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Saudi-Arabien: 20 Jahre Haft wegen Tweets

Der saudi-arabische Lehrer Asaad bin Nasser al-Ghamdi (undatiertes Foto)
© Privat
Am 29. Mai 2024 verurteilte das berüchtigte Sonderstrafgericht SCC Asaad bin Nasser al-Ghamdi zu 20 Jahren Gefängnis. Der Lehrer hatte Beiträge in den Sozialen Medien veröffentlicht, in denen er das Regierungsprojekt Vision 2030 kritisierte und sein Beileid zum Tod eines in Haft verstorbenen Menschenrechtlers ausdrückte. Daraufhin war er am 20. November 2022 festgenommen worden. Die ersten drei Monate soll er in Einzelhaft verbracht haben. Berichten zufolge wird ihm die notwendige medizinische Versorgung seiner Epilepsieerkrankung verweigert. Sein Bruder Mohammad bin Nasser al-Ghamdi wurde fünf Monate zuvor festgenommen und im Juli 2023 zum Tode verurteilt – allein wegen seiner Beiträge in den Sozialen Medien.
Setzt euch für Asaad bin Nasser al-Ghamdi ein!
Appell an
Dr. Walid Mohammed Al-Samaani
Minister of Justice
Postal Code 11472, P.O. Box 7775
Riad
SAUDI-ARABIEN
Sende eine Kopie an
Botschaft des Königreichs Saudi-Arabien
S. E. H. R. H. Prinz Abdullah Bin Khaled
Bin Sultan Al Saud
Tiergartenstr. 33-34
10785 Berlin
Fax: 030-889 251 79
E-Mail: deemb@mofa.gov.sa
Amnesty fordert:
- Bitte sorgen Sie dafür, dass Asaad bin Nasser al-Ghamdi umgehend und bedingungslos freigelassen wird und sein Schuldspruch und die Strafe aufgehoben werden.
- Stellen Sie bitte sicher, dass Asaad bin Nasser al-Ghamdi unverzüglich die nötige und angemessene medizinische Versorgung erhält, insbesondere für seine Epilepsieerkrankung.
- Unterlassen Sie es bitte, Terrorismusvorwürfe dazu einsetzen, die Ausübung des Menschenrechts auf freie Meinungsäußerung zu kriminalisieren. Heben Sie stattdessen die Gesetze zur Terrorbekämpfung und Internetkriminalität auf oder reformieren Sie diese Gesetze grundlegend, so dass sie vollumfänglich mit den internationale Menschenrechtsnormen und -standards in Einklang sind.
Sachlage
Das saudi-arabische Sonderstrafgericht SCC hat den 47-jährigen Lehrer Asaad bin Nasser al-Ghamdi zu 20 Jahren Gefängnis und einem anschließenden 20-jährigen Reiseverbot verurteilt, nur weil er Tweets auf X (ehemals Twitter) veröffentlicht hatte. Darin kritisierte er das Regierungsprojekt Vision 2030 und drückte sein Beileid zum Tod des bekannten, in Haft verstorbenen Menschenrechtlers und Gründungsmitglieds der saudi-arabischen Organisation für bürgerliche und politische Rechte (ACPRA), Abdullah al-Hamid, aus.
Am 20. November 2022 durchsuchten Sicherheitskräfte Asaad bin Nasser al-Ghamdis Haus in Jeddah, beschlagnahmten einige Bücher und Computer und zerrten ihn anschließend mit Gewalt davon. Während der ersten neun Monate seiner Haft wurde ihm eine rechtliche Vertretung verweigert. Er wurde in dieser Zeit unter Verstoß gegen das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren ohne Rechtsbeistand verhört. Später wurde ihm ein Pflichtverteidiger zur Seite gestellt, der sich jedoch weigerte, sich vor den Gerichtsterminen zu deren Vorbereitung mit ihm zu treffen.
