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Krimtataren drohen Haftstrafen
Der krimtatarische Menschenrechtsverteidiger Emir-Usein Kuku (Archivfoto aus dem Jahr 2015)
© Privat
*** Die nächste Anhörung wurde auf den 8.11. verschoben. Bitte schreibt weiter *** Sechs Krimtataren, die seit 2017 in Russland vor Gericht stehen, drohen aufgrund terrorismusbezogener Anklagen lange Gefängnisstrafen. Emir-Usein Kuku hat sich friedlich gegen die Menschenrechtsverletzungen ausgesprochen, die seit der russischen Annektierung der Krim begangen werden. Er befindet sich seit Februar 2016 auf der Grundlage konstruierter Anklagen in Untersuchungshaft. Bei einem Schuldspruch drohen ihm bis zu 25 Jahre in Haft. Emir-Usein Kuku und seine Mitangeklagten sind gewaltlose politische Gefangene, die umgehend und bedingungslos freigelassen werden müssen.
Appell an
Yuriy Yakovlevich Chaika
Prosecutor General’s Office
ul. B. Dmitrovka, d.15a
125993 Moscow GSP-3
RUSSISCHE FÖDERATION
Sende eine Kopie an
Botschaft der Russischen Föderation
S. E. Herrn Sergei Nechaev
Unter den Linden 63-65
10117 Berlin
Fax: 030-2299 397
E-Mail: info@russische-botschaft.de
Amnesty fordert:
Sachlage
Die Krimtataren Emir-Usein Kuku, Muslim Aliev, Vadim Siruk, Enver Bekirov, Arsen Dzhepparov und Refat Alimo werden in Russland aufgrund terrorismusbezogener Anklagen strafrechtlich verfolgt. Emir-Usein Kuku ist ein Menschenrechtsverteidiger, der lediglich aufgrund seiner Menschenrechtsarbeit ins Visier genommen wurde. Den sechs Männern wird vorgeworfen, Mitglieder bzw. Organisatoren einer Lokalgruppe von Hizb ut-Tahrir zu sein, einer in Russland als "terroristisch" eingestuften Gruppierung.
Emir-Usein Kuku wurde am 11. Februar 2016 festgenommen. Aufgrund seiner mutmaßlichen Verbindungen zu der islamistischen Bewegung Hizb ut-Tahrir wurde er angeklagt, die "Aktivitäten einer terroristischen Organisation organisiert" zu haben. Hizb ut-Tahrir gilt in Russland als "terroristische" Gruppierung, ist in der Ukraine jedoch legal. Emir-Usein Kuku bestreitet, Verbindungen zu Hizb ut-Tahrir zu haben. Die Vorwürfe gegen ihn und seine Mitangeklagten basieren auf heimlich beschafften und mutmaßlich manipulierten Aufnahmen von Gesprächen sowie auf Aussagen "geheimer Zeugen" und Aussagen russischer Sicherheitskräfte, die von den Angeklagten als unwahr zurückgewiesen werden.
Nach Abschluss der Ermittlungen im Dezember 2017 wurden Emir-Usein Kuku und seine Mitangeklagten von der russisch besetzten Krim in die Stadt Rostow am Don im Südwesten Russlands überstellt, was gegen das humanitäre Völkerrecht verstößt. Seither müssen sie sich vor einem Militärgericht verantworten, was möglicherweise gegen ihr Recht auf ein faires Gerichtsverfahren verstößt.
Anfang 2017 wurde gegen Emir-Usein Kuku der neue Vorwurf der "Verschwörung zur gewaltsamen Machtergreifung bzw. zum gewaltsamen Machterhalt" (Paragraf 278 des russischen Strafgesetzbuchs) erhoben. Es liegen allerdings keine glaubwürdigen Beweise dafür vor, dass er oder seine Mitangeklagten gewaltsame Handlungen geplant oder ausgeführt haben. Bei einem Schuldspruch drohen ihm bis zu 25 Jahre Haft.
Hintergrundinformation
Die Krim-Halbinsel geriet im Jahr 2014 unter russische Kontrolle, nachdem Russland im Februar und März 2014 Truppen auf die Halbinsel schickte und eine "Volksabstimmung" organisierte, um die rechtswidrige Annektierung des Territoriums zu rechtfertigen.
Die ethnische Gemeinschaft der Krimtatar_innen machte vor der russischen Besetzung der Halbinsel etwa zwölf Prozent der dortigen Bevölkerung aus. Unter den Kritiker_innen der russischen Besetzung finden sich zahlreiche einflussreiche Krimtatar_innen, weshalb die De-facto-Behörden die gesamte Gemeinschaft der Krimtatar_innen als illoyal betrachten und sie mit Vergeltungsmaßnahmen ins Visier nehmen. Auch andere kritische Stimmen werden unterdrückt. Unabhängige Medienkanäle mussten bereits schließen, und pro-ukrainische Aktivist_innen werden mit konstruierten Anklagen wie "Extremismus" und "Terrorismus" überzogen. Einige Aktivist_innen sind dem Verschwindenlassen zum Opfer gefallen. In manchen dieser Fälle deutet die Beweislage stark darauf hin, dass es sich bei den Verantwortlichen um die De-facto-Behörden handelt.
Emir-Usein Kuku ist auf der Krim einer der bekanntesten krimtatarischen Menschenrechtsverteidiger. Er ist bereits vor seiner Inhaftierung mehrmals schikaniert worden. Bei seiner Festnahme wurde er von Angehörigen des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB körperlich misshandelt. Auch seine Frau und seine Kinder sind in der Vergangenheit bedroht worden.