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Angriffe durch Behörden
Die nicaraguanischen Behörden gehen weiterhin gegen Journalist_innen, Menschenrechtsverteidiger_innen und Menschenrechtsorganisationen vor. Jüngste Angriffe gegen die Rechte auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit zeigen, dass die Regierung ihre Strategie fortsetzt, abweichende Meinungen zu unterdrücken.
Appell an
Daniel Ortega Saavedra
Presidencia de la República
frente a Palacio Nacional, calle 4 Noroeste
Managua
NICARAGUA 11001
Sende eine Kopie an
Amnesty International Team Zentralamerika
E-Mail: equipoca@amnesty.org
Botschaft der Republik Nicaragua
I.E. Frau Karla Luzette Beteta Brenes
Werftstraße 2
10775 Berlin
Fax: 030 – 22 48 78 91
E-Mail: embajada.berlin@embanic.de oder
karla.beteta@embanic.de
Amnesty fordert:
- Sorgen Sie bitte sofort dafür, dass Medienschaffende ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrnehmen können, ohne unterdrückt, angegriffen, drangsaliert und kriminalisiert zu werden.
- Stellen Sie bitte sicher, dass unabhängige Medien, Menschenrechtsorganisationen, Menschenrechtsverteidiger_innen und andere Kritiker_innen nicht drangsaliert und angegriffen werden.
- Bitte stoppen Sie die willkürlichen Angriffe auf Menschenrechtsverteidiger_innen, wie die Schließung ihrer Organisationen.
Sachlage
Mitarbeiter_innen des unabhängigen Nachrichtensenders 100% Noticias sind von Angehörigen der nicaraguanischen Behörden und Regierungsunterstützer_innen bedroht, drangsaliert und verfolgt worden. Auch der Vorsitzende des Fernsehsenders, Miguel Mora, gehört zu den Betroffenen. Die Angriffe fanden auch über das Internet statt. Mindestens sechsmal haben Polizeikräfte Mitarbeiter_innen von 100% Noticias in den vergangenen Monaten an Kontrollpunkten in und um die Hauptstadt Managua aufgehalten. Am 30. November 2018 sagten Angehörige der nationalen Polizei Miguel Mora an einem Kontrollpunkt, er solle "mit dem Mist aufhören, oder wir werden uns dich und deine Familie vornehmen. Wenn du weiter Nachrichten auf deinem Sender ausstrahlst, weißt du, was dir blüht." Wenige Tage nach diesen Drohungen, am 3. Dezember, veröffentlichten regierungsnahe Medien einen Artikel, in dem Miguel Mora beschuldigt wird, auf seinem Nachrichtensender "zu Gewalt aufgerufen" zu haben. Bisher hat er noch keine Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft erhalten, dass ihm etwas vorgeworfen wird. Die Interamerikanische Menschenrechtskommission und das Nicaraguanische Zentrum für Menschenrechte haben diese Angriffe verurteilt. Sie sehen darin den Versuch, Miguel Mora und seine Familie sowie Demonstrierende und Medienschaffende im Allgemeinen einzuschüchtern und zu drangsalieren.
Mitarbeiter_innen des unabhängigen Radiosenders Radio Darío sind ebenfalls am 3. Dezember bedroht worden. Der Leiter des Senders, Aníbal Toruño, sagte Amnesty International, dass Angehörige der nationalen Polizei gewaltsam in die Räumlichkeiten von Radio Darío in León, nordwestlich von Managua, eingedrungen sind, ohne dass sie einen entsprechenden Beschluss vorlegen konnten. Sie befahlen den Mitarbeiter_innen die Funkanlagen des Senders abzuschalten, legten ihnen Handschellen an und nahmen ihnen ihre Handys weg. Vier Mitarbeiter_innen setzte man in Polizeiautos und drohte, sie in eine Hafteinrichtung in Managua zu bringen. Sie wurden jedoch nach fast vier Stunden wieder freigelassen und erhielten ihre Handys zurück. Während dieser Zeit musste der Radiosender den Sendebetrieb einstellen.
Amnesty International hat zudem die Information erhalten, dass das nicaraguanische Parlament am 28. November 2018 ein Dekret bewilligt hat, mit dem der Menschenrechtsorganisation Centro de Información y Servicios de Asesoría en Salud der Status als juristische Person entzogen wurde. Geleitet wurde die Organisation von Ana Quirós, die am 18. April 2018 bei einer Demonstration von Angehörigen bewaffneter regierungsnaher Gruppierungen angegriffen worden war. Am 26. November wurde Ana Quirós willkürlich inhaftiert und aus Nicaragua ausgewiesen. Diese jüngsten Angriffe gegen die Rechte auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit zeigen, dass die nicaraguanische Regierung weiter systematisch gegen Journalist_innen und Menschenrechtsverteidiger_innen vorgeht.
Hintergrundinformation
Amnesty International hat zwei Berichte veröffentlicht, in denen die Verfolgung und Unterdrückung durch die Regierung Nicaraguas seit Beginn der Proteste am 18. April 2018 dokumentiert wird. Am 29. Mai 2018 veröffentlichte Amnesty den englischsprachigen Bericht "Shoot to Kill: Nicaragua's strategy to repress protest", in dem aufgezeigt wird, dass die Regierung seit Beginn der Proteste eine Strategie der gewaltsamen Unterdrückung verfolgt, wie sie das Land schon seit Jahren nicht mehr erlebt hat. Bereits in den ersten Wochen der Proteste sind dabei mehr als 70 Fälle gemeldet worden, in denen Personen von Angehörigen der Behörden getötet wurden. Am 18. Oktober 2018, sechs Monate nach Beginn der Proteste, veröffentlichte Amnesty dann den zweiten englischsprachigen Bericht: "Instilling terror: from lethal force to persecution in Nicaragua". Darin sind zahlreiche Menschenrechtsverletzungen dokumentiert, die zwischen dem 30. Mai und dem 18. September begangen wurden. Zudem beschreibt der Bericht die verschiedenen Aspekte der von der Regierung verfolgten Strategie zur Unterdrückung der Proteste.
Amnesty International ist der Ansicht, dass die hochrangigsten nicaraguanischen Behörden nicht nur von diesen Menschenrechtsverletzungen wussten, sondern diese in vielen Fällen auch auf deren Anordnung und unter ihrem Befehl begangen wurden. Dies betrifft auch den Präsidenten und den Vizepräsidenten von Nicaragua.
Am 18. April wurde die Menschenrechtsverteidigerin Ana Quirós während einer Demonstration von Angehörigen bewaffneter regierungsnaher Gruppierungen angegriffen. Der Vorfall wurde auch in dem oben genannten Bericht "Shoot to kill: Nicaragua's strategy to repress protest" erwähnt. Wie Amnesty International am 26. November berichtete, wurde Ana Quirós willkürlich inhaftiert und in die Haftanstalt El Chipote gebracht. Anschließend erließ man einen Ausweisungsbefehl gegen sie und brachte sie an die costa-ricanische Grenze. Sie musste das Land verlassen. Die Menschenrechtsverteidigerin war vor 21 Jahren in Nicaragua eingebürgert worden und verfügte somit über die nicaraguanische Staatsbürgerschaft.