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Israel/OPT: Isolationshaft verlängert
© Amnesty International
+++ Update 13.03.2023: Die Einzelhaft von Ahmad Manasra wurde für weitere 6 Monate verlängert. Die Rechtsbeistände werden in Berufung gehen. +++ Die Einzelhaft unter isolierten Bedingungen des Palästinensers Ahmad Manasra ist bis zum 16. März 2023 verlängert worden. Am 24. November beantragte die israelische Gefängnisbehörde bei einer Anhörung vor dem Bezirksgericht in Be’er Scheva eine Verlängerung um sechs Monate, woraufhin das Gericht auf der Grundlage geheimer Belege eine viermonatige Verlängerung gewährte. Ahmad Manasra, der 2015 als 13-Jähriger festgenommen wurde, hat im Gefängnis schwere psychische Erkrankungen entwickelt und befindet sich seit Anhang November 2021 in Einzelhaft. Das Festhalten von Personen in Einzelhaft unter isolierten Bedingungen, die länger als 15 Tage dauert, verstößt gegen das absolute Folterverbot.
Appell an
Minister for Public Security
Omer Bar-Lev
Clermont-Ganneau St, Building C
East Kiryah, Jerusalem 9118101
ISRAEL
Sende eine Kopie an
Botschaft des Staates Israel
S. E. Herr Ron Prosor
Auguste-Viktoria-Straße 74-76
14193 Berlin
Fax: 030 – 8904-5555
E-Mail: botschaft@israel.de
Amnesty fordert:
- Ich fordere Sie auf, für die Freilassung von Ahmad Manasra zu sorgen, damit er in Freiheit die nötigen Gesundheitsversorgung und andere Leistungen wahrnehmen kann.
- Stellen Sie bitte sicher, dass er bis zu seiner Freilassung unverzüglich aus der Einzelhaft entlassen und von Gesundheitspersonal versorgt wird, das ihn entsprechend der Medizinethik behandelt und die Grundsätze der Vertraulichkeit, Patientenautonomie und Einwilligung nach Aufklärung einhält.
- Ich fordere Sie außerdem auf, umgehend gründliche, unparteiische und wirksame Untersuchungen zu Ahmad Manasras Vorwürfen über Folter und andere Misshandlungen einzuleiten.
Sachlage
Ahmad Manasra, ein Palästinenser aus Ostjerusalem, wird nach wie vor im Eshel-Gefängnis in der Nähe von Be’er Scheva im Süden Israels in Isolationshaft gehalten, was dazu geführt hat, dass sich seine psychische Verfassung auf lebensbedrohliche Weise verschlechtert hat. Er hat inzwischen mehr als zwei Drittel seiner Haftstrafe verbüßt und kommt nach israelischem Recht für eine Freilassung auf Bewährung in Frage. Dabei sollten insbesondere seine psychischen Erkrankungen in Betracht gezogen werden, die er während seiner Haftzeit und aufgrund von Misshandlungen bei Verhören im Alter von 13 Jahren entwickelt hat.
Ahmad Manasra leidet unter schweren psychischen Erkrankungen, die er seit seiner Inhaftierung entwickelt hat. Am 24. Oktober 2021 diagnostizierte ein unabhängiger israelischer Psychologe bei ihm Schizophrenie, eine Psychose und schwere Depressionen. Etwa zehn Tage nach dieser Diagnose verhängte die israelische Gefängnisbehörde Einzelhaft unter Isolationsbedingungen gegen ihn, die bis heute andauert. Nach Einschätzung einiger Psychiater*innen ist Ahmad Manasras Gesundheit durch die Inhaftierung – insbesondere die Isolation in der Einzelhaft – akut gefährdet. Trotzdem verlängerte die israelische Gefängnisbehörde die Einzelhaft am 17. April 2022 um weitere sechs Monate, also bis 16. Oktober. Am 13. Juni 2022 wurde Ahmad Manasra vom Gefängnisarzt in ein Gefängniskrankenhaus eingeliefert, nachdem sich sein psychischer Zustand lebensbedrohlich verschlechtert hatte. Nachdem er am 19. Juli wieder aus dem Gefängniskrankenhaus entlassen wurde, kam er sofort wieder in Einzelhaft. Im Oktober und November 2022 wurde er wiederholt aufgrund lebensbedrohlicher Situationen ins Krankenhaus eingeliefert. Die gegen ihn verhängte Einzelhaft unter isolierten Bedingungen von mehr als 15 Tagen stellt einen Verstoß gegen das absolute Folterverbot dar.