Amnesty International konnte Gerichtsunterlagen einsehen, denen zufolge Asaad bin Nasser al-Ghamdi unter dem Antiterrorgesetz wegen "Infragestellen der Religion und der Gerechtigkeit des Königs und des Kronprinzen" sowie "Unterstützung von terroristischer Ideologie und Verbrechen... und Beteiligung an Hashtags zu diesem Zweck" angeklagt war. Alle Anklagepunkte stehen mit seinen Aktivitäten in den Sozialen Medien in Zusammenhang. Zu den Beiträgen auf X, die bei Verhören als Beweismittel gegen ihn verwendet wurden, sollen Tweets gehören, in denen er Projekte des Regierungsprogramms Vision 2030 und das Fehlen von Projekten in Jeddah kritisiert sowie Beileidsbekundungen zum Tod von Abdullah al-Hamid abgibt.
Berichten zufolge wird Asaad bin Nasser al-Ghamdi seit seiner Festnahme am 20. November 2022 die angemessene medizinische Versorgung seiner Epilepsieerkrankung verweigert. Dies führte wiederholt zu Ohnmachtsanfällen, Stürzen und Krampfanfällen. Auch die dadurch verursachten Verletzungen wurden nicht behandelt.
Assad bin Nasser Al-Ghamdi ist der Bruder von Dr. Saeed bin Nasser al-Ghamdi, einem islamischen Gelehrten und Regierungskritiker, der im selbstgewählten Exil in Großbritannien lebt. Sein zweiter Bruder, der 55-jährige pensionierte Lehrer Mohammad bin Nasser Al-Ghamdi, wurde im Juli 2023 wegen konstruierter Terrorismusanklagen zum Tode verurteilt. Alleinige Grundlage für dieses Urteil waren dessen regierungskritische Beträge auf X und YouTube. Amnesty International hatte sich zu der Festnahme und dem Todesurteil bereits besorgt geäußert. Am 19. März 2024 kam die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen zu dem Schluss, dass Mohammad bin Nasser Al-Ghamdis Inhaftierung willkürlich ist und seine Menschenrechte verletzt.
Hintergrundinformation
Seit 2011 dokumentiert Amnesty International wie das Sonderstrafgericht SCC eingesetzt wird, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Das Sonderstrafgericht missbraucht vage Bestimmungen auf Grundlage der Gesetze gegen Internetkriminalität und Terrorismus, um friedliche Meinungsäußerung und Online-Aktivitäten mit "Terrorismus" gleichzusetzen und strafrechtlich zu verfolgen. Amnesty International hat dokumentiert, dass sich in jeder Phase der Verfahren vor dem Sonderstrafgericht Menschenrechtsverletzungen nachweisen lassen. Die Richter*innen des Sonderstrafgerichts führen grob unfaire Gerichtsverfahren durch und fällen Urteile mit Strafmaßen von bis zu 45 Jahren Haft und zahlreiche Todesurteile. Unter den besonders Betroffenen sind Journalist*innen, Menschenrechtsverteidiger*innen, politische Aktivist*innen, Autor*innen, Geistliche und Frauenrechtsaktivist*innen. Fast alle Menschenrechtsverteidiger*innen, Feminist*innen, unabhängige Journalist*innen, Schriftsteller*innen und Aktivist*innen im Land waren schon einmal oder sind zurzeit willkürlich inhaftiert, haben langwierige und unfaire Gerichtsverfahren – meist vor dem SCC – durchlaufen oder sind unter Bedingungen freigelassen worden, die Reiseverbote und andere willkürliche Einschränkungen ihrer Grundrechte, wie z. B. des Rechts auf friedlichen Aktivismus, beinhalteten.
Bis Juli 2024 hat Amnesty International die Fälle von 82 Personen dokumentiert, die wegen der Ausübung ihrer Rechte auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungsfreiheit und friedliche Versammlung strafrechtlich verfolgt wurden, darunter Menschenrechtsverteidiger*innen, friedliche politische Aktivist*innen, Journalist*innen, Lyriker*innen und Geistliche. Unter ihnen waren 32 Personen, die allein wegen ihrer friedlichen Meinungsäußerung in den Sozialen Medien strafrechtlich verfolgt wurden. Amnesty International ist bewusst, dass die tatsächliche Zahl derartiger Strafverfolgungen vermutlich wesentlich höher ist.