet, die Rechte von Dr. Peter Magombeyi auf Leben, Freiheit und persönliche Sicherheit zu respektieren und zu schützen. Dr. Peter Magombeyi hat das Recht auf eine angemessene medizinische Versorgung – auch außerhalb des Landes.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am 30. August 2019 kündigte der Krankenhausärzteverband von Simbabwe (ZHDA) in einem Schreiben an den Minister für Gesundheits- und Kinderversorgung und den Staatssekretär für Gesundheit an, dass die Ärzt_innen landesweit ab dem 3. September ihre Arbeit einstellen würden. Sie begründeten ihren Schritt mit ihrer unzureichenden Bezahlung. Außerdem sei die Arbeitgeberseite bisher zu keinen Verhandlungen bereit gewesen. Dr. Peter Magombeyi hatte das Schreiben als amtierender ZHDA-Vorsitzender unterzeichnet. Infolgedessen wurde er, mutmaßlich von Geheimdienstangehörigen, bedroht: Wenn er weiter den Streik organisiere, dann würden sie ihn entführen. Dr. Peter Magombeyi erhielt Textnachrichten von einer lokal registrierten Nummer, von denen Screenshots vorliegen. In einer davon hieß es: "Sag nicht, dass ich dich nicht gewarnt hätte. Stell dich nur weiter stur. Du wirst von einem Wirbelsturm erfasst werden. Wir kommen immer näher."

Ärzt_innen in Simbabwe verdienen weniger als 40 Euro monatlich (der Durchschnitt in der Region liegt bei etwa 1.300 Euro). Sie streiken für höhere Löhne sowie eine bessere Ausstattung der staatlichen Krankenhäuser mit Geräten und Medikamenten. Als Folge von Misswirtschaft hat sich das staatliche Gesundheitssystem in Simbabwe in den letzten Jahren massiv verschlechtert. Immer wieder haben Ärzt_innen gegen die medizinische Unterversorgung, die Unterfinanzierung des Gesundheitswesens und die schlechten Arbeitsbedingungen protestiert.

Am 14. September gegen 22 Uhr drangen drei unbekannte bewaffnete Männer in das Haus von Dr. Peter Magombeyi im Vorort Budiriro von Harare ein und verschleppten ihn. Am Abend des 19. September wurde er lebend, aber verwirrt, im Dorf Nyabira aufgefunden, das etwa 33 Kilometer nordwestlich von Harare liegt. Die Regierung von Simbabwe tat die Entführung schnell als "vorgetäuscht" ab. Der Staatssekretär im Geheimdienstministerium und Regierungssprecher, Nick Mangwana, bezeichnete Dr. Peter Magombeyi – offenbar in Anspielung auf eine retrograde Amnesie – auf Twitter als "retrograden Lügner".

Am 23. September empfahlen die behandelnden Ärzt_innen Dr. Peter Magombeyi, sich in Südafrika weiterbehandeln zu lassen. Doch als er ausreisen wollte, wurde er am Flughafen festgehalten. Später wurde er in das Krankenhaus in Harare zurückgebracht, in dem er behandelt wurde. Einen Tag später brachte sein Vater die Sache vor das Hohe Gericht. Dieses befand, dass Dr. Peter Magombeyi ausreisen dürfe, da er nicht verhaftet sei. Doch entgegen des Beschlusses hinderte ihn die Polizei am selben Tag daran, das Krankenhaus in Harare zu verlassen. Gleichzeitig reichte sie einen Eilantrag gegen den Gerichtsbeschluss ein, der dann am 25. September verhandelt wurde. In dem Antrag hieß es, dass Dr. Peter Magombeyi nicht reisefähig sei und deswegen das Land nicht verlassen könne. Wenn er sich in Südafrika weiterbehandeln lassen wolle, müssten die Polizeibehörden erst Maßnahmen ergreifen, um seine Sicherheit auf der Reise gewährleisten zu können. Das Hohe Gericht wies den von der Polizei eingereichten Antrag ab und ordnete an, Dr. Peter Magombeyi umgehend frei- und ausreisen zu lassen. Daraufhin konnte er nach Südafrika reisen. Es bestehen aber nun Bedenken, dass er bei seiner Rückkehr festgenommen wird, da ihn die Regierung beschuldigt, seine Entführung nur vorgetäuscht zu haben.