Israel ist Vertragsstaat des Übereinkommens über die Rechte des Kindes und ist daher verpflichtet sicherzustellen, dass die Festnahme oder Inhaftierung von Minderjährigen stets nur als letztes Mittel erfolgt und so kurz wie möglich gehalten wird. Zudem sollte Israel laut der Allgemeinen Bemerkung Nr. 24 zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes von 2019 dafür sorgen, dass regelmäßig Möglichkeiten zur vorzeitigen Haftentlassung in die Obhut der Eltern oder anderer angemessener Erwachsener bereitgestellt werden.
Hintergrundinformation
Ahmad Manasra war 13 Jahre alt, als er 2015 im Zusammenhang mit einem Messerangriff im Jerusalemer Stadtteil Pisgat Ze'ev festgenommen wurde, bei dem ein junger Israeli schwer und ein Jugendlicher im Alter von 13 Jahren lebensbedrohlich verletzt wurden. Zum Zeitpunkt seiner Festnahme hatte Ahmad Manasra das Mindestalter für strafrechtliche Verantwortlichkeit noch nicht erreicht, das im Übereinkommen über die Rechte des Kindes (Allgemeine Bemerkung Nr. 24) empfohlen wird. Damals war nach dem israelischen Jugendschutzgesetz eine Inhaftierung von Jugendlichen unter 14 Jahren nicht zulässig, und das Gerichtsverfahren wurde verschoben, bis er 14 Jahre alt war. Einen Monat nach der Festnahme von Ahmad Manasra im November 2015 wurde Filmmaterial veröffentlicht, das während eines Verhörs aufgenommen worden war. Das zehnminütige Video, das von Amnesty International eingesehen wurde, zeigt, wie er von drei Männern ohne das Beisein eines Rechtsbeistands oder seiner Eltern verhört wird. Dies verstößt gegen internationale Standards. Er wirkt zunehmend verzweifelt, als seine Vernehmer ihn immer wieder anschreien, beleidigen und bedrohen. Dieses Video belegt, dass die Rechte von Ahmad Manasra als Kind und als Gefangener mehrfach verletzt wurden. Nach Kenntnis von Amnesty International gab es bisher keine Untersuchungen zum damaligen Verhalten der Polizei- und Sicherheitskräfte. Im Jahr 2016 wurde Ahmad Manasra wegen versuchten Mordes zu zwölf Jahren Haft verurteilt, obwohl vor Gericht festgestellt worden war, dass er nicht an den Messerstechereien beteiligt gewesen war. Die Haftzeit wurde vom Obersten Gerichtshof im August 2017 auf neuneinhalb Jahre reduziert.
Ahmad Manasra hat inzwischen fast sieben Jahre seiner Haftstrafe verbüßt. Damit kommt er nach israelischem Recht für eine Freilassung auf Bewährung in Frage. Doch im Sommer 2022 lehnte ein Gericht seine Anträge auf Verlegung aus der Einzelhaft und auf Freilassung auf Bewährung ab. Am 1. September 2022 verhandelte das Bezirksgericht in Be’er Scheva den jüngsten Antrag von Ahmad Manasra auf vorzeitige Freilassung aus medizinischen Gründen. Auch dies wurde zurückgewiesen. Als letzte Berufungsinstanz kommt nun nur noch der Oberste Gerichtshof in Frage.
Fortsetzung auf Englisch:
The treatment of Ahmad Manasra fits a wider pattern of discrimination against Palestinian children in the criminal justice system. According to Amnesty International’s records, some 170 Palestinian prisoners held by Israel as of June 2022 were arrested when they were children, and twelve children are currently held as administrative detainees. In many of the cases, children were denied fair trials in line with international standards and furthermore were discriminated against on racial grounds as Palestinians. Evidence collected by Amnesty International, and by human rights organizations B’Tselem, HaMoked and Defence for Children International – Palestine (DCIP), shows Israeli authorities implement the law in a discriminatory manner by denying Palestinian children in East Jerusalem basic rights to a fair trial and to be protected from torture and other ill-treatment. This denial of fair trial rights to Palestinian children and their associated ill-treatment contributes to and forms part of the cruel system of oppression and domination, legally amounting to apartheid, perpetrated by Israel against all Palestinians. A report released by DCIP in April 2016 found three out of four Palestinian children endured some form of physical violence following arrest, and 97 per cent of children had no parent present during interrogation, or access to legal counsel.