Saudi-Arabien: Drohende Hinrichtung wegen Tweets

Appell an

Justizminister

Waleed Mohammed Al Smani

Minister of Justice

Riyadh

Postal Code 11472

P.O. Box 7775

SAUDI-ARABIEN

Sende eine Kopie an

Botschaft des Königreichs Saudi-Arabien

S.E.  H. R. H. Prinz Abdullah Bin Khaled Bin Sultan Al Saud

Tiergartenstr. 33-34

10785 Berlin

Fax:
030 889 251 79

E-Mail: deemb@mofa.gov.sa

Amnesty fordert:

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass Mohammad bin Nasser al-Ghamdi unverzüglich und bedingungslos freigelassen wird und dass sein Schuldspruch und sein Strafmaß aufgehoben werden.
  • Wir fordern Sie mit Nachdruck auf, dass er bis zu seiner Freilassung die erforderliche medizinische Versorgung erhält.

Sachlage

Nach Angaben des Bruders von Mohammad bin Nasser al-Ghamdi wurde dieser am 11. Juni 2022 von Angehörigen der Staatssicherheit festgenommen, als er im Stadtteil al-Nawwariyyah in der Stadt Mekka mit seiner Frau und seinen Kindern vor dem Haus saß. Er wurde vier Monate lang im Dhahban-Gefängnis in der Nähe der Stadt Dschidda in Einzelhaft gehalten. Er durfte in dieser Zeit weder Kontakt zu seiner Familie noch zu einem Rechtsbeistand aufnehmen. Mohammad bin Nasser al-Ghamdi durfte erst Kontakt zu seiner Familie aufnehmen, als er etwa vier Monate nach seiner Festnahme in das Gefängnis al-Ha'ir in Riad verlegt wurde.

Während der Verhöre wurde Mohammad bin Nasser al-Ghamdi über seine politischen Ansichten und seine Meinung zu anderen inhaftierten saudischen Staatsangehörigen befragt, darunter die religiösen Geistlichen Salman al-Awda und Awad al-Qarni, die beide 2017 inhaftiert wurden und denen wegen ihrer politischen Ansichten die Todesstrafe droht.

Wie aus dem Urteil und der Anklageschrift, die Amnesty International eingesehen hat, ersichtlich wird, wurde Mohammad bin Nasser al-Ghamdi nach den Paragrafen 30, 34, 43 und 44 des saudischen Antiterrorgesetzes verurteilt, unter anderem wegen Beiträgen, in denen er den saudischen König und Kronprinzen sowie die saudische Außenpolitik kritisierte, die Freilassung inhaftierter religiöser Geistlicher forderte und gegen Preiserhöhungen protestierte. Ihm wird kein Gewaltverbrechen vorgeworfen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Der Bruder von Mohammad bin Nasser Al-Ghamdi, Dr. Saeed bin Nasser al-Ghamdi, ist ein islamischer Gelehrter und Regierungskritiker, der im selbstgewählten Exil in Großbritannien lebt. Gegenüber Amnesty International erklärte er, dass er das Todesurteil seines Bruders als Repressalie für seinen Aktivismus ansieht.

In den vergangenen zwei Jahren hat Amnesty International in Saudi-Arabien eine Eskalation im Vorgehen gegen Personen dokumentiert, die soziale Medien und das Internet nutzen, um ihre Meinung zu äußern. Dies zeigt auch das Todesurteil gegen Mohammad bin Nasser al-Ghamdi, der auf seinen beiden anonymen Twitter-Konten insgesamt nur zehn Follower hat.

Das Sonderstrafgericht stützt sich bei der Verfolgung dieser Personen auf vage Bestimmungen der Gesetze zur Bekämpfung von Cyberkriminalität und Terrorismus, die friedliche Meinungsäußerungen und Online-Aktivitäten mit "Terrorismus" gleichsetzen.

Saudi-Arabien hat eine der höchsten Hinrichtungsraten weltweit. Im Jahr 2022 wurden dort 196 Menschen exekutiert. Dies ist die höchste in Saudi-Arabien von Amnesty International erfasste jährliche Hinrichtungsrate seit 30 Jahren – drei Mal höher als noch 2021, und mindestens sieben Mal höher als 2020. Nach den Recherchen von Amnesty International hat Saudi-Arabien 2023 bisher mindestens 94 Menschen hingerichtet.

Amnesty International lehnt die Todesstrafe grundsätzlich und ohne Ausnahme ab, ungeachtet der Art und Umstände des Verbrechens, der Schuld oder Unschuld der Person oder der Hinrichtungsmethode. Bis heute haben 112 Länder die Todesstrafe für alle Straftaten abgeschafft, und mehr als zwei Drittel aller Länder haben sie per Gesetz oder in der Praxis abgeschafft